Kapitel 1. Stilistische Grundbegriffe
STILISTIK
DER DEUTSCHEN SPRACHE
СТИЛИСТИКА НЕМЕЦКОГО ЯЗЫКА
Введение
Данное учебно-методическое пособие предназначено для студентов факультетов иностранных языков. Оно составлено на основании действующей программы по стилистике немецкого языка.
Проблемы стилистики с каждым годом привлекают к себе внимание все более широкого круга лингвистов и литературоведов, а сама стилистика все более дифференцируется и распадается на отдельные специализированные дисциплины.
Задачей данного пособия является краткое сообщение студентам теоретических знаний о системе и правилах использования стилистических средств немецкого языка, о функциях языковых средств в разных стилях языка, о функциональных разновидностях языка, о композиционно-речевых формах. Методологической основой излагаемой теории стиля являются положения отечественного языкознания. В данном пособии основой проявления стиля считаются тексты, что предполагает выход за узколингвистические рамки системы языка в сферу его функционирования, тесно связанную с социальной деятельностью в обществе индивида определенной национально-языковой принадлежности. Стиль рассматривается как одна из сторон речевой и языковой деятельности человека. Такое изучение стиля восходит к трудам В.В.Виноградова, к результатам исследований по психолингвистике, лингвистике и стилистике текста последних лет, достигнутым отечественными и зарубежными учеными. Анализ изобразительных средств языка осуществляется на широкой лингвистической базе изученных дисциплин германистики, что позволяет студентам совершенствовать теоретические и практические знания немецкого языка.
Пособие состоит из четырех глав. Первая глава посвящена общетеоретическим вопросам стилистики текста, а также конкретным условиям существования и проявления стиля в текстах. Вторая глава включает в себя рассмотрение вопросов, связанных с композиционно-речевыми формами. В третьей и четвертой главах рассматриваются разные стилистические сферы функционирования языковых средств в текстах, а именно: лексические, фонетические, грамматические и словообразовательные единицы немецкого языка с точки зрения стилистики. После каждой главы предлагается терминологический словарь с переводом терминов на русский язык, а также вопросы для самоконтроля и тестовые задания. В конце пособия предлагаются вопросы для самоподготовки к семинарским занятиям и к итоговому контролю знаний, а также приблизительная схема интерпретации художественного текста.
Kapitel 1. Stilistische Grundbegriffe
Stilistik als gesellschaftswissenschaftliche Disziplin
Stil der Wissenschaft
Stil der Presse und Publizistik
Stil der Alltagsrede
Stil der schönen Literatur
Die in der deutschen Sprache der Gegenwart real existierenden funktionalen Stile können hier nur in ihren Grundzügen beschrieben werden. Denn eine detailierte Ausführung würde der Rahmen der vorliegenden Lehrhilfe sprengen. Daher kann im weiteren nur versucht werden, gerade die sprachlich-stilistischen Merkmale (Stilzüge) eines jeden Redestils darzulegen, die seine funktionale Spezifik bewirken, d.h. die Wesensmerkmale, die die einzelnen funktionalen Stile gegeneinander abgrenzen.
1.2.1. Der Stil der öffentlichen Rede
Grundfunktion dieses Stils ist die offizielle schriftliche und mündliche Verständigung einerseits zwischen den Staatsämtern und Behörden untereinander und andererseits zwischen öffentlichen Organisationen und dem Publikum. Es handelt sich also um die sprachliche Fassung ämtlicher Dokumente, Gesetze und Vorschriften, um die Gestaltung der Diplomaten-, Gerichts- und Handelskorrespondenz sowie aller mündlichen Ansprachen bei offiziellen Anlässen. Reden, die den Rahmen der sachlichen Mitteilung überschreiten, dürfen schon nicht mehr in den Bereich der offiziellen Verständigungsweise gezählt werden. Der Staatsmann auf diplomatischen Konferenzen, der Ankläger oder Verteidiger bei Gericht, lassen sich vom Gegenstand ihrer Mitteilung hinreißen, sie drücken ihre Einstellung zur angeschnittenen Frage aus und überschreiten dabei den Rahmen des Amtsstils.
Ein gesunder Amtsstil ist durch folgende Wesenszüge charakterisiert: Unpersönlichkeit und Sachlichkeit, gedrängte Kürze, streng literarische Form, leichte Fassbarkeit.
Man unterscheidet folgende Erscheinungsformen des Stils der öffentlichen Rede:
- schriftlich-monologisch (in Dokumenten, Akten, Protokollen usw.);
- mündlich-monologisch (in Reden von Amtspersonen);
- mündlich-dialogisch (im Amtsverkehr).
Die genannten Erscheinungsformen sind literarisch genormt; auch bei mündlichem Verständigungsweg ist keine umgangssprachliche Auflockerung zulässig.
Diesem Funktionalstil gehören folgende Textsorten an: Programmbeschlüsse der Regierung, Erlässe des Parlaments, diplomatische Verträge, Memorandien, Abkommen, Protokolle, Noten; Gesetze, Strafordnugnsgesetzbücher, Verordnungen in der Rechtsprechung, Handels- und Kommerzvereinbarungen, Amtspost in Handel und Volkswirtschaft; Statute, Befehle, Verordnungen im Militärbereich; Amtsschreiben, Akten, Protokolle, Anweisungen, Bekanntmachungen, Telegramme im Amtsleben; Anträge, Erklärungen, Vollmachten, Testamente im Leben der einzigen Person; Rezepte, Gebrauchanweisungen in unterschiedlichen Lebensbereichen. [Brandes: 162]
Im Stil der öffentlichen Rede ist eine bestimmte funktional gefärbte Lexik mit eingeschlossen: teils sind es deutsche und fremdsprachige Termini, teils nichtterminologische Klischees, z. B. in der Rechtswissenschaft: Strafverfahren, Urteil fällen, Zeuge, das Wort entziehen, der Gerichtshof. Spezifische Prägung der funktional gefärbten Lexik äußert sich in einer gewissen Steife und Förmlichkeit.
So bringt jeder Geschäftsbrief, jede Meldung, jedes Gesuch einleitend hinter der funktional gefärbten Abkürzung betr. (betreffend, betreffs) stichwortartige Angaben des Inhalts. Betr.: Urlaubsgesuch wegen dringender Familienangelegenheiten.
Zum Abschluss eines Dokuments wird oft die Zahl der Anlagen genannt oder namentlich angeführt (Anlagen: Geburtszeugnis, Leumundszeugnis, Reifezeugnis).
Jedes Protokoll muss – bei bestimmter Architektonik – einen spezifischen Wortschatz bringen wie etwa:
Protokoll über … - am … - um … - anwesend … (z.B.: lt. [laut] Anwesenheitsliste 35 Teilnehmer - Leitung - Tagesordnung - Beginn - Verhandlungsablauf - Beschluss - Unterschrift des Protokollanten (Schriftführers) - f. d. R.
Pronominaladverbien wie hiermit, hiervon, hierfür – süddeutsch hiemit, hievon, hiefür – sind Wahrzeichen offizieller Formulierungen:
Hiervon werden Sie rechtzeitig in Kenntnis gesetzt.
Hiermit bitten wir Sie …
Zu den funktional-stilistischen Besonderheiten des Stils der offiziellen Rede gehört auch der intensive Gebrauch von analytischen Verbalverbindungen.
Ich werde die Feststellung des Resultates vornehmen lassen (anstatt: Ich werde das Ergebnis feststellen lassen).
Diese Verbalverbindungen tragen dazu bei, ideographische und stilistische Schattierungen auszudrücken. Die Fügung zur Verlesung bringen ist nicht einfach eine Streckform von verlesen, sondern vielmehr ein Inchoativum zu verlesen und bedeutet: “darangehen, etwas zu verlesen”. Die Stilfärbung dieser Wortgruppe ist gehoben, offiziell. Verwendung finden ist kein vollständiges Synonym zu verwenden, ebensowenig wie: Bericht erstatten – berichten, Bedeutung haben – bedeuten.
Eine besonders wichtige Rolle im Stil des offiziellen Verkehrs spielen die Wort- und Wortgruppenklischees sowie die Satzklischees: in Anerkenung der Tatsache; zur Genehmigung vorlegen (Dokumente, Verträge, Abänderungen); gleiche Gültigkeit haben; übertragene Befugnisse; den Eingang des Schreibens bestätigen; für die Richtigkeit der Anschrift u. ä. All diese Klischees stehen im Zuge der Entpersönlichung, insbesondere im Bereich der Amts- und Handelskorrespondenz. Vgl. die Vordrucke für Geschäftsbriefe, Bankkontos, Zeugnisse verschiedener Art u.ä.
Die Stilnormen des gegenwärtigen deutschen Amtsstils verlangen Ausschaltung jeglicher Emotionalität – daher völliger Ausschluss expressiver Lexik und Phraseologie. Keinerlei bewertende Epitheta, emotionale Idiome, vollständiges Fehlen individueller Tropen, Vergleiche und Periphrasen. Trotz aller Unpersönlichkeit weisen manche Textsorten im öffentlichen Stil Expressivität aus: a) logische Expressivität in politischen (Parteibeschluss, Deklaration), juristischen und anderen ämtlichen Dokumenten; b) emotionale Expressivität (Trauer, Nachruf, Worte des Gedenkens).
Auch die Syntax im Stil der offiziellen Rede muss dazu beitragen, die gesellschaftlichen Funktionen dieser sprachlichen Verwendungsweise richtig zu erfüllen. Die der deutschen Literatursprache zu Gebote stehenden syntaktischen Konstruktionen werden so ausgewählt, dass sie – auf grammatischem Wege – den Eindruck des Unpersönlichen und Offiziellen erwecken. Daher intensive Verwendung von unpersönlichen und unpersönlich gebrauchten Verben, von Passivkonstruktionen, von Infinitiven und Partizipien II in imperativischer Funktion. Vgl. folgende Amtsanweisungen: Es wird gebeten, nicht zu rauchen. – Rauchen verboten. – Das Werden von Kühen auf dieser Wiese ist nicht gestattet. – Hinausbeugen gefährlich. - Folgende Richtlinien sind zu beachten. Als Mittel zur Erzielung sprachlicher Knappheit bedient sich der moderne Amtsstil häufig der Ellipse: Bestellungen durch die Buchhandlung erwünscht. Deutliche Handschrift erbeten. Auch Nennsätze stehen im gleichen Dienst. Anstatt zu schreiben, dass das Zugsabteil für Raucher bestimmt ist, heißt es kurz und verständlich: [Für] Raucher. Plakate zeigen auf dem Bahnsteig an: Zum Ausgang.
Der Stil der Wissenschaft
Da Wissenschaft und Technik dazu berufen sind mit Hilfe sachlich-systematischer Beweisführung die Erkenntnis der Wirklichkeit und ihrer Gesetze zu vermitteln, muss die gesamte Ausdrucksgestaltung auf diesem Gebiet gesellschaftlicher Tätigkeit unter dem Zeichen der Sachlichkeit und Logik, der Klarheitund Fassbarkeit stehen. Die genannten Stilzüge des wissenschaftlichen Stils treten sowohl in seinen schriftlichen als auch in seinen mündlichen Erscheinungsformen zutage, sowohl in akademischen als auch in populärwissenschaftlichen Schriften. Man kann folgende Erscheinungsformen des Stils der Wissenschaft nennen:
- schriftlich-monologisch (in wissenschaftlichen Publikationen aller Art);
- mündlich-monologisch (in wissenschaftlichen Vorlesungen und Referaten);
- mündlich-dialogisch (in wissenschaftlichen Debatten).
Alle Erscheinungsformen des wissenschaftlichen Stils sind literarisch genormt.
Gewiss unterscheiden sich die einzelnen Zweige der Wissenschaft durch manche Verschiedenheit in den stilistischen Zügen ihrer Sprachgestaltung (vgl. z.B. die Stilverschiedenheiten in linguistischen und mathematisch-technischen Abhandlungen). Doch die wesentlichen Stilzüge sind die gleichen. Zur Unterstützung der sprachlichen Ausdrucksgestaltung ist die Verwendung außersprachlicher Hilfsmittel möglich: statistische Tabellen, Stichbilder, Diagramme, Skizzen usw.
M. P. Brandes unterscheidet 4 Typen der wissenschaftlichen Dokumente in schriftlicher Form.
1. Eigentlich wissenschaftliche Texte (Monographie, Zeitschriftenaufsatz, Kurzbericht, Übersicht, wissenschaftlichgeschichtlicher Aufsatz, Disskussionsbeitrag u. a. m.);
2. Wissenschaftlich informative Texte (Annotation, Referat, Resümee);
3. Wissenschaftliche Nachschlagewerke (Nachschlagebuch, Lexikon);
4. Wissenschaftliche Lehrtexte (Lehrbuch, Lehrhilfe). [Brandes: 178-180]
Die lexikalische Grundlage bildet die neutrale literarische Lexik ohne expressive Färbung in Verbindung mit funktional-stilistischer Terminologie, d.h. mit deutscher oder fremdsprachiger Terminologie. Termini helfen, den Sachverhalt eindeutig und sprachökonomisch auszudrücken: die Frequenz, die Lösung, PS (Pferdestärke), Sg (Singular), 4,5 kg, Internet, N (Newton), m (Meter). Einen wichtigen Bestandteil der deutschen wissenschaftlichen Lexik bilden terminologische Neologismen: Breitwandfilm, DIN – Deutsche Industrienorm, H-Bombe – Wasserbombe, glaskeramische Stoffe, hochbelastbare Geräte. Dialektismen, Argotismen, Vulgarismen widersprechen den Normen des wissenschaftlichen Stils. Die architektonische Funktion zieht spezielle “Gliederungswörter” nach sich: erstens, zweitens, einmal, zum anderen, einerseits, andererseits u. ä. Charakteristisch für den Stil der Wissenschaft ist der Einschluss von Belegstellen aus anderen Werken. Hier handelt es sich um wichtiges Beweismaterial, das die Ansichten des Schreibenden bekräftigt.
Auch der grammatische Bau des wissenschaftlichen Stils muss der Forderung nach Logik, Klarheit und leichter Fassbarkeit nachkommen.
1. Passivkonstruktionen gehören zu den unentbehrlichen Mitteln der objektiven, logischen und unpersönlichen Darstellung.
2. Die unvollständige Rahmenkonstruktion dient zur Hervorhebung des inhaltlich Wichtigen.
3. Zu den syntaktischen Merkmalen dieses Stils gehört eine sparsame Verwendung von Ausrufesätzen.
4. Fragesätze sind ein charakteristisches Merkmal der Syntax im wissenschaftlichen Stil: Und woher kommt das plötzliche, neuartige Verstandenwerden?
In der wissenschaftlichen Prosa sind Parallelismus und Antithese, Aufzählung und Wiederholung sehr gebräuchlich.
Ein α-Strahl erzeugt 10 000 bis 30 000 Paar Ionen je cm,
Ein β-Strahl ungefähr 100, ein γ-Strahl dagegen nur eines.
