Geschichten von Pumphutt (истории о Пумпхуте)
139Und wieder das Ochsenjoch vor der Tür, und die Backenstreiche, und das Gelöbnis, dem Meister in allen Dingen gehorsam zu bleiben. Krabat war schlecht bei der Sache. Die Augen der Kantorka gingen ihm nach: (были с ним, преследовали его) und doch hatten sie nur in das Licht einer Osterkerze geblickt, ohne Krabat zu sehen. «Ein nächstesmal will ich ihr sichtbar (видимо, явно) vor Augen treten», nahm er sich vor. (он запланировал, сказал себе, вознамерился) «Sie soll wissen, dass ich es bin, den sie anblickt.» Die letzten Burschen waren zurückgekommen, das Wasser schoss ins Gerinne, die Mühle lief an. Der Meister scheuchte (прогнал) die zwölf in die Mahlstube, an die Arbeit. Krabat verrichtete (совершал, выполнял), was zu tun war, (что было необходимо) in dem Gefühl, es sei gar nicht er selbst, (что это не он тот человек) der da Säcke vom Speicher herzuschleppte, Korn in die Schütte kippte (es fiel eine Menge daneben (много просыпалось) heut) und allmählich (постепенно) ins Schwitzen kam. (потел) Die Stimme des Meisters hörte er wie durch Wände, sie ging ihn nichts an. (ему не было до него никакого дела) Ein paarmal geschah es, dass er mit einem der Mitgesellen zusammenstieß (сталкивался), ungewollt, (нечаянно, не желая того) weil er mit seinen Gedanken weit weg (далеко отсюда) war. Einmal rutschte er auf den untersten Staffeln (до самой нижней ступени: die Staffel) zur Bühne aus (скатился) und schlug sich das Knie auf (разбил колено); er spürte nicht viel davon, ruckte den Sack, der ihm von der Schulter zu gleiten drohte, (чуть не упал: «грозил упасть») ins Gleichgewicht (поправил, чтобы не потерять равновесие) und stieg weiter. Er schuftete (интенсивно работал: «пахал») wie ein Ross. Dass (так что) die Füße ihm schwer wurden mit der Zeit; dass die Schweißtropfen (капли пота) von ihm wegspritzten (отлетали), wenn er sich schüttelte (отряхивал); dass er sich quälen und schinden (мучиться и надрываться) musste mit den verdammten (с проклятыми, дурацкими) Maltersäcken: es machte ihm wenig aus, (он не обращал на это внимание, ему было все равно) das betraf ihn nicht sonderlich. (не трогало его особо: betreffen – касаться, иметь отношение)
Geschichten von Pumphutt
139 Und wieder das Ochsenjoch vor der Tür, und die Backenstreiche, und das Gelöbnis, dem Meister in allen Dingen gehorsam zu bleiben. Krabat war schlecht bei der Sache. Die Augen der Kantorka gingen ihm nach: und doch hatten sie nur in das Licht einer Osterkerze geblickt, ohne Krabat zu sehen. «Ein nächstesmal will ich ihr sichtbar vor Augen treten», nahm er sich vor. «Sie soll wissen, dass ich es bin, den sie anblickt.» Die letzten Burschen waren zurückgekommen, das Wasser schoss ins Gerinne, die Mühle lief an. Der Meister scheuchte die zwölf in die Mahlstube, an die Arbeit. Krabat verrichtete, was zu tun war, in dem Gefühl, es sei gar nicht er selbst, der da Säcke vom Speicher herzuschleppte, Korn in die Schütte kippte (es fiel eine Menge daneben heut) und allmählich ins Schwitzen kam. Die Stimme des Meisters hörte er wie durch Wände, sie ging ihn nichts an. Ein paarmal geschah es, dass er mit einem der Mitgesellen zusammenstieß, ungewollt, weil er mit seinen Gedanken weit weg war. Einmal rutschte er auf den untersten Staffeln zur Bühne aus und schlug sich das Knie auf; er spürte nicht viel davon, ruckte den Sack, der ihm von der Schulter zu gleiten drohte, ins Gleichgewicht und stieg weiter. Er schuftete wie ein Ross. Dass die Füße ihm schwer wurden mit der Zeit; dass die Schweißtropfen von ihm wegspritzten, wenn er sich schüttelte; dass er sich quälen und schinden musste mit den verdammten Maltersäcken: es machte ihm wenig aus, das betraf ihn nicht sonderlich.
