Meine Mutter sagte zu mir: «Steh auf, Ludwig, und mache den Herrschaften dein Kompliment», und ich habe es gemacht
10 Da hat er zu mir gesagt, was ich bin, und ich habe gesagt, ich bin ein Lateinschüler. Und meine Mutter sagte: «Er war in der ersten Klasse und darf aufsteigen. Im Lateinischen hat er die Note zwei gekriegt.»
11 Er hat mich auf den Kopf getätschelt und hat gesagt: «Ein gescheiter Junge; du kannst einmal zu uns kommen und mit meinem Arthur spielen. Er ist so alt wie du.»
Dann hat er meine Mutter gefragt, wie viel sie Geld kriegt im Monat, und sie ist ganz rot geworden und hat gesagt, dass sie hundert zehn Mark kriegt.
13 Er hat zu seiner Frau hinübergeschaut und hat gesagt: «Emilie, noch nicht vierzig Taler.»
Und sie hat wieder ihren Zwicker vor die Augen gehalten.
15 Dann sind sie gegangen, und er hat gesagt, dass man es noch gehört hat: «Ich möchte bloß wissen, von was diese Leute leben.»
16 Am andern Tag habe ich den Arthur gesehen. Er war aber nicht so groß wie ich und hat lange Haare gehabt bis auf die Schultern und ganz dünne, lange Füße. Das habe ich gesehen, weil er eine Pumphose anhatte. Es war noch ein Mann dabei mit einer Brille auf der Nase. Das war sein Instruktor. Sie sind beim Rafenauer gestanden, wo die Leut Heu gerecht haben.
Der Arthur hat hingedeutet und hat gefragt: «Was tun die da machen?»
18 Und der Instruktor hat gesagt: «Sie fassen das Heu auf. Wenn es genügend gedörrt ist, werden die Tiere damit gefüttert.»
Der Scheck Lorenz war bei mir, und wir haben uns versteckt, weil wir so gelacht haben.
Beim Essen hat meine Mutter gesagt: «Der Herr ist wieder dagewesen und hat gesagt, du sollst Nachmittag seinen Sohn besuchen.»
21 Ich sagte, dass ich lieber mit dem Lenz zum Fischen gehe, aber Anna hat mich gleich angefahren, dass ich nur mit Bauernlümmeln herum laufen will, und meine Mutter sagte: «Es ist gut für dich, wenn du mit feinen Leuten zusammen bist. Du kannst Manieren lernen.»
22 Da hab ich müssen, aber es hat mich nicht gefreut. Ich habe die Hände gewaschen und den schönen Rock angezogen, und dann bin ich hingegangen. Sie waren gerade beim Kaffee, wie ich gekommen bin. Der Herr war da und die Frau und ein Mädchen; das war so alt wie unsere Anna, aber schöner angezogen und viel dicker. Der Instruktor war auch da mit dem Arthur.
23 «Das ist unser junger Freund, sagte der Herr. «Arthur, gib ihm die Hand!» Und dann fragte er mich: «Nun, habt ihr heute wieder Knödel gegessen?»
Ich sagte, dass wir keine gegessen haben, und ich habe mich hingesetzt und einen Kaffee gekriegt. Es ist furchtbar fad gewesen. Der Arthur hat nichts geredet und hat mich immer angeschaut, und der Instruktor ist auch ganz still da gesessen.
Da hat ihn der Herr gefragt, ob Arthur sein Pensum schon fertig hat, und er sagte, ja, es ist fertig; es sind noch einige Fehler darin, aber man merkt schon den Fortschritt.
26 Da sagte der Herr: «Das ist schön, und Sie können heute Nachmittag allein spazieren gehen, weil der junge Lateinschüler mit Arthur spielt.»
Der Instruktor ist aufgestanden, und der Herr hat ihm eine Zigarre gegeben und gesagt, er soll Obacht geben, weil sie so gut ist.
28 Wie er fort war, hat der Herr gesagt: «Es ist doch ein Glück für diesen jungen Menschen, dass wir ihn mitgenommen haben. Er sieht auf diese Weise sehr viel Schönes.»
29 Aber das dicke Mädchen sagte: «Ich finde ihn gräßlich; er macht Augen auf mich. Ich fürchte, dass er bald dichtet, wie der letzte.»
Der Arthur und ich sind bald aufgestanden, und er hat gesagt, er will mir seine Spielsachen zeigen.
31 Er hat ein Dampfschiff gehabt. Das wenn man aufgezogen hat, sind die Räder herumgelaufen, und es ist schön geschwommen. Es waren auch viele Bleisoldaten und Matrosen darauf, und Arthur hat gesagt, es ist ein Kriegsschiff und heißt «Preußen». Aber beim Scheck war kein großes Wasser, dass man sehen kann, wie weit es schwimmt, und ich habe gesagt, wir müssen zum Rafenauer hingehen, da ist ein Weiher, und wir haben viel Spaß dabei.
Es hat ihn gleich gefreut, und ich habe das Dampfschiff getragen.
Sein Papa hat gerufen: «Wo geht ihr denn hin, ihr Jungens?» Da habe ich ihm gesagt, dass wir das Schiff im Rafenauer seinem Weiher schwimmen lassen.
34 Die Frau sagte: «Du darfst es aber nicht tragen, Arthur. Es ist zu schwer für dich.» Ich sagte, dass ich es trage, und sein Papa hat gelacht und hat gesagt: «Das ist ein starker Bayer; er isst alle Tage Lunge und Knödel. Hahaha!»
35 Wir sind weiter gegangen hinter dem Scheck, über die große Wiese.
Der Arthur fragte mich: «Gelt, du bist stark?»
37 Ich sagte, dass ich ihn leicht hinschmeißen kann, wenn er es probieren will.
38 Aber er traute sich nicht und sagte, er wäre auch gerne so stark, dass er sich von seiner Schwester nichts mehr gefallen lassen muss.
Ich fragte, ob sie ihn haut.
Er sagte nein, aber sie macht sich so gescheit, und wenn er eine schlechte Note kriegt, redet sie darein, als ob es sie was angeht.
41 Ich sagte, das weiß ich schon; das tun alle Mädchen, aber man darf sich nichts gefallen lassen. Es ist ganz leicht, dass man es ihnen vertreibt, wenn man ihnen rechte Angst macht.
Er fragte, was man da tut, und ich sagte, man muss ihnen eine Blindschleiche in das Bett legen. Wenn sie darauf liegen, ist es kalt, und sie schreien furchtbar. Dann versprechen sie einem, dass sie nicht mehr so gescheit sein wollen.
43 Arthur sagte, er traut sich nicht, weil er vielleicht Schläge kriegt. Ich sagte aber, wenn man sich vor den Schlägen fürchten möchte, darf man nie keinen Spaß haben, und da hat er mir versprochen, dass er es tun will.
44 Ich habe mich furchtbar gefreut, weil mir das dicke Mädchen gar nicht gefallen hat, und ich dachte, sie wird ihre Augen noch viel stärker aufreißen, wenn sie eine Blindschleiche spürt. Er meinte, ob ich auch gewiss eine finde. Ich sagte, dass ich viele kriegen kann, weil ich in der Sägemühle ein Nest weiß.