Im wissenschaftlichen Stil hat sich die Tradition herausgebildet, zur Wahrung der Objektivität und der Bescheidenheit die ich-Form zu meiden: Der Verfasser dieses Artikels ist der Meinung … - wie dem Verfasser scheint … - wie es scheint.
Der Stil der Alltagsrede
Die Hauptfunktion des Stils der Alltagsrede (auch Alltagsstil, Umgangssprachstil genannt) besteht darin, ungezwungen intime Mitteilungen privater Natur oder sachliche, aber nicht offiziele Feststellungen aus dem Alltags- und Arbeitsleben im mündlich-dialogischen Verkehr an Gesprächspartner weiterzuleiten. [Riesel: 445] Die Erscheinungsformen des Alltagsstils sind vorwiegend umgangssprachlich genormt. Man kann folgende Erscheinungsformen dieses Stils nennen:
Mündlich-dialogisch (im Privat- und Familienleben, im täglichen Arbeits- und Geschäftsverkehr);
Mündlich-monologisch (in Berichten, Erzählungen und Reden mit Alltagsthematik, in Reden anlässlich verschiedener Vorkommnisse, z.B. bei Hochzeiten, Geburtsfeiern);
schriftlich-dialogisch (im privaten Briefwechsel und in Tagebüchern).
Die Umgangssprache ist eine zwischen Literatursprache und Dialekten stehende Erscheinungsform der Nationalsprache. Der Umgangssprachstil ist die zu bestimmten Zwecken ausgewählte und nach bestimmten Gestzmäßigkeiten angeordnete Verwendungsweise der Umgangssprache im Alltagsverkehr. Der Gebrauch der sprachlichen Elemente hängt von dem Gesellschaftskreis des Sprechenden, von seinem Bildungsgrad ab. Es können bald die literarischen, bald die mundartlichen Elemente, bald Argotismen und Jargonismen sein. Die Wesenszügedes Alltagsstils sind folgende:
1. Ungezwungenheit und Lockerheit
2. Emotionalität und subjektive Bewertung der Aussage,
3. Konkretheit, Bildhaftigkeit, Schlichtheit und Dynamik,
4. Hang zuHumor, Spott und Satire,
5. Hang zur Ausdrucksfülle der Rede einerseits und zur Kürze andererseits.
In der Sprachwirklichkeit fließen natürlich die genannten Merkmale ineinander.
Als Hauptfunktion des Alltagsstils wird von E. Riesel die ungezwungene lockere Verständigung der Menschen im privaten Umgang angesehen. Ungezwungenheit und Lockerheit im Stil der deutschen Alltagsrede kommen durch bestimmte lexisch-phraseologische Mittel zum Ausdruck. In sämtlichen Stilen der Nationalsprache wird der Einschluss von Parenthesen, die mit dem Thema nichts zu tun haben, oder die Verwendung von umgangssprachlichen Konstruktionen und familiären oder groben Wörtern als Zugeständnis an den Alltagsstil betrachtet. Die wichtigsten Spracheigenheiten im Stil der Alltagsrede sind Flickwöretr aller Art.
a) Modalwörter: wohl, gewiss, sozusagen, kurz u. ä.;
b) Interjektionen aller Stilfärbungen: oh, au, bums, zum Teufel u. ä.;
c) Partikel: ja, doch, einmal u. ä.;
d) Fragewörter: nicht wahr? Wirklich? u. ä;
e) Adverbien: so, natürlich u. ä.;
f) ganze Wendungen: Moment mal! Was Sie nicht sagen! u. ä..
Die Rede der Menschen im Alltagsverkehr wird oft von derartigen Füll- und Schaltwöretrn (wer weiß wie, Gott weiß wie, der Teufel weiß wie …) überflutet: Er ist schon wieder wer weiß wo gewesen. Ich werde der Teufel weiß wann mein Geld zurückbekommen. Kennzeichnend für den lockeren Ton des Umgangssprachstils ist die Bezeichnung von Personen, Dingen, Gegenden durch die Periphrasen Ding, Zeug, Sache, oft in Zusammensetzung mit dem Adberb da: Sie hat sich schon wieder so ein Ding, solche Dinger (solches Zeug, solche Sachen) gekauft – Der Dingsda hat mir gesagt. All diese Formulierungen klingen entweder unbekümmert oder bewusst herabsetzend. Die sprachliche Spezifik des Alltagsstils äußert sich auch in der sorglosen Verwendung von Dialektismen, Argotismen und Vulgarismen. Man nennt z.B. die Zigarettenstummel in Berlin Kometem (Kippen) und in Wien Tschicks.
Auf phonetischem Gebiet werden Wörter und Wortgruppen achtlos hingeworfen, manchmal nicht bis zum Ende gesprochen: raus, runter, dran, aufn Berg, orntlich (ordentlich), ‘n Hans, ‘n Puppe, soll’ s ‘n sein (Was soll es denn sein?), nich, nisch u ä.
Besonders bemerkbar ist die Spezifik der lockeren Ungezwungenheit in den grammatischen Normen des Alltagsstils. Die große Zahl der Parenthesen, der Konstruktionsveränderungen und zahllosen Abbrüche mitten im Satz: “Bist du müde?” – “I wo. Und du?” – “Natürlich, sogar sehr. Aber trotzdem. Ich werd’ schon.” Es sei betont, dass die Pluralformen auf –s (wie z. B. Mädels, Jungens, Bengels, Kumpels, Arbeiters) typisch umgangssprachlichen Charakter haben.
Im Alltagsstil haben alle Berichte, Erzählungen und Dialoge emotionalen und zum größten Teil bewertenden Charakter. Eine wichtige Rolle bei der Realisierung dieses Merkmals spielen die Epitheta: ein phänomenales Konzert, ein ganz ausgemachter Lump, ein 150 prozentiger Bürokrat, goldrichtig, heilfroh, stinkfein. Emotionale Einstellung steckt in den zahlreichen Ausrufen, die in die Rede eingeschaltet werden: o weh! (Schmerz), Etsch! (Schadenfreude), toi-toi-toi (um etwas nicht zu “verrufen”), ach Käse!, Verdammich!, Verflucht!, Himmlisch!, Unsinn!, Quatsch!.
In die Umgangssprache kommen auch viele Wörter und Wendungen, die gleichzeitig im Studenten- und Schülerjargon benutzt werden: pauken, büffeln, ochsen, durchfliegen (bei der Prüfung durchfallen), er ist aus dem Amt geflogen (entlassen worden) exen (exmatrikulieren, entlassen, kündigen) Viele Wörter werden in der Umgangssprache in übertragener Bedeutung gebraucht: das Geklimper (über das Klavierspiel); Ich werfe deine Heule (Radio) raus; Komm, ich zeige dir meine Bude (eine Wohnung).
Der Wortschatz des Alltagsstils zeichnet sich durch auffallende Konkretheit, Bildhaftigkeit, Dynamik und Schlichtheit aus.
1.2.5. Der Stil der schönen Literatur
Der Stil der schönen Literatur unterscheidet sich qualitativ von den übrigen Stilen der Nationalsprache. Die gesellschaftliche Funktion der schönen Literatur besteht darin, durch ästhetische Einwirkung, durch künstlerische Bildhaftigkeit die Wirklichkeit widerzuspiegeln. Als Baumaterial, mit dessen Hilfe verschiedene Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens dem Leser zu Bewusstsein gebracht werden, dient der gesamte Reichtum der Nationalsprache. Gerade wegen dieser Fülle und Weite von Ausdrucksmöglichkeiten weigern sich manche Forscher (Levin), den Stil der schönen Literatur als einheitlichen Stiltyp anzusehen. Nach dieser Meinung dürfe man nur von künstlerischen Individualstilen sprechen. E. Riesel lehnt diese Meinung ab. Die sprachliche Spezifik des Stils der schönen Literatur, schreibt sie, “besteht eben darin, dass sämtliche Quellen sprachlichen Ausdrucks … verwendet, sämtliche Elemente der verschiedensten Stile herangezogen werden können, um durch eine hohe Stufe künstlerischer Bildhaftigkeit und Eindringlichkeit die angestrebte gesellschaftliche Funktion zu erfüllen.” [Riesel: 17] Der Stil der schönen Literatur wird auf schriftlichem Weg verbreitet und ist literarsprachlich genormt. Die auf mündlicher Überlieferung beruhende Dichtung führt den Namen “Folklore” (Volksdichtung) und besitzt ihre besonderen Sprach- und Stileigentümlichkeiten. [näheres siehe Brandes: 220]
TERMINI ZUM 1. KAPITEL
Argot, das (-n) арго, жаргон (1. Воровской, лексика деклассированных элементов общества; 2. Социальный, профессиональный)
Argotismus, der (Argotismen) арготизм, арготическое слово или выражение
Auflockerung, die лексическая разрыхленность
Flickwort, das (“er) слово-паразит
Funktionalstil, der функциональный стиль
Gattungsstil, der (-e) подстиль (н.: дипломатический, законодательный, канцелярский)
Jargonismus, der (Jargonismen) жаргонизм
kodifiziert, als Norm anerkannt признанный нормой
Schlagwort, das (-er) слово-лозунг
Stil der Presse und Publizistik публицистический стиль
Stil der schönen Literatur стиль художественной литературы
Stil der Wissenschaft научный стиль
Stil des Alltagsverkehrs
(der Alltagsrede) обиходно-разговорный стиль
Stil des öffentlichen Verkehrs
(der öffentlichen Rede) официально-деловой стиль
Stilfärbung, die стилистическая окраска
Stilistische Grundbegriffe основополагающие понятия стилистики
Textsorte, die (-n) тип текста
Verstoß gegen die Norm =
Abweichung von der Norm отклонение от нормы языка
AUFGABEN ZUM 1. KAPITEL
1. Analysieren sie die Amtssprache in folgendem Märchen, das den Stil des öffentlichen Verkehrs parodiert! Wie lautet dieses Märchen im Alltagsstil?
Als in unserer Stadt wohnhaft ist eine Minderjährige aktenkundig, die infolge ihrer hierorts üblichen Kopfbedeckung gewohnheitsrechtlich Rotkäppchen genannt zu werden pflegt …
Vor ihrer Inmarschsetzung wurde die R. seitens ihrer Mutter über das Verbot betreffs Verlassens der Waldwege auf Kreisebene belehrt. Sie machte sich infolge Nichtbeachtung dieser Vorschrift straffällig und begegnete beim Überschreiten des diesbezüglichen Blumenpflückverbotes einem polizeilich nicht gemeldeten Wolf ohne festen Wohnsitz.
Dieser verlangte in unberechtigter Amtsanmaßung Einsichtnahme in den zum Transport von Konsumgütern dienenden Korb und traf zwecks Tötungsabsicht die Feststellung, dass die R. zu ihrer verwandten und verschwägerten Großmutter eilends war.
Da bei dem Wolfe Verknappungen auf dem Ernährungssektor vorherrschend waren, beschloss er, bei der Großmutter der R. unter Vorlage falscher Papiere vorsprachig zu werden. Da dieselbe wegen Augenleidens krank geschrieben war, gelang dem Wolf die diesfällige Täuschungsabsicht, worauf er unter Verschlingung der Bettlägerigen einen strafbaren Mundraub ausführte.
Bei der später eintreffenden R. täuschte er seine Identität mit der Großmutter vor, stellte der R. nach und durch Zweitverschlingung derselben seinen Tötungsvorsatz unter Beweis. Der sich auf einem Dienstgang befindliche Förster B. vernahm verdächtige Schnarchgeräusche und stellte deren Urheberschaft seitens des Wolfmauls fest.
Er reichte bei seiner vorgesetzten Dienststelle ein Tötungsgesuch ein, welches zuschlägig beschieden wurde. Daraufhin gab er einen Schuss ab auf den Wolf. Dieser wurde nach Infangnahme der Kugel ablegig.
Die Beinhalting des Getöteten weckte in dem Schussabgeber die Vermutung, dass der Leichnam Personen beinhalte. Zwecks diesbezüglicher Feststellung öffnete er unter Zuhilfenahme eines Messers den Kadaver zur Einsichtnahme und stieß hierbei auf die noch lebende R. nebst Großmutter.
Durch die unverhoffte Wiederbelebung bemächtigte sich der beiden Personen ein gesteigertes, amtlich nicht erfassbares Lebensgefühl. Der Vorfall wurde von den Gebrüdern Grimm zu Protokoll gegeben. [Брандес, Провоторов: 58]
2. Bestimmen Sie den funktionalen Stil des Textes. Analysieren Sie grammatische und lexikalische Mittel aus stilistischer Sicht. Vergleichen Sie den Text mit seiner Überstezung ins Russische und charakterisieren Sie die Adäquatheit der Übersetzung mit dem Original.
Licht am Ende des “Rohres”
Otto Wolf von AMERONGEN, Vorsitzender des Ost-Ausschlusses der deutschen Wirtschaft, Köln, anwortet auf die Fragen des MM-Korrespondenten.
Wie schätzen Sie die Dynamik der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen in den letzten Jahren ein?
Die letzten Jahre standen im Zeichen intensiver Bemühungen, die deutsch-russischen Handels- und Kooperationsbeziehungen zu aktivieren.
Notwendig wurden verstärkte Bemühungen, weil die Lieferbezeichnungen ostdeutscher Unternehmen nicht aufrechterhalten werden konnten. Ein Grund dafür lag im Zusammenbruch sehr vieler ostdeutscher Betriebe. Eine weitere, möglicherweise noch wichtigere Ursache ist mit dem Zusammenbruch der UdSSR verbunden. Die wirtschaftliche Anpassungskrise in Russland führte zu einem dramatischen Rückgang von Ersatzinvestitionen in der russischen Industrie. Traditionell lieferten deutsche Unternehmen hochwertige Ausrüstungen für Schwerindustrie, Chemieanlagen und andere Spezialprodukte, wie Eisenbahnwaggons. Nachdem 1995 die deutschen Exporte mit 10,3 Mrd. DM einen extrem niedrigen Wert erreicht hatten, erwarten wir dieses Jahr das Wachstum deutscher Lieferungen. …
Was erwarten Sie von dem Deutsch-Russischen Forum?
Von diesem Diskussionsforum erwarte ich mir Aufschlüsse über die aktuelle wirtschaftliche und politische Lage in Russland, nachdem das Misstrauensvotum in der Staatsduma nicht zustande gekommmen ist. In den vergangenen 12 Monaten sind bemerkenswerte wirtschaftspolitische Erfolge erzielt worden, so bei der Einigung über eine Schuldenregelung mit den internationalen Gläubigerbanken und bei der Inflationsbekämpfung. Russland hat wieder Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten gefunden. Dennoch bleibt der Zufluss ausländischer Investitionen in Russland begrenzt. Über einige Ursachen wird im Rahmen des Forums in Moscow Neuws Weekly Club geredet – vieleicht auch gestritten. Wie kann der Produktionsstandort Russland attraktiver werden? Wie kann die Inverstitionskrise in Russland dauerhaft überwunden werden? Welche Bedeutung wird der Außenhandel für ein wirtschaftlich modernisiertes und weltwirtschaftlich integriertes und europäusch orientiertes Russland haben? Auf diese und weitere Fragen soll das Forum Antworten formulieren helfen.
Свет в конце трубы
На вопросы «МН» отвечает Отто Вольф фон АМЕРОНГЕН, председатель Восточного комитета германской экономики.
Как вы оцениваета динамику развития германо-российского экономического сотрудничества за последние годы?
За последние годы было предпринято немало для активизации германо-российских торговых и кооперационных отношений. В этом направлении потребовались значительные усилия, т.к. во многом были разрушены прежние модели поставок продукции с восточногерманских предприятий в Россию. Причиной тому был распад многих восточногерманских предприятий. Другая, может быть даже боле веская, причина связана с распадом СССР. Экономический кризис, связанный со структурной перестройкой, привел к драматическому снижению западных инвестиций в росийскую промышленность. Традиционно немецкие фирмы поставляли оборудование для тяжелой промышленности, химические установки, а также специализированную продукцию, например, железнодорожные вагоны. После того как в 1995 году немецкий экспорт в Россию опустился до экстремально низкого показателя в 10,3 млрд. марок, мы ожидаем в нынешнем году начала роста наших поставок. …
Что Вы ожидаете от форума «МН» в Берлине?
Ожидаю в первую очередь объективных оценок нынешней экономической и политической ситуации в России после того, как вотум недоверия правительству не был принят Думой. За последний год мы отмечаем ряд успешных шагов, например, достижение согласия об урегулировании долгов Лондонскому клубу, снижение инфляции. Россия снова нашла выходы на международные рынки капитала. Тем не менее приток иностранных инвестиций остается ограниченным. Как сделать производственную базу России привлекательной? Каким образом можено на долговременной основе преодолеть инвестиционный кризис в России? Какое значение будет играть внешняя торговля для России, интегрированной в мировые и европейские процессы? Форум должен будет помочь сформулировать ответы на эти и другие вопросы. [Брандес, Провоторов: 84-87]
Kompositionsformen
Die Darstellungsarten (Kompositionsformen) sind Textteile, die an eine bestimmte sprachstilistische Form gebunden sind je nach dem Zweck und der Art der Aussage. Jede Mitteilung ist an einen Empfänger gerichtet und soll zweckmäßig ausgeformt werden. Man unterscheidet 3 Grundformen: Bericht, Beschreibung und Erörterung [Bessmertnaja].
Der Bericht. Dazu gehören Sach- und Erlebnisberichte wie Protokoll, Arbeits-, Sport-, Wetterbericht, Chronik, Lebenslauf, Reportage, Referat u.a. Der Bericht ist eine Kompositionsform, deren grundlegendes differenzierendes Strukturelement die Zeit, die Zeitabfolge, das zeitliche Nebeneinander ist. Der Berichterstatter erstrebt eine objektive Wiedergabe des Sachverhalts, der Tatsachen der Wirklichkeit in ihrer historisch-chronologischen Entwicklung, d.h. in ihrer natürlichen Folge. Die bevorzugte Zeitform ist das Präteritum, beim Referieren und im Wetterbericht das Präsens (oder Futur); typisch für den Bericht sind Passivgebrauch, Indikativ, unpersönliche Sätze.
Die Beschreibung setzt das Beobachten voraus. Es kann eine tatsächliche, unmittelbare oder fiktive, vorgestellte Beobachtung sein. Die Beschreibung ist eine Kompositionsform, deren grundlegendes differenzierendes Strukturelement die räumliche Beziehung, das räumliche Nebeneinander ist. Die Beschreibung ist die Hauptdarstellungsart in Wissenschaft und Technik, wenn ein Fachmann Vorgänge, Experimente, Theorien klarlegt. Die grammatische Ausgestaltung: Tendenz zum Gebrauch des verallgemeinernden Präsens, des verallgemeinernden Artikels, des Indikativs, des Passivs und Stativs, der man-Sätze. Ist die Beschreibung nicht sachgerichtet, sondern erlebnismäßig-künstlerisch, so nennt man diese Darstellungsart Schildern. Das Schildern bezieht die Darstellung der Gefühle ein.
Man spricht über Vorgangsbeschreibung und Gegenstandsbeschreibung. Die Arten der Vorgänge reichen von denen in der Natur, Technik, Gesellschaft bis zur Beobachtung der Verhaltensweise eines Menschen, seiner Handlungen, Bewegungen, Gesten oder seiner Mimik. Bei der Gegenstandsbeschreibung handelt es sich um die Beschreibung sowohl eines einfachen Gegenstandes (ein Spielzeug, eine Pflanze, ein Tier) als auch um die Beschreibung von komplexen Objekten (eine Landschaft, eine Stadt, die Inneneinrichtung von Räumen).
Die Erörterung ist eine Kompositionsform, derer grundlegendes Strukturelement die Ursache-Folge-Beziehung im weitesten Sinne des Wortes ist. Die Sachverhalte, die durch diese Kompositionsform erfasst werden, sind die verallgemeinerten Aussagen. Diese Aussagen werden aus der Erkenntnis des Zusammenhanges und der Wechselwirkungen erlebter Ereignisse und beobachteter Gegen-stände und Vorgänge gewonnen. Sie ergeben die Fragestellungen aus der Beziehung zu unterschiedlichen Wirklichkeitsbereichen, d.h. es werden verschiedene Probleme behandelt. Man unterscheidet gesellschaftliche Probleme und Probleme aus dem Leben einzelner Menschen. Deshalb spricht man über folgende Typen der Erörterung: Begründen, Beweisen/Widerlegen, Sclussfolgern, Erklären/Darlegen.
In manchen Stilen und Substilen herrscht eine Darstellungsart vor, z.B. der Bericht und die Beschreibung in offiziellen Dokumenten, im Stil der Wissenschaft, in manchen Genres der Publizistik (Wetterbericht, Ankündigungen, Reportage etc.). In anderen Fällen begegnet man nicht Darstellungsarten in reiner Form. Die Darstellungsarten werden nach Gegenstand, Aussageabsicht, Genre, Lesekreis, Erscheinungsorgan, Medieum (Presse, Rundfunk, Fernsehen) vielfältig modifiziert und verschiedenartig kombiniert. In der schöngeistigen Prosa findet man oft kombinierte Darstellungsarten.
2.2. Erzählperspektive als linguistische Kategorie
Die Erzählperspektive definiert man als «Blickrichtung des Textes in räumlicher, zeitlicher, personaler, gedanklicher Hinsicht» [Kleines Wörterbuch: 80] An dem natürlichen mündlichen Kommunikationsprozess beteiligen sich die Gesprächspartner, die räumlich und zeitlich unmittelbar miteinander verbunden sind. Bei der Distanzstellung (Rundfunk, Fernsehen) wird die unmittelbare räumliche Beziehung gestört, die zeitliche dagegen bleibt erhalten.
In der schöngeistigen Literatur sind Sender und Empfänger zeitlich und räumlich getrennt. Der Sender kann mit dem Autor identisch sein oder durch mannigfaltige Gestalten vertreten sein. Empfänger ist der Leser. Bei der Erzählperspektive spricht man gewöhnlich von der des Autors, des Erzählers und der Figur.
Der Autor kann offen in Szene treten (besonders in der Ich-Form der Erzählung, in autobiographischen Werken, Tagebüchern, Memorien) oder «sich tarnen». Der Autor ist der Schöpfer des Werkes, er schafft das Sujet, den Erzähler, die Figuren, er lässt sie reden und handeln.
Der Erzähler tritt in der Ich- oder Er-Form. Erzählt man aus der Perspektive des Autors, so spricht man über den auktorialen Erzähler. Erzählt man aus der Perspektive einer Textperson, so spricht man über den personalen Erzähler. Der Autor wählt zum Erzähler eine beliebige erfundene Person: ein Kind (“Tinko“ von Strittmatter), eine Frau (“Briefe einer Unbekanten“ von Stefan Zweig), ein Tier (“Lebesansichten des Katers Murr“ von E.T.F.Hoffman) etc. Einerseits kann der auktoriale Erzähler möglichst objektiv, distanziert, sachlich berichten, ohne seine Stellungnahme zu verraten (die Haltung eines Beobachters, ebenso wie der Regieführer in einem Dokumentarfilm); andererseits kann er seine Meinung, Einschätzung äußern, Kommentare und persönliche Betrachtungen anstellen (ein subjektiver Betrachter).
Die Erzählperspektive der Figurenmanifestiert sich in der Figurensprache selbst, in der erlebten Rede, in der Autorensprache. Das Geschehen wird vom Blickpunkt einer Figur geschildert. Davon signalisieren die Wortwahl und die grammatischen Mittel wie Artikelgebrauch, Zeitformen-, Moduswechsel, Satzaufbau [näheres siehe Riesel, Schendels: 271-282].
Arten der Rededarstellung
Es gibt 3 Arten der Rededarstellung: direkte, indirekte und erlebte Rede. Die Wahl der Rededarstellung hängt von der Stilart ab, von Zweck und Inhalt der Mitteilung. Die direkte Rede, vom Stilforscher als Figurensprachebezeichnet, bringt die Rede oder die Gedanken eines Menschen wörtlich genau, wie er selbst spricht oder denkt. In der Wissenschaft und Publizistik dient die direkte Rede zur Einführung von Zitaten, zum Heranbringen des unentbehrlichen Beweismaterials. In einem Dichtwerk lässt der Autor seine Figuren selbst sprechen, in einer mündlichen Erzählung aus dem Alltagsverkehr führt man auf diese Weise die Äußerungen anderer Gestalten unvermittelt ein.
Eine wichtige Rolle bei der Verwendung der direkten Rede spielt die sog. Redeeinkleidung, d.h. die Worte, mit denen die fremde Aussage eingeleitet, abgeschlossen oder unterbrochen wird. Bei der Redeeinleitung entstehen viele Variationsmöglichkeiten. Man gebraucht:
a) Verben des Sagens, die ganz allgemeine Bedeutung haben: sagen, reden, sprechen;
b) Verben des Sagens, die die Art des Sprechens charakterisieren: flüstern, schreien, stottern, lispeln, rufen, stammeln;
c) Verben, die Gedanken und Gefühle beschreiben: denken, träumen, sich überlegen, sich erinnern, empfinden, fühlen;
d) Verben des Antwortens und Fragens: antworten, erwidern, fragen, forschen u.a.
Die Redeeinleitung kann vor, nach oder mitten in der direkten Rede stehen. Die Verwendung der direkten Rede verleiht dem Gesamttext Lebhaftigkeit, Glaubwürdigkeit, Anschaulichkeit.
Bei der indirekten Redewird die fremde Rede wiedergegeben. Ihre Merkmale sind: 3. Person statt der 1. Person, oft Nebensatz (sagte, dass…, meinte, dass…), oft Konjunktiv statt Indikativ. Die indirekte Rede erfüllt im literarischen Text folgende Aufgaben:
a) Sie erüllt die kompositorische Funktion der Abwechslung, d.h. direkte Rede wechselt die indirekte und umkehrt;
b) Sie trägt zur Charakterisierung einer Figur bei, d.h. sie zeugt von der Interesselosigkeit der Person an dem Mitzuteilenden oder vom Bestreben, ihre distanzierte Haltung, Objektivität zu betonen.
Viele emotionale Effekte werden in der indirekten Rede (Autorensprache) gestrichen. Die Autorensprache ist mit der sprachlichen Gestaltung von Gedanken und Kommentaren des Verfassers von Texten verbunden. Durch den Autor wird eine gewisse Zensur geübt. Die indirekte Rede enthält in der Regel keinerlei Lexik aus territorialen Dialekten, Argot und Jargons, sie lässt auch keinerlei grammatische Nachlässigkeit zu.
Die erlebte Rede ist die Darstellung der Gedanken und Gefühle der handelnden Personen in solch einer Form, als würden sie vom Autor (Darsteller) miterlebt. Der Erzähler identifiziert sich mit der Person, deren Rede oder Gedanken er anführt: Georg lag draußen unter dem graublauen Himmel in einer Ackerfurche. … Nur jetzt nicht steckenbleiben. Zu Abend in der Stadt sein. Stadt, das war die Höhle mit ihren Schlupfwinkeln, ihren gewundenen Gängen. …Bis zur Nacht nach Frankfurt, gleich hinaus zu Leni. Einmal bei Leni, war ihm das Weitere einfach erschienen. Anderthalb Stunden Eisenbahnfahrt zwischen Sterben und Leben mussten überwinbar sein. War nicht bis jetzt alles glatt gegangen? Wunderglatt, planmäßig? [Seghers] Die peinigen Gedanken des Helden schildert die Verfasserin so, als ob sie ihre eigenen wären. Und formal gehören sie tatsächllich der Autorensprache an. Eine derart hohe Stufe von Einführung zwischen Dichter und Figur ist nur in der erlebten Rede möglich.
Für die erlebte Rede gibt es mehrere synonymische Bezeichnungen: verschleierte Rede, uneigentlich-direkte Rede, halbdirekte Rede. Die moderne Literatur bevorzugt die erlebte Rede, weil sie die Versenkung in das Innenleben der Figur ermöglicht. Die erlebte Rede erkennt man:
1. an inhaltlichen Merkmalen: Identifizierung des Autors mit einer handelnden Person oder einer Gruppe von Menschen;
2. an rein sprachlichen Kennzeichnen: Eindringen typischer Figurensprachenelemente in die Autorensprache (lexische Dialektismen, Argotismen, Jargonismen, Proffesionalismen, Lieblingwörter, Partikeln, Interjektionen);
3. an syntaktischen Zeichen: Ausrufesätze, Fragesätze, Ellipsen, Satzabbruch. [näheres siehe Riesel, Schendels: 282-287]
2.4. Sprachporträt
Unter Sprachportät (Sprachcharakteristik) versteht man die individualisierte und zugleich typisierte Rededarstellung, durch welche die handelnden Personen eines literarischen Werkes auseinendercharakterisiert werden. Es ist “eine Teilcharakteristik einer dargestellten Person durch ihre Art, sich sprachlich kundzutun, wobei Alter, Beruf, Bildung, Charakter, Humor, Lebensart, Lebenserfahrung, Milieu, Situation, soziales Herkommen, Stimmung, Willenskraft usw. Berücksichtigung finden.” [Kleines Wörterbuch]
Das Sprachporträt wird “gemalt”:
a) durch Figurensprache – direkte Rede;
b) durch erlebte Rede;
c) weniger deutlich durch indirekte Rede;
d) durch die Autorensprache, wenn der Verfasser oder einzelne Figuren die Sprechart der handelnden Person selbst beurteilen.
Jede handelnde Person stellt nicht nur eine einzigartige Individualität dar, sondern ist zugleich Vertreter einer sozialen, beruflichen, nationalen, historischen Gemeinschaft. Deshalb kann man beim Sprachporträt rein individuelle und allgemein-typisierende Züge aussondern.
Da beim Sprechen alle Sprachebenen ineinander fließen, tritt das Sprachporträt in der Gesamtheit von lexikalisch-phraseologischen, grammatischen und phonetischen Besonderheiten zutage.
Aufschlussreich sind die Beobachtungen an den Sprachporträts von Helden fremder Herkunft. Einerseits versucht der Autor, mit Hilfe von fremdsprachigen Wörtern, fremdsprachigen Zitaten das fremde Nationalkolorit darzustellen, andererseits scheut er aber nicht davor zurück, die Vertreter einer fremden Nation urwüchsige deutsche Idiome und Vulgarismen gebrauchen zu lassen. So z.B. Lion Feuchtwanger im Roman “Narrenweisheit”. Nicolas gerät in Streit mit Madame Levasseur: “Halt’s Maul, du Ragotte!”, schrie er los. “Glaubst du, ich habe Angst vor deinem zahnlosen Gewäsch? Ich weiß, wie man so eine alte Mähre reitet.” [Feuchtwanger]. Das gesamte Sprachporträt von Nicolas – ein Mensch, der sein Leben in Manegen und Pferdeställen verbringt – wimmelt von Berufslexik und -jargonismen. Und so drücken auch hier die beiden Schimpfwörter für weibliche Wesen (französisch und deutsch) dasselbe Bild aus: ragotte – ein Pferd mit dickem Hinterleib und kurzen Beinen; Mähre – ein schlechtes Pferd. [näheres siehe Riesel, Schendels: 287-292]
TERMINI ZUM 2. KAPITEL
Autorensprache, die (-en), авторская речь; части текста, в
Autorrede, die (-n) которых автор обращается к читателю непосредственно от себя
Bericht, der сообщение
Beschreibung, die описание (статическое)
Darstellungsart, die способ изложения,
direkte Rede, wörtliche Rede прямая речь
Er-Erzähler = der auktoriale Erzähler автор-повествователь в форме «он» = аукториальный повествователь
Erlebnisbericht, der сообщение опереживании
Erlebte Rede внутренний монолог, несобст венно-прямая речь, пережитая речь
Erörterung, die, Erörtern, das разъяснение, рассуждение
Erzählperspektive, die перспектива повествования
Erzählung, die рассказ
Figurenrede, (-n) воспроизведение высказываний и мыслей героя в прямой реч
Figurensprache, die (-n), речь персонажа,
Ich-Erzähler = der personale Erzähler автор-повествователь в форме «я» = персональный повествователь
Indirekte Rede косвенная речь
Mitteilung, die краткое информационное сообщение
Räumliches Nebeneinander, das соположение фактов
Rededarstellung, die (-en) вид синтаксического построения высказывания, архитектонико-речевая форма
Schilderung, die, Schildern, das описание (динамическое)
Sprachporträt, das речевая характеристика персонажа
Stimmungsbericht, der сообщение о настроении
Vorgangsbericht, der сообщение о событии
Zeitabfolge, die временная последовательность
Zustandsbericht, der сообщение о состоянии
Darstellungsart, die композиционно-речевая форма
AUFGABEN ZUM 2. KAPITEL
1. Bestimmen Sie die Kompositionsform und analysieren Sie folgende
Texte!
I. «Als im vergangenen Jahr Untersuchungen zweier französischer Wissenschaftler und die darauffolgenden Nachforschungen eines japanischen Teams in der Großen Pyramide von Gizeh, der Cheops-Pyramide, breite Diskussionen unter Ägyptologen und Altertumsforscher hervorgerufen hatten, wartete man gespannt auf die für April angekündigten Ergebnisse der Untersuchungen. Diese blieben aus…
Im September nun ist das japanische Forschungsteam von der Waseda Universität an die Pyramiden zurückgekehrt, wo sie mit einer überraschender Erklärung an die Öffentlichkeit traten: die japanischen Wissenschaftler seien zu einer vollkommen neuen Theorie hinsichtlich der Pyramiden-Region von Gizeh gelangt.
Bisher gingen die Ägyptoligen einhellig davon aus, dass die Sphinx als Bewacher der als Königsgräber angelegten Pyramiden rund 2700 v.u.Z. errichtet worden war. Die japanischen Wissenschftler ziehen diese Auffasungen nun in Zweifel ..». [Brandes, Provotorov: 20]
II. «In der Mitte des Raumes steht ein schwerer, eichener Tisch, überspannt mit einer weißen Decke, darauf zwölf schlichte Gläser. An den dunklen Wänden, einander gegenüber, hängen zwei Porträts … . Rechts in der Ecke ein Regal mit Literatur, Büchern und Journalen.
Das schmale Fenster ist von bizarren Tüllgardinen verhangen. Der bronzene Leuchter spendet ein recht zaghaftes, schwaches Licht.» [Brandes, Provotorov: 21]
III. «Die Sportmedizin geht davon aus, dass Funktion und Struktur aller Organe wesentlich von der Größe der an sie gerichteten Belastung bestimmt werden. Zu geringe Bewegungsanforderungen führen zur Minderung ihrer Funktion. Um die den Menschen bei der Geburt mitgegebenen Anlagen für die im späteren Leben notwendigen phsychischen Fähigkeiten zu erhalten und weiter zu entwickeln, ist es notwendig, seinen Körper regelmäßig etwas stärker zu belasten. Nicht die einmalige Aktion, sondern allein die immer wiederkehrende Anforderung vermag den Organismus zu stimulieren, sich höheren Belastungen anzupassen…» [Brandes, Provotorov: 21].
Aus stilistischer Sicht
Mittel der Bildkraft
Auch die Mittel des bildlichen Ausdrucks sind für die ''Kunst des Treffens'' von großer Bedeutung. Als Mittel der Bildkraft werden in der Rede beliebiger kommunikativer Bereiche Bildhaftigkeit und Bildlichkeit behandelt. Beiden Bezeichnungen liegt das Wort „Bild“ zugrunde, jedoch in verschiedener Bedeutung.
Die Bildhaftigkeit erwächst aus der lexikalischen Struktur von Einzelwörter und Wendungen aufgrund direkter (eigentlicher) Bedeutung. E. Riesel versteht unter der Bildhaftigkeit „jede anschaulich-sinnfällige Darstellung eines Gegenstands oder einer Erscheinung“ [Riesel; 130] Zu den Mitteln der Bildhaftigkeit (im weitesten Sinne des Wortes) gehören die richtige Wortwahl aus thematischen und synonymischen Reihen, die passende funktionale Verwendung von Wörtern verschiedener Stilfärbung.
Die Bildlichkeit entsteht aufgrund syntagmatisch bedingter Bedeutungsübertragung oder eines Begriffsaustausches. Unter der Bildlichkeit versteht E. Riesel „das Ergebnis eines Zusammentreffens zweier Begriffe aus verschiedenen Begriffssphären, das Werden einer neuen begrifflichen Qualität durch Nebeneinanderstellung oder Austausch eben dieser zwei in Verbindung geratenen Begriffe.“ [Riesel: 130]
Vergleiche
Wegen seiner Stellung zwischen den Mitteln der Bildhaftigkeit und der Bildlichkeit bietet der Vergleich gewisse Klassifikationsschwierigkeiten. Der Vergleich (sowohl der individuelle als auch der gemeinsprachliche) verbindet zwei Wörter aus verschiedenen Begriffsbezirken und ruft durch die bloße Nebeneinanderstellung sprachökonomisch eine Fülle von bildhaften Assoziationen hervor. Wird z. B. von einem Menschen gesagt, dass er wie ein Löwe kämpft, so werden die zwei Substantive Mensch und Löwe zueinander in Beziehung gebracht; dies löst eine schnell vorbeiziehende Serie von Einzelbildern aus und erweckt eine neue Vorstellung: mutiger, tapferer Mensch. Obwohl es sich hier um einen gemeinsprachlichen, ja sogar stehenden Vergleich handelt, ist seine Bildkraft doch noch nicht verblasst.
Jeder Vergleich besitzt eine Vergleichsbasis (nach der traditionellen Terminologie: „tertium comparations“, d. h. das Dritte des Vergleichs; das Verbindende, das Gemeinsame zwischen den beiden Komponenten des Vergleichs).
Wenn man im Alltagsstil sagt: Diese Frau ist so dick wie eine Litfasssäule (d. h. Anschlagsäule), so ist die Vergleichbasis augenfällig-konkret (der große Umfang); wenn es idiomatisch heißt: Er sieht aus wie sieben Tage Regenwetter, so liegt das Gemeinsame der Vergleichs in einer Gefühlsstimmung: trüb das Wetter, trüb die Stimmung, trüb der Gesichsausdruck. Und doch ist auch dieser Vergleich bildhaft.
1. Nach der pragmatischen Wirkung unterscheidet man:
a)rational präzisierende Vergleiche, d. h. Vergleiche aufgrund direkter (eigentlicher) Bedeutung, mit rationaler, objektiv-präzisierender Aussageabsicht. Sie gehören zweifellos zu den Mitteln der Bildhaftigkeit.
So sagt die Mutter mit Stolz: Mein Sohn ist ebenso groß wie der Vater. Damit stellt sie objektiv und wahrheitsgetreu fest, dass ihr Mann und der Junge von gleicher Größe sind. Rational-präzisierende Vergleiche stecken oft in der eigentlichen Bedeutung adjektivischer und substantivischer Kleinkontexte (Komposita): honigsüß, messerscharf, Kirschenmund, mit Bienenfleiß (arbeiten). Die wissenschaftliche Prosa neigt zu sachlichen Vergleichen. Termini und Fachausdrücke unterschiedlicher Bereiche können objektiv-präzisierende Vergleiche im Bestimmungswort enthalten. Ein Mantelgesetz ist ein Gesetz, das wie ein Mantel mehrere allgemeine Bestimmungen umfasst, die erst im weiteren durch spezielle Verordnungen geregelt werden; ein gleiches Bild enthält das Synonym Rahmengesetz.
b) metaphorisch-hyperbolische Vergleiche, d. h. Vergleiche aufgrund metaphorischer, uneigentlicher Bedeutung, meist hyperbolisch zugespitzt, emotional und subjektiv bewertend: Du hast ja Nerven wie Stricke, sagt man bewundernd oder je nach der Situation auch gutmütig-spottend zu jemand, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, also zu einem nervenstarken Menschen.
2. Nach der Strukturunterscheidet man:
a)einfache Vergleiche und b) erweiterte Vergleiche.
Die einfachen Vergleiche bestehen aus einer Wortgruppe. Sie werden durch wie, als, als ob eingeleitet: er ist so alt wie du; sie ist älter als mein Bruder; Du tust so, als ob du ein kleines Kind wärest. Als knappste Form des Vergleichs darf man ein Kompositum ansehen, in dem der Vergleich im Bestimmungswort eingeschlossen ist.
Die erweiterten Vergleiche enthalten eine beliebige nähere Bestimmung des Begriffs, mit dem verglichen wird: Alltagssprache ist ein bescheidenes Thema, das sich unter den anderen Vortragsthemen ausnimmt wie ein Dackel in einer Versammlung von Berhardinern. [Trier]
3. Nach der Häufigkeit und Verbreitung unterscheidet man:
a)gemeinsprachliche Vergleiche und b) individuelle (okkasionelle) Vergleiche.
Die gemeinsprachlichen Vergleiche werden überall gebraucht. In der schönen Literatur, in der Publizistik, manchmal auch im Alltagsverkehr stoßen wir oft auf Einmalbildungen: Gerüchte waren wie ein Schwarm Krähen aufgeflogen. Der Flug der Krähen gleicht einer Sonate, voll verblichener Akkordeund männlicher Schwermut. [Remarque] Der letzte Vergleich ist auf rein subjektiver Basis aufgebaut, auf individuellen Phantasie- und Gefühlsvorstellungen. Betrachten wir zwei Vergleiche über das Lachen eines Menschen: Er lachte sein sanftes gutturales Lachen, das klang, als gluckste eine Quelle in seiner Brust. – Er lachte wie sechs Truthähne.[Remarque] Das erste Textbeispiel ist mit einem aus dem Leben gegriffenen Bild leicht vorstellbar, das zweite hingegen überrascht durch Unvorhersehbarkeit einer solchen Feststellung und befremdet.
Der stilistische Ausdruckswert der Vergleiche hängt von dem jeweiligen Kontext ab. Die Vergleiche können vom Rational-Präzisierenden über das Hyperbolisch-Emotionale bis zum Irrationalen führen. Die rational-präzisierenden Vergleiche verstärken Konkretheit, Anschaulichkeit der Äußerung, bei metaphorisch-hyperbolischen Vergleichen treten Bildkraft, Expressivität und subjektive Wertung in den Vordergrund. Dieses Stilistikum ist – in eigentlicher oder uneigentlicher Bedeutung – mehr oder weniger in allen Bereichen des gesellschaftlichen Sprachverkehrs verbreitet.
Metaphern
Hauptmittel der bildlichen Ausdrucksweise ist die Metapher, eine Erscheinung, die nicht als Einzelwort, sondern als kleines „Stück Text“ zu verstehen ist. [Riesel, Schendels: 213] Mittel des bildlichen Ausdrucks auf Grund übertragener Bedeutung sind die Tropen und eine der Arten von Tropen ist die Metapher. Unter der Metapher versteht man die Übertragung der Namensbezeichnung von einem Gegenstand auf einen anderen, von einer Erscheinung auf eine andere, unter der Voraussetzung, dass „eine äußere oder innere Ähnlichkeit … diese Übertragung rechtfertigt.“ [Riesel: 134] Man spricht gewöhnlich über lexikalische und stilistische Metaphern.
1. Lexikalische Metaphern. Die metaphorische Bedeutung kann sich im Verlauf der historischen Entwicklung verfestigen und zu Bedeutungswandel führen, dann spricht man von lexikalischer Metapher: begreifen ursprünglich „anfassen“, „abtasten“, hell der Farbe > hell der Tonart, Fliege > Krawatte. [Ivleva: 62] Nach ihrer Genesis unterscheidet man zwei Arten der Metaphern:
a) die Metaphern, bei denen das Sem der bildlichen Übertragung sich innerhalb einer lexischen Struktur befindet: In diesen Kähnen laufe ich mir die Blasen über Blasen. Kähne ist als Pluraletantum in den Soldatenjargon eingegangen – eine saloppe Bezeichnung für ausgetretene Schuhe. Auch Fremdsprachler, die diese Sonderbedeutung innerhalb der lexischen Struktur von Kahn (Boot) nicht kennen, erraten den Sinn dieser Metapher leicht, weil man sich ja nur durch schlechte Fußbekleidung Blasen laufen kann. Feuer lodert aus seinem Mund, d.h. der Vortragende versetzt das Publikum durch seine leidenschaftlichen Worte in B