140 Alles, was auf der Mühle vorging (происходило) an diesem Morgen, war Sache (дело) des einen Krabat, (одного Крабата) der unterm Holzkreuz gesessen hatte die Nacht lang; den anderen, der in Schwarzkollm gewesen war, ließ das gleichgültig, (оставляло это равнодушным) der war fremd (чужой) hier, er hatte mit alledem nichts zu schaffen, (не имел ко всему этому никакого отношения) verstand es nicht. Diesmal war Witko es, der als erster aufjauchzte (вскрикнул от радости) und das Zeichen zum großen Jubel gab. (знак к большому ликованию) Verwundert hielt Krabat inne, (приостановился) dann spuckte er in die Hände (поплевал на руки) und wollte sich auf den nächsten Sack stürzen. (броситься = подхватить) Juro versetzte ihm einen Rippenstoß. (ткнул его в ребра) «Aufhören, Krabat!» (прекрати) Der Stoß (удар) hatte gut gesessen, (пришелся как раз, был хорошо расчитан) genau an der Stelle unter der linken Achsel, (плечо) wo es am meisten weh tat. (где больнее всего) Für eine Weile blieb Krabat die Luft weg; (не мог дышать) dann sagte er, und es waren nun wieder beide Krabats (оба Крабата) in einem (в одном), die sich da mit gepresster Stimme (сдавленным голосом) vernehmen ließen: «He, Juro, ich... soll dir wohl eins auf... die Nase geben, du... Blödsack!» (придурок: «глупый мешок») Sie lachten, sie tranken, sie aßen die fetten, goldgelben Osterküchlein – und später tanzten sie.
«Rumm-widi-bumm,
Das Rad läuft um, (крутится)
Der Müllscher ist alt,
Er ist krumm (хромой) und dumm!
Und da es ging
In die Maienzeit, (когда приблизился май)
Da hat er ein junges Weib gefreit – (женился: freien – свататься; жениться)
Schön fest rundherum, (на крепенькой «со всех сторон»)
Und das Rad, das läuft um,
Und der Müllscher ist krumm (мельник крив)
Und dumm.»
Sie tanzten und sangen, und Witko krähte die Lieder hinaus, (выдавал каркающим голосом) als wollte er alle mit seiner grellen, blechernen Stimme (звонким, дребезжащим голосом) in Grund und Boden singen. (перепеть: «впеть в землю») Später wandte sich Staschko an Andrusch und fragte ihn, ob er nicht Lust hätte, ihnen was zu erzählen: vom Pumphutt vielleicht. «Ist recht», (ладно) sagte Andrusch. «Reicht mal den Wein herüber!» (давай сюда, наливай) Er tat einen langen Zug (большой глоток) aus der Kanne, (из кружки) bevor er mit seiner Geschichte anfing. «Also», begann er, «der Pumphutt ist eines Tages nach Schleife gekommen, zum Obermüller, und der war ein Geizkragen, (скупердяй) wie ihr wissen müsst, dass es zum Himmel gestunken hat. (какого свет не видывал: «так что воняло до неба»: stinken)
140 Alles, was auf der Mühle vorging an diesem Morgen, war Sache des einen Krabat, der unterm Holzkreuz gesessen hatte die Nacht lang; den anderen, der in Schwarzkollm gewesen war, ließ das gleichgültig, der war fremd hier, er hatte mit alledem nichts zu schaffen, verstand es nicht. Diesmal war Witko es, der als erster aufjauchzte und das Zeichen zum großen Jubel gab. Verwundert hielt Krabat inne, dann spuckte er in die Hände und wollte sich auf den nächsten Sack stürzen. Juro versetzte ihm einen Rippenstoß. «Aufhören, Krabat!» Der Stoß hatte gut gesessen, genau an der Stelle unter der linken Achsel, wo es am meisten weh tat. Für eine Weile blieb Krabat die Luft weg; dann sagte er, und es waren nun wieder beide Krabats in einem, die sich da mit gepresster Stimme vernehmen ließen: «He, Juro, ich... soll dir wohl eins auf... die Nase geben, du... Blödsack!» Sie lachten, sie tranken, sie aßen die fetten, goldgelben Osterküchlein – und später tanzten sie.
«Rumm-widi-bumm,
Das Rad läuft um,
Der Müllscher ist alt,
Er ist krumm und dumm!
Und da es ging
In die Maienzeit,
Da hat er ein junges Weib gefreit –
Schön fest rundherum,
Und das Rad, das läuft um,
Und der Müllscher ist krumm
Und dumm.»
Sie tanzten und sangen, und Witko krähte die Lieder hinaus, als wollte er alle mit seiner grellen, blechernen Stimme in Grund und Boden singen. Später wandte sich Staschko an Andrusch und fragte ihn, ob er nicht Lust hätte, ihnen was zu erzählen: vom Pumphutt vielleicht. «Ist recht», sagte Andrusch. «Reicht mal den Wein herüber!» Er tat einen langen Zug aus der Kanne, bevor er mit seiner Geschichte anfing. «Also», begann er, «der Pumphutt ist eines Tages nach Schleife gekommen, zum Obermüller, und der war ein Geizkragen, wie ihr wissen müsst, dass es zum Himmel gestunken hat.
141 Aber da fällt mir gerade ein, (но тут я вспомнил, мне пришло на ум) dass Witko vielleicht überhaupt nicht weiß, wer der Pumphutt ist...» Witko wusste es nicht, wie sich zeigte, (как выяснилось, оказалось) und Krabat auch nicht. «Dann muss ich das wohl vorausschicken.» (рассказать сначала, вернуться к началу) Andrusch versprach den Gesellen, sich kurz zu fassen. (быть кратким) «Pumphutt», sagte er, «ist ein wendischer Mühlknappe wie wir auch, aus der Gegend von Spohla, glaub ich. Dürr ist er, lang ist er (тощий, длинный) – und so alt, dass niemand es mit Bestimmtheit (с определенностью) sagen kann. Wenn ihr ihn aber sehen würdet, dann möchtet ihr denken, dass er so um (около) die Vierzig ist und nicht älter. Im linken Ohrläppchen (мочке уха) trägt er ein goldenes Ringel (кольцо), ganz klein und schmal, (узкое) dass es kaum (едва) zu sehen ist, wenn's nicht zufällig (случайно) in der Sonne aufblinkt. (сверкнет) Dafür ist sein Hut um so größer, (зато шляпа у него огромная) mit breiter Krempe (полями) und spitzem Kegel. (острой верхушкой: der Kegel – конус) Von diesem Hut hat er seinen Namen, der Pumphutt, daran erkennt man ihn (так, по ней/ шляпе его узнают) – oder auch nicht, wie ihr hören werdet... Habt ihr mich?» (понятно) Krabat und Witko nickten. (кивнули) «Nun müsst ihr von Pumphutt noch wissen, dass er ein Zauberer ist (волшебник) – der größte vielleicht, den es je in der Lausitz (Лужицах) gegeben hat, und das will was heißen. (а это кое-что да значит) Wir alle, wie wir da sitzen, verstehen nicht halb so viel (не понимаем и половины) von der Kunst, wie Pumphutt im kleinen Finger hat. (что у Пумпхута в мизинце) Trotzdem ist er sein Lebtag (всю свою жизнь) ein einfacher Müllerbursche geblieben. Meister zu werden, hat er wohl keine Lust gehabt (не было желания) – und was Höheres, (а что-то высшее) Amtmann (чиновником) vielleicht oder Richter (судьей) oder bei Hof was: (кем-либо при дворе) dazu schon gar nicht. Obgleich er das leicht hätte werden können, (легко мог бы стать) wenn er gewollt hätte, aber das will er nicht. Und warum nicht? Weil er ein freier Bursch ist und bleiben will, einer, der sommers von Mühle zu Mühle zieht, wie es ihm passt, (как ему нравится: «подходит») keinen über sich, (никого над ним) keinen unter sich – so gefällt ihm das, und so würde mir's auch gefallen, wenn ich's mir aussuchen könnte, (если бы я мог выбирать) verdammt noch mal!» (проклятье) Die Mühlknappen pflichteten Andrusch bei. (согласились) Ein Leben zu führen wie Pumphutt, sein eigener Herr (быть себе господином) sein, nach niemandes Pfeife zu tanzen brauchen, (чтобы не нужно было танцевать под чью-либо дудку) das wäre nach ihrem Geschmack gewesen: (это было бы им по вкусу) heute, da sie dem Meister aufs neue (снова) geschworen hatten (принесли клятву: schwören) und für ein weiteres Jahr auf der Mühle im Koselbruch festsaßen, (были привязаны) mehr denn je. (больше, чем когда-либо)
141 Aber da fällt mir gerade ein, dass Witko vielleicht überhaupt nicht weiß, wer der Pumphutt ist...» Witko wusste es nicht, wie sich zeigte, und Krabat auch nicht. «Dann muss ich das wohl vorausschicken.» Andrusch versprach den Gesellen, sich kurz zu fassen. «Pumphutt», sagte er, «ist ein wendischer Mühlknappe wie wir auch, aus der Gegend von Spohla, glaub ich. Dürr ist er, lang ist er – und so alt, dass niemand es mit Bestimmtheit sagen kann. Wenn ihr ihn aber sehen würdet, dann möchtet ihr denken, dass er so um die Vierzig ist und nicht älter. Im linken Ohrläppchen trägt er ein goldenes Ringel, ganz klein und schmal, dass es kaum zu sehen ist, wenn's nicht zufällig in der Sonne aufblinkt. Dafür ist sein Hut um so größer, mit breiter Krempe und spitzem Kegel. Von diesem Hut hat er seinen Namen, der Pumphutt, daran erkennt man ihn – oder auch nicht, wie ihr hören werdet... Habt ihr mich?» Krabat und Witko nickten. «Nun müsst ihr von Pumphutt noch wissen, dass er ein Zauberer ist – der größte vielleicht, den es je in der Lausitz gegeben hat, und das will was heißen. Wir alle, wie wir da sitzen, verstehen nicht halb so viel von der Kunst, wie Pumphutt im kleinen Finger hat. Trotzdem ist er sein Lebtag ein einfacher Müllerbursche geblieben. Meister zu werden, hat er wohl keine Lust gehabt – und was Höheres, Amtmann vielleicht oder Richter oder bei Hof was: dazu schon gar nicht. Obgleich er das leicht hätte werden können, wenn er gewollt hätte, aber das will er nicht. Und warum nicht? Weil er ein freier Bursch ist und bleiben will, einer, der sommers von Mühle zu Mühle zieht, wie es ihm passt, keinen über sich, keinen unter sich – so gefällt ihm das, und so würde mir's auch gefallen, wenn ich's mir aussuchen könnte, verdammt noch mal!» Die Mühlknappen pflichteten Andrusch bei. Ein Leben zu führen wie Pumphutt, sein eigener Herr sein, nach niemandes Pfeife zu tanzen brauchen, das wäre nach ihrem Geschmack gewesen: heute, da sie dem Meister aufs neue geschworen hatten und für ein weiteres Jahr auf der Mühle im Koselbruch festsaßen, mehr denn je.
142 «Nun aber die Geschichte, Andrusch!» rief Hanzo. «Recht hast du, Bruder – die Vorrede, (вступление) denk ich, ist lang genug gewesen! Gebt mir noch mal den Krug rüber, dann hört zu...» «Damals», erzählte Andrusch, «ist Pumphutt also nach Schleife gekommen, zum Obermüller, der, wie ich schon gesagt hab, ein Geizkragen sondersgleichen (беспримерный, на редкость) gewesen ist. Die Butter aufs Brot hat den Mann gereut, (жалел) und das Salz in die Suppe. Drum (поэтому: darum) hat er auch ständig (постоянно) Ärger gehabt (были неприятности, ссоры) mit den Mühlknappen, weil ihm keiner hat bleiben wollen. Viel Arbeit bei schlechtem Fraß, (при плохой жратве: der Fraß, fressen – жрать) das verträgt sich (можно переносить) nicht lange, das weiß man ja. Damals kommt Pumphutt also vor diese Mühle und fragt nach Arbeit. 'Arbeit genug', sagt der Obermüller, der sich ja eigentlich (собственно говоря) hätte denken können, (можно было бы представить) wer da vor ihm stand mit seinem spitzen Hut und dem Ring im Ohr. Aber das ist es ja eben, (это уж так) dass jeder, der es mit Pumphutt zu tun kriegt, (начинает общаться, иметь дело) erst hinterher (только потом, впоследствии) merkt, dass er's gleich hätte merken müssen. (что ему надо было бы сразу заметить) Der Obermüller in Schleife merkt auch nichts davon, und Pumphutt verdingt sich (нанимается) ihm auf drei Wochen zur Aushilfe. (на подмогу) Es sind noch zwei andere Knappen da und ein Lehrjunge, dürr wie die Zaunstecken (жерди забора) alle drei, mit geschwollenen (опухшими, отекшими) Beinen vom vielen Wassersaufen. (питья воды) Denn Wasser gibt es genug in der Obermühle, das ist aber auch das einzige, (единственное) was der Müllscher ihnen nicht zumisst. (что не считает, не жалеет: messen – мерить; zumessen – отмерять) Mit Brot sind sie knapp gehalten, (хлеба получают мало) mit Grütze (каши) noch knapper, und Fleisch oder Speck gibt es überhaupt nicht, nur Käse manchmal, und hie und da (от случая к случаю) einen halben Hering. (половину сельди) Sie arbeiten recht und schlecht, (как могли: и хорошо и плохо) die drei, weil sie arme Teufel sind, und der Müllscher hat ein Papier (документ) von ihnen, dass sie ihm Geld schulden, (должны денег) deshalb können sie ihm nicht weglaufen. Pumphutt schaut sich das eine Weile an. (осматривается, смотрит на все это) Er hört, wie der Lehrjunge jeden Abend vor Hunger flennt, (хнычет) bis er einschläft. (пока не засыпает) Er sieht, wie den beiden Gesellen, wenn sie sich morgens am Brunnen waschen, (моются у колодца) die Sonne durch ihre Bäuche (через животы) durchscheint, (просвечивает) so dünn sind sie. Eines Mittags dann, wie sie bei Tisch sitzen, es ist laut in der Stube, die Mühle läuft weiter, sie haben zuvor einen Posten (порцию) Buchweizen aufgeschüttet, (засыпали) der unterdessen (тем временем) geschrotet wird (дробится) – eines Mittags kommt nun der Meister zu ihnen herein, (заходит) wie sie gerade die Suppe löffeln, (ложками черпают) ein wäßriges, (водянистую) fades (пресную) Zeug, (вещь: «материал, сырье») mit Brennesseln drin (с крапивой: die Brennessel) und Melde (и лебедой: die Melde) und fünf, sechs Kümmelkörnern, (зернами тмина: der Kümmel das Korn) es können auch sieben gewesen sein.
142 «Nun aber die Geschichte, Andrusch!» rief Hanzo. «Recht hast du, Bruder – die Vorrede, denk ich, ist lang genug gewesen! Gebt mir noch mal den Krug rüber, dann hört zu...» «Damals», erzählte Andrusch, «ist Pumphutt also nach Schleife gekommen, zum Obermüller, der, wie ich schon gesagt hab, ein Geizkragen sondersgleichen gewesen ist. Die Butter aufs Brot hat den Mann gereut, und das Salz in die Suppe. Drum hat er auch ständig Ärger gehabt mit den Mühlknappen, weil ihm keiner hat bleiben wollen. Viel Arbeit bei schlechtem Fraß, das verträgt sich nicht lange, das weiß man ja. Damals kommt Pumphutt also vor diese Mühle und fragt nach Arbeit. 'Arbeit genug', sagt der Obermüller, der sich ja eigentlich hätte denken können, wer da vor ihm stand mit seinem spitzen Hut und dem Ring im Ohr. Aber das ist es ja eben, dass jeder, der es mit Pumphutt zu tun kriegt, erst hinterher merkt, dass er's gleich hätte merken müssen. Der Obermüller in Schleife merkt auch nichts davon, und Pumphutt verdingt sich ihm auf drei Wochen zur Aushilfe. Es sind noch zwei andere Knappen da und ein Lehrjunge, dürr wie die Zaunstecken alle drei, mit geschwollenen Beinen vom vielen Wassersaufen. Denn Wasser gibt es genug in der Obermühle, das ist aber auch das einzige, was der Müllscher ihnen nicht zumisst. Mit Brot sind sie knapp gehalten, mit Grütze noch knapper, und Fleisch oder Speck gibt es überhaupt nicht, nur Käse manchmal, und hie und da einen halben Hering. Sie arbeiten recht und schlecht, die drei, weil sie arme Teufel sind, und der Müllscher hat ein Papier von ihnen, dass sie ihm Geld schulden, deshalb können sie ihm nicht weglaufen. Pumphutt schaut sich das eine Weile an. Er hört, wie der Lehrjunge jeden Abend vor Hunger flennt, bis er einschläft. Er sieht, wie den beiden Gesellen, wenn sie sich morgens am Brunnen waschen, die Sonne durch ihre Bäuche durchscheint, so dünn sind sie. Eines Mittags dann, wie sie bei Tisch sitzen, es ist laut in der Stube, die Mühle läuft weiter, sie haben zuvor einen Posten Buchweizen aufgeschüttet, der unterdessen geschrotet wird – eines Mittags kommt nun der Meister zu ihnen herein, wie sie gerade die Suppe löffeln, ein wäßriges, fades Zeug, mit Brennesseln drin und Melde und fünf, sechs Kümmelkörnern, es können auch sieben gewesen sein.
143 Das ist für Pumphutt der Augenblick (момент), um sich den Müllscher vorzunehmen. (заняться мельником) 'He, Meester!' ruft er und zeigt in die Suppenschüssel. 'Ich hab mir das jetzt zwei Wochen lang angesehen, was du den Leuten auf deiner Mühle vorsetzt. (подавать на стол, потчевать) Meinst du nicht, dass es bissei dürftig (скудновато, жидковато) ist auf die Dauer? (так чтобы надолго, постоянно: die Dauer – продолжительность) Koste (попробуй) doch mal davon!' – und er hält ihm den Löffel hin. (предлагает, дает) Der Müller tut so, (делает вид) als habe er bei dem Lärm, (при шуме = из-за шума) den die Mühle macht, nicht verstehen können, was Pumphutt gesagt hat. Er zeigt mit den Fingern auf seine Ohren, er schüttelt (качает) den Kopf und grinst dazu. (ухмыляется при этом) Aber das Grinsen vergeht (уходит, проходит) ihm bald. Pumphutt, der ja nun eben mehr kann (может больше) als Brot essen, haut (ударяет) mit der flachen Hand auf den Tisch – und im Augenblick, klapp! steht die Mühle still, und zwar ganz, (а именно, совсем) ohne dass was nachklappert (стучит) oder ausrumpelt. (грохочет) Nur das Wasser braust (падает с шумом) durchs Gerinne und klatscht (бьет) an die Radschaufeln (лопастям колеса: das Rad die Schaufel): daran, dass jemand die Schleuse heruntergeleiert hat, (опустил, закрутил, закрыл) kann es also nicht liegen. (не в этом дело) Es muss sich da was im Laufwerk (двигатель: das Laufwerk) verkeilt haben, (заклинило) wenn es nur nicht das Kammrad (колесо гребня) ist oder die Mühlenwelle! (мельничный вал) Der Obermüller von Schleife, wie er den ersten Schreck überwunden hat, (предолел: überwinden) kriegt das große Zappeln. (задергался, занервничал) 'Schnell!' ruft er, 'schnell!' ruft er. Junge, du machst die Schleuse dicht (закроешь наглухо) – und wir anderen gehen nachsehen (посмотрят, проверят), was mit der Mühle los ist! Rasch, rasch aber, kommt schon!'
143 Das ist für Pumphutt der Augenblick, um sich den Müllscher vorzunehmen. 'He, Meester!' ruft er und zeigt in die Suppenschüssel. 'Ich hab mir das jetzt zwei Wochen lang angesehen, was du den Leuten auf deiner Mühle vorsetzt. Meinst du nicht, dass es bissei dürftig ist auf die Dauer? Koste doch mal davon!' – und er hält ihm den Löffel hin. Der Müller tut so, als habe er bei dem Lärm, den die Mühle macht, nicht verstehen können, was Pumphutt gesagt hat. Er zeigt mit den Fingern auf seine Ohren, er schüttelt den Kopf und grinst dazu. Aber das Grinsen vergeht ihm bald. Pumphutt, der ja nun eben mehr kann als Brot essen, haut mit der flachen Hand auf den Tisch – und im Augenblick, klapp! steht die Mühle still, und zwar ganz, ohne dass was nachklappert oder ausrumpelt. Nur das Wasser braust durchs Gerinne und klatscht an die Radschaufeln: daran, dass jemand die Schleuse heruntergeleiert hat, kann es also nicht liegen. Es muss sich da was im Laufwerk verkeilt haben, wenn es nur nicht das Kammrad ist oder die Mühlenwelle! Der Obermüller von Schleife, wie er den ersten Schreck überwunden hat, kriegt das große Zappeln. 'Schnell!' ruft er, 'schnell!' ruft er. Junge, du machst die Schleuse dicht – und wir anderen gehen nachsehen, was mit der Mühle los ist! Rasch, rasch aber, kommt schon!'
144 'Das braucht's nicht', sagt Pumphutt in aller Seelenruhe, und diesmal ist er es, (он: «это он») der grinst. (ухмыляется: «который ухмыляется») 'Wie das?' fragt der Meister. 'Weil ich es bin, der die Mühle zum Stehen gebracht hat.' (остановил) 'Du?' 'Ich bin Pumphutt.' Ein Sonnenstrahl, (солнечный луч) wie bestellt, (как нарочно: «как заказывали») fällt durchs Stubenfenster herein (пробивается, падает), und es blitzt ein gewisser (известное, определенное) Goldring auf (вспыхивает), in einem gewissen Ohrläppchen. 'Du bist Pumphutt?' Dem Müllscher wird's butterweich in den Knien. (ноги подкосились: «ему стало мягко, как масло, в коленях») Er weiß ja, wie Pumphutt mit Meistern umspringt (бесцеремонно обращается), die ihre Knappen darben (голодать) lassen und kujonieren. (донимать) 'Mein Gott!' denkt er, 'dass ich es nicht gemerkt habe, als er um Arbeit gefragt hat! Bin ich denn blind gewesen die ganze Zeit über?' Pumphutt schickt ihn hinaus (посылает его принести), nach Papier und Tinte. (чернила: die Tinte) Dann schreibt er ihm vor, (диктует) was die Müllerburschen von nun an (отныне) zu kriegen haben: (должны получать) 'Für jeden ein halbes Pfund Brot am Tag, gut gewogen. (точно отмеренный) Früh eine dicke Grütze von Weizenschrot (из пшеничной муки грубого помола) oder Hirse (овсянка), auch Buchweizen (гречка) darf es sein oder Graupen (перловка), in Milch gekocht, sonn- und feiertags Zucker dran. (с сахаром) Zweimal die Woche zu Mittag Fleisch und Gemüse, bis jeder satt ist; (сытый) die anderen Tage Erbsenbrei (гороховая каша) oder Bohnen (фасоль) mit Speck oder aufgebratene Knödel (поджаренными клёцками) oder nach Gutdünken (по усмотрению) eine andere nahrhafte (питательная) Speise, (еда) ausreichend (достаточная) in der Menge, (в массе, в количестве) mit allem Gewürz (специями), was darangehört...' (как полагается)
144 'Das braucht's nicht', sagt Pumphutt in aller Seelenruhe, und diesmal ist er es, der grinst. 'Wie das?' fragt der Meister. 'Weil ich es bin, der die Mühle zum Stehen gebracht hat.' 'Du?' 'Ich bin Pumphutt.' Ein Sonnenstrahl, wie bestellt, fällt durchs Stubenfenster herein, und es blitzt ein gewisser Goldring auf, in einem gewissen Ohrläppchen. 'Du bist Pumphutt?' Dem Müllscher wird's butterweich in den Knien. Er weiß ja, wie Pumphutt mit Meistern umspringt, die ihre Knappen darben lassen und kujonieren. 'Mein Gott!' denkt er, 'dass ich es nicht gemerkt habe, als er um Arbeit gefragt hat! Bin ich denn blind gewesen die ganze Zeit über?' Pumphutt schickt ihn hinaus, nach Papier und Tinte. Dann schreibt er ihm vor, was die Müllerburschen von nun an zu kriegen haben: 'Für jeden ein halbes Pfund Brot am Tag, gut gewogen. Früh eine dicke Grütze von Weizenschrot oder Hirse, auch Buchweizen darf es sein oder Graupen, in Milch gekocht, sonn- und feiertags Zucker dran. Zweimal die Woche zu Mittag Fleisch und Gemüse, bis jeder satt ist; die anderen Tage Erbsenbrei oder Bohnen mit Speck oder aufgebratene Knödel oder nach Gutdünken eine andere nahrhafte Speise, ausreichend in der Menge, mit allem Gewürz, was darangehört...'
145 So schreibt er und schreibt, eine ganze Liste voll. Haargenau (точно: «до волоска») legt er fest (устанавливает, фиксирует), was der Obermüller in Schleife den Burschen in Zukunft zu geben hat. 'Unterschreib das mit deinem Namen', sagt Pumphutt, wie er mit seiner Liste fertig ist, 'und dann schwöre (поклянись) mir, dass du dich daran halten wirst!' (придерживаться) Der Müller weiß, dass ihm keine Wahl bleibt. (не остается выбора) Er setzt also seinen Namen darunter und schwört. Da nimmt Pumphutt den Bann (чары, колдовство) von der Mühle: klapp! mit der Hand auf den Tisch – und schon läuft das wieder. Die Liste gibt er dem einen der beiden Gesellen zur Aufbewahrung (для сохранения); dann sagt er zum Müllscher, und diesmal versteht ihn der trotz des Mühlenlärms ausgezeichnet (отлично): 'Damit wir uns recht verstehen, Meester: Was du beschworen hast, (в чем ты поклялся) ist beschworene Sache. Wenn ich jetzt weiterziehe (уйду, отправлюсь далее), dann hüte dich (берегись), deinen Schwur zu brechen (нарушить клятву), sonst...' Klapp! stand die Mühle schon wieder still, ohne Nachplempern (без брызг, капель), ohne Ausrumpeln, dass es den Müllscher vor Schreck gerissen hat. (обуял страх)
145 So schreibt er und schreibt, eine ganze Liste voll. Haargenau legt er fest, was der Obermüller in Schleife den Burschen in Zukunft zu geben hat. 'Unterschreib das mit deinem Namen', sagt Pumphutt, wie er mit seiner Liste fertig ist, 'und dann schwöre mir, dass du dich daran halten wirst!' Der Müller weiß, dass ihm keine Wahl bleibt. Er setzt also seinen Namen darunter und schwört. Da nimmt Pumphutt den Bann von der Mühle: klapp! mit der Hand auf den Tisch – und schon läuft das wieder. Die Liste gibt er dem einen der beiden Gesellen zur Aufbewahrung; dann sagt er zum Müllscher, und diesmal versteht ihn der trotz des Mühlenlärms ausgezeichnet: 'Damit wir uns recht verstehen, Meester: Was du beschworen hast, ist beschworene Sache. Wenn ich jetzt weiterziehe, dann hüte dich, deinen Schwur zu brechen, sonst...' Klapp! stand die Mühle schon wieder still, ohne Nachplempern, ohne Ausrumpeln, dass es den Müllscher vor Schreck gerissen hat. –
146 'Aber dann', hat der Pumphutt gesagt, 'dann ist Feierabend für immer, (конец работе навсегда) dann bringt dir kein Mensch den Krempel (эту рухлядь /мельницу/) wieder zum Laufen, (сможет пустить в ход) merk dir das!' – hat's gesagt, hat gemacht, dass die Mühle weitergelaufen ist, und ist weggegangen. Seither haben die Mühlknappen, wie man hört, auf der Obermühle in Schleife ein gutes Leben. Sie kriegen, was ihnen zukommt, (что им полагается) keiner braucht Hunger zu leiden, (страдать от голода) und Wasserbeine (отекшие ноги) haben sie auch nicht mehr.» Den Burschen gefiel, was Andrusch ihnen von Pumphutt erzählt hatte. «Weiter!» verlangten sie. (потребовали) «Mehr von ihm! Trink noch was – und lass hören!» (и рассказывай: «дай послушать») Andrusch setzte die Kanne an, (поднес кувшин /к губам/) um sich die Gurgel zu schmieren, (чтобы горло не высыхало: «чтобы смазать глотку») und weiter ging es von Pumphutt: wie er's den Meistern gegeben hatte, (проучил мастеров) in Bautzen und Sohrau, in Rumburg und Schluckenau – sich zum Spaß (на собственную радость) und den dortigen Müllerburschen zum Nutzen. (на пользу) Krabat musste an ihren eigenen Meister denken, die Reise nach Dresden zum Kurfürsten fiel ihm ein – und er fragte sich, wie es wohl ausgehen würde, (закончится) wenn Pumphutt durch Zufall (случайно, благодаря случаю) einmal an ihren Meister geriete (попал бы, очутился = повстречался бы: geraten): welcher von beiden dem anderen überlegen wäre, (был бы сильнее, превосходил) falls es auf eine Kraftprobe zwischen ihnen hinausliefe. (если бы дело дошло до пробы сил)
146 'Aber dann', hat der Pumphutt gesagt, 'dann ist Feierabend für immer, dann bringt dir kein Mensch den Krempel wieder zum Laufen, merk dir das!' – hat's gesagt, hat gemacht, dass die Mühle weitergelaufen ist, und ist weggegangen. Seither haben die Mühlknappen, wie man hört, auf der Obermühle in Schleife ein gutes Leben. Sie kriegen, was ihnen zukommt, keiner braucht Hunger zu leiden, und Wasserbeine haben sie auch nicht mehr.» Den Burschen gefiel, was Andrusch ihnen von Pumphutt erzählt hatte. «Weiter!» verlangten sie. «Mehr von ihm! Trink noch was – und lass hören!» Andrusch setzte die Kanne an, um sich die Gurgel zu schmieren, und weiter ging es von Pumphutt: wie er's den Meistern gegeben hatte, in Bautzen und Sohrau, in Rumburg und Schluckenau – sich zum Spaß und den dortigen Müllerburschen zum Nutzen. Krabat musste an ihren eigenen Meister denken, die Reise nach Dresden zum Kurfürsten fiel ihm ein – und er fragte sich, wie es wohl ausgehen würde, wenn Pumphutt durch Zufall einmal an ihren Meister geriete: welcher von beiden dem anderen überlegen wäre, falls es auf eine Kraftprobe zwischen ihnen hinausliefe.