Die Zwillinge sind zitternd ins Bett gesprungen.
24 Mutti stellt sich, mit ausgebreiteten Armen, schützend vor das Bett. „Niemals, Herr Palfy!“
25 Aber der Vater schiebt sie beiseite und beginnt, vom Kopfende her, das Bett durchzusägen. Die Säge kreischt so, dass man friert, und sägt das Bett Zentimeter auf Zentimeter der Länge nach durch.
26 „Lasst euch los!“ befiehlt der Vater.
27 Die Säge kommt den ineinandergefalteten Geschwisterhänden immer näher, immer näher! Gleich ritzt sie die Haut! - Mutti weint herzzerbrechend.
28 Man hört die Hexe kichern.
29 Da endlich geben die Kinderhände nach.
30 Die Säge schneidet zwischen ihnen das Bett endgültig auseinander, bis zwei Betten, jedes auf vier Füßen, daraus geworden sind.
31 „Welchen Zwilling wollen Sie haben, Frau Körner?“
„Beide, beide!“
32 „Bedaure“, sagt der Mann. „Gerechtigkeit muss sein. Na, wenn Sie sich nicht entschließen können, - ich nehm die da! Mir ist es eh gleich. Ich kenn sie ja doch nicht auseinander.“ Er greift nach dem einen Bett. „Welche bist du denn?“
33 „Das Luiserl!“ ruft diese. „Aber du darfst das nicht tun!“
34 „Nein“, schreit nun Lotte. „Ihr dürft uns nicht halbieren!“
35 „Haltet den Mund!“ erklärt der Mann streng. „Eltern dürfen alles!“
Damit geht er, das eine Bett an einer Schnur hinter sich herziehend, auf das Pralinenhaus zu. Der Schokoladenzaun springt von selber auf. Luise und Lotte winken einander verzweifelt zu.
37 „Wir schreiben uns!“ brüllt Luise.
38 „Postlagernd!“ schreit Lotte. „Vergissmeinnicht München 18!“
39 Der Vater und Luise verschwinden im Haus. Dann verschwindet auch das Haus, als würde es weggewischt.
40 Mutti umarmt Lotte und sagt traurig: „Nun sind wir beide vaterseelenallein.“ Plötzlich starrt sie das Kind unsicher an. „Welches meiner Kinder bist du denn? Du siehst aus wie Lotte!“
41 „Ich bin ja Lotte!“
42 „Nein, du siehst aus wie Luise!“
43 „Ich bin doch Luise!“
44 Die Mutter blickt dem Kind erschrocken ins Gesicht und sagt, seltsamerweise mit Vaters Stimme: „Einmal Locken! Einmal Zöpfe! Dieselben Nasen! Dieselben Köpfe!“
45 Lotte hat jetzt links einen Zopf, rechts Locken wie Luise. Tränen rollen ihr aus den Augen. Und sie murmelt trostlos: „Nun weiß ich selber nicht mehr, wer von uns beiden ich bin! Ach, die arme Hälfte!“
Siebentes Kapitel
Wochen sind vergangen – Peperl hat sich abgefunden – Eierkuchen haben keine Knochen – Alles hat sich verändert, besonders die Resi – Kapellmeister Palfy gibt Klavierstunden – Frau Körner macht sich Vorwürfe – Anni Habersetzer kriegt Watschen – Ein Wochenende, schön wie nichts auf der Welt!
1 Wochen sind seit jenem ersten Tag und jener ersten Nacht in der fremden Welt und unter fremden Menschen ins Land gegangen. Wochen, in denen jeder Augenblick, jeder Zufall und jede Begegnung (каждый случай, случайность и каждая встреча) Gefahr und Entdeckung (опасность и обнаружение: die Gefahr – опасность) mit sich bringen konnten. Wochen mit sehr viel Herzklopfen und manchem postlagernden Brief (и многими: «некоторыми» письмами, не одним письмом до востребования), der neue dringende Auskünfte heischte (которое требовало новых сведений: die Auskunft – справка, информация).
2 Es ist alles gut gelaufen (все прошло хорошо, все обошлось). Ein bisschen Glück war wohl auch dabei. Luise hat das Kochen „wieder“ gelernt. Die Lehrerinnen in München haben sich einigermaßen damit abgefunden (в некоторой степени примирились с тем), dass die kleine Körner aus den Ferien weniger fleißig, ordentlich und aufmerksam (менее прилежной, аккуратной и внимательной), dafür aber um so lebhafter (но зато тем живее, гораздо живее, энергичнее) und „schlagfertiger“ (более бойкой, находчивой) zurückgekehrt ist.
3 Und ihre Wiener Kolleginnen haben rein gar nichts dagegen (вовсе ничего не имели против; rein – чисто, начисто), dass die Tochter des Kapellmeisters Palfy neuerdings (теперь) besser aufpasst (внимательнее слушает) und besser multiplizieren (умножать) kann. Erst gestern hat Fräulein Gstettner im Lehrerzimmer zu Fräulein Bruckbaur ziemlich geschwollen (напыщенно) gesagt: „Die Entwicklung Luises zu beobachten (наблюдать развитие), liebe Kollegin, ist für jedes pädagogische Auge ein lehrreiches Erlebnis (поучительный опыт: «переживание»). Wie sich hier aus Überschwang (из преизбытка) des Temperaments still wirkende (тихо действующая), beherrschte Kraft (управляемая сила) herausgebildet hat (сформировалась), aus Übermut (из шаловливости: der Übermut), Heiterkeit (веселости; heiter – веселый, беззаботный) und aus naschhaftem Wissensdurst (из страстной жажды знаний; naschen – любить сладкое; тайком лакомиться; украдкой таскать сладости; der Durst - жажда) ein stetiger ins Kleinste gehender Bildungswille (постоянная, устойчивая, проникающая в малейшие детали воля к образованию; die Bildung – образование), - also, liebe Kollegin, das ist einzigartig (уникально, единственно в своем роде: einzig – единственный + die Art - вид)! Und vergessen Sie eines nicht, diese Verwandlung (превращение; verwandeln – превратить), diese Metamorphose eines Charakters in eine höhere, gebändigte Form (в высшую, обузданную форму) geschah völlig aus sich heraus (произошло полностью, совершенно само по себе: «из себя /наружу/»: geschehen – случаться, происходить), ohne jeden erzieherischen Druck von außen (безо всякого воспитательного давления извне; erziehen – воспитывать; drücken – давить)!“
4 Fräulein Bruckbaur hat gewaltig genickt (энергично кивала; die Gewalt – сила, власть; насилие) und erwidert (ответила /о реплике/): „Diese Selbstentfaltung (самораскрытие; die Falte – складка) des Charakters, dieser Eigenwille («своеволие» = воля личности) zur Form zeigt sich auch im Wandel von Luises Schrift (в изменении почерка: der Wandel)! Ich sag ja immer, dass Schrift und Charakter …“ Aber wir wollen es uns schenken anzuhören (но мы, пожалуй, не будем слушать, пощадим себя), was Fräulein Bruckbaur immer sagt!
5 Vernehmen (послушаем, узнаем) wir lieber, in rückhaltsloser Anerkennung (c истинным одобрением, не сдерживая одобрения), dass Peperl, der Hund des Hofrats Strobl, seit einiger Zeit den alten Brauch wieder aufgenommen hat (возобновил: «снова взял, принял» старый обычай), dem kleinen Mädchen am Tisch des Herrn Kapellmeisters Grüß Gott zu sagen. Er hat sich, obwohl es über seinen Hundeverstand geht (хотя это превышает его собачий разум), damit abgefunden, dass das Luiserl nicht mehr wie das Luiserl riecht (пахнет). Bei den Menschen ist so vieles möglich, warum nicht auch das? Außerdem, neuerdings isst die liebe Kleine nicht mehr so oft Eierkuchen, statt dessen (вместо этого) mit großem Vergnügen (с большим удовольствием: das Vergnügen) Fleischernes (мясное). Wenn man nun bedenkt (если же принять во внимание), dass Eierkuchen keine Knochen haben, Koteletts hingegen (же, напротив) in erfreulicher Häufigkeit (к счастью, весьма много /имеют костей/: «в радостной частоте»), so kann man doppelt verstehen (тем более: «вдвойне» можно понять), dass das Tier seine Zurückhaltung überwunden hat (что животное преодолело свою сдержанность, смущение: überwinden).
6 Wenn Luises Lehrerinnen schon finden, dass sich Luise in erstaunlicher Weise (удивительным образом) verwandelt hat, - was sollten sie erst zu Resi sagen (чтобы они сказали в отношении Рези), wenn sie Resi, die Haushälterin, näher kennten (ближе бы знали)? Denn Resi, das steht außer Frage (без сомнения: «это стоит вне вопроса»), ist tatsächlich (действительно; die Tatsache – факт) ein völlig anderer Mensch geworden. Sie war vielleicht gar nicht von Grund auf (не от природы: «основания») betrügerisch (cклонная к обману, мошенничеству; betrügen – обманывать), schlampert (/южно-нем./ = schlampig – неряшливая) und faul? Sondern nur, weil das scharfe Auge fehlte, das alles überwacht (наблюдает, следит) und sieht?
7 Seit Lotte im Haus ist und sanft, doch unabwendbar (неотступно; abwenden - предотвращать) alles prüft (проверяет), alles entdeckt, alles weiß, was man über die Küche und Keller wissen kann, hat sich Resi zu einer „ersten“ Kraft entwickelt (развилась в силу первой величины).
8 Lotte hat den Vater überredet (уговорила), das Wirtschaftsgeld (деньги на хозяйство; die Wirtschaft – хозяйство, экономика; der Wirt – хозяин) nicht länger der Resi, sondern ihr auszuhändigen (выдавать). Und es ist einigermaßen komisch (несколько, в некоторой степени странно, комично), wenn Resi anklopft (стучится) und ins Kinderzimmer tritt, um sich von dem neunjährigen Kinde, das ernst am Pult sitzt und seine Schulaufgaben macht, Geld geben zu lassen (получить деньги, чтобы та дала ей деньги). Sie berichtet gehorsam (сообщает, рассказывает послушно), was sie einkaufen muss, was sie zum Abendbrot auftischen (подать на ужин) will und was sonst (что еще: «кроме, помимо») im Haushalt nötig ist (нужно в хозяйстве: der Haushalt).
9 Lotte überschlägt rasch die Kosten (быстро подсчитывает стоимость, «траты»), nimmt das Geld aus dem Pult, zählt es Resi hin (отсчитывает), schreibt den Betrag (сумму) in ein Heft, und abends wird dann am Küchentisch gewissenhaft (на совесть, старательно; das Gewissen – совесть) abgerechnet (подсчитывается).
10 Sogar dem Vater ist es aufgefallen (даже отцу бросилось в глаза, даже он заметил), dass der Haushalt früher mehr gekostet hat, dass jetzt, obwohl er weniger Geld gibt, regelmäßig (регулярно) Blumen auf dem Tisch stehen, auch drüben im Atelier am Ring, und dass es in der Rotenturmstraße richtig heimelig (по-настоящему уютно: «домашне») geworden ist. (‘So, als wäre eine Frau im Haus’, hat er neulich (недавно) gedacht! Und über diesen Gedanken war er nicht schlecht erschrocken (был немало напуган)!)
11 Dass er jetzt öfter und länger in der Rotenturmstraße sitzt, ist nun wieder Fräulein Irene Gerlach, der Pralinendame, aufgefallen. Und sie hat den Herrn Kapellmeister deswegen gewissermaßen zur Rede gestellt (из-за этого в некотором смысле потребовала отчета, объяснения). Sehr vorsichtig (осторожно) natürlich, denn Künstler sind empfindlich (чувствительны, обидчивы; empfinden – чувствовать, воспринимать)!
12 „Ja weißt“, hat er gesagt, „neulich komm ich doch dazu, wie das Luiserl am Klavier sitzt und stillvergnügt auf den Tasten klimpert (бренчит по клавишам). Und dazu singt sie ein kleines Liedchen, einfach herzig! Wo sie doch früher nicht ans Klavier gegangen wäre (в то время как раньше она не подошла бы к пианино), und wenn man sie hingeprügelt hätt (если бы ее даже побили)!“
13 „Und (ну и что)?“ hat Fräulein Gerlach gefragt und die Brauen bis an den Haaransatz hinaufgezogen (высоко подняв брови: «до того места, где начинаются волосы»: die Braue).
14 „Und?“ Der Herr Palfy hat verlegen (смущенно) gelacht. „Seitdem geb ich ihr Klavierunterricht (der Unterricht –занятие, уроки)! Es macht ihr höllischen Spaß (доставляет ей ужасное: «адское» удовольствие; die Hölle – ад). Mir übrigens auch (мне впрочем тоже).“
15 Fräulein Gerlach hat sehr verächtlich (презрительно; achten – уважать; verachten – презирать) geblickt. Denn sie ist eine geistig hochstehende Persönlichkeit (духовно высоко стоящая личность; der Geist – дух). Dann hat sie spitz (колко, язвительно) erklärt: „Ich dachte, du wärst Komponist und nicht Klavierlehrer für kleine Mädchen.“
16 Früher hätte das dem Künstler Ludwig Palfy niemand mitten ins Gesicht (прямо в лицо; mitten - посреди, в середину) sagen dürfen! Heute hat er wie ein Schulbub (школьник; der Bube – мальчик) gelacht und gerufen: „Aber ich hab ja noch nie im Leben so viel komponiert wie gerade jetzt! Und noch nie so was Gutes!“
17 „Was wird’s denn werden?“
„Eine Kinderoper“, hat er geantwortet.
1 Wochen sind seit jenem ersten Tag und jener ersten Nacht in der fremden Welt und unter fremden Menschen ins Land gegangen. Wochen, in denen jeder Augenblick, jeder Zufall und jede Begegnung Gefahr und Entdeckung mit sich bringen konnten. Wochen mit sehr viel Herzklopfen und manchem postlagernden Brief, der neue dringende Auskünfte heischte.
2 Es ist alles gut gelaufen. Ein bisschen Glück war wohl auch dabei. Luise hat das Kochen „wieder“ gelernt. Die Lehrerinnen in München haben sich einigermaßen damit abgefunden, dass die kleine Körner aus den Ferien weniger fleißig, ordentlich und aufmerksam, dafür aber um so lebhafter und „schlagfertiger“ zurückgekehrt ist.
3 Und ihre Wiener Kolleginnen haben rein gar nichts dagegen, dass die Tochter des Kapellmeisters Palfy neuerdings besser aufpasst und besser multiplizieren kann. Erst gestern hat Fräulein Gstettner im Lehrerzimmer zu Fräulein Bruckbaur ziemlich geschwollen gesagt: „Die Entwicklung Luises zu beobachten, liebe Kollegin, ist für jedes pädagogische Auge ein lehrreiches Erlebnis. Wie sich hier aus Überschwang des Temperaments still wirkende, beherrschte Kraft herausgebildet hat, aus Übermut, Heiterkeit und aus naschhaftem Wissensdurst ein stetiger ins Kleinste gehender Bildungswille, - also, liebe Kollegin, das ist einzigartig! Und vergessen Sie eines nicht, diese Verwandlung, diese Metamorphose eines Charakters in eine höhere, gebändigte Form geschah völlig aus sich heraus, ohne jeden erzieherischen Druck von außen!“
4 Fräulein Bruckbaur hat gewaltig genickt und erwidert: „Diese Selbstentfaltung des Charakters, dieser Eigenwille zur Form zeigt sich auch im Wandel von Luises Schrift! Ich sag ja immer, dass Schrift und Charakter …“ Aber wir wollen es uns schenken anzuhören, was Fräulein Bruckbaur immer sagt!
5 Vernehmen wir lieber, in rückhaltsloser Anerkennung, dass Peperl, der Hund des Hofrats Strobl, seit einiger Zeit den alten Brauch wieder aufgenommen hat, dem kleinen Mädchen am Tisch des Herrn Kapellmeisters Grüß Gott zu sagen. Er hat sich, obwohl es über seinen Hundeverstand geht, damit abgefunden, dass das Luiserl nicht mehr wie das Luiserl riecht. Bei den Menschen ist so vieles möglich, warum nicht auch das? Außerdem, neuerdings isst die liebe Kleine nicht mehr so oft Eierkuchen, statt dessen mit großem Vergnügen Fleischernes. Wenn man nun bedenkt, dass Eierkuchen keine Knochen haben, Koteletts hingegen in erfreulicher Häufigkeit, so kann man doppelt verstehen, dass das Tier seine Zurückhaltung überwunden hat.
6 Wenn Luises Lehrerinnen schon finden, dass sich Luise in erstaunlicher Weise verwandelt hat, - was sollten sie erst zu Resi sagen, wenn sie Resi, die Haushälterin, näher kennten? Denn Resi, das steht außer Frage, ist tatsächlich ein völlig anderer Mensch geworden. Sie war vielleicht gar nicht von Grund auf betrügerisch, schlampert und faul? Sondern nur, weil das scharfe Auge fehlte, das alles überwacht und sieht?
7 Seit Lotte im Haus ist und sanft, doch unabwendbar alles prüft, alles entdeckt, alles weiß, was man über die Küche und Keller wissen kann, hat sich Resi zu einer „ersten“ Kraft entwickelt.
8 Lotte hat den Vater überredet, das Wirtschaftsgeld nicht länger der Resi, sondern ihr auszuhändigen. Und es ist einigermaßen komisch, wenn Resi anklopft und ins Kinderzimmer tritt, um sich von dem neunjährigen Kinde, das ernst am Pult sitzt und seine Schulaufgaben macht, Geld geben zu lassen. Sie berichtet gehorsam, was sie einkaufen muss, was sie zum Abendbrot auftischen will und was sonst im Haushalt nötig ist.
9 Lotte überschlägt rasch die Kosten, nimmt das Geld aus dem Pult, zählt es Resi hin, schreibt den Betrag in ein Heft, und abends wird dann am Küchentisch gewissenhaft abgerechnet.
10 Sogar dem Vater ist es aufgefallen, dass der Haushalt früher mehr gekostet hat, dass jetzt, obwohl er weniger Geld gibt, regelmäßig Blumen auf dem Tisch stehen, auch drüben im Atelier am Ring, und dass es in der Rotenturmstraße richtig heimelig geworden ist. (‘So, als wäre eine Frau im Haus’, hat er neulich gedacht! Und über diesen Gedanken war er nicht schlecht erschrocken!)
11 Dass er jetzt öfter und länger in der Rotenturmstraße sitzt, ist nun wieder Fräulein Irene Gerlach, der Pralinendame, aufgefallen. Und sie hat den Herrn Kapellmeister deswegen gewissermaßen zur Rede gestellt. Sehr vorsichtig natürlich, denn Künstler sind empfindlich!
12 „Ja weißt“, hat er gesagt, „neulich komm ich doch dazu, wie das Luiserl am Klavier sitzt und stillvergnügt auf den Tasten klimpert. Und dazu singt sie ein kleines Liedchen, einfach herzig! Wo sie doch früher nicht ans Klavier gegangen wäre, und wenn man sie hingeprügelt hätt!“
13 „Und?“ hat Fräulein Gerlach gefragt und die Brauen bis an den Haaransatz hinaufgezogen.
14 „Und?“ Der Herr Palfy hat verlegen gelacht. „Seitdem geb ich ihr Klavierunterricht! Es macht ihr höllischen Spaß. Mir übrigens auch.“
15 Fräulein Gerlach hat sehr verächtlich geblickt. Denn sie ist eine geistig hochstehende Persönlichkeit. Dann hat sie spitz erklärt: „Ich dachte, du wärst Komponist und nicht Klavierlehrer für kleine Mädchen.“
16 Früher hätte das dem Künstler Ludwig Palfy niemand mitten ins Gesicht sagen dürfen! Heute hat er wie ein Schulbub gelacht und gerufen: „Aber ich hab ja noch nie im Leben so viel komponiert wie gerade jetzt! Und noch nie so was Gutes!“
17 „Was wird’s denn werden?“
„Eine Kinderoper“, hat er geantwortet.
1 In den Augen der Lehrerinnen hat sich also Luise verändert. In den Augen des Kindes haben sich Resi und Peperl verändert. In den Augen des Vaters hat sich die Rotenturmstraße verändert. So etwas von Veränderei (сколько же изменений, сплошные изменения)!
2 Und in München hat sich natürlich auch allerhand (всякое = многое) verändert. - Als die Mutter gemerkt hat, dass Lottchen nicht mehr so häuslich (хозяйственная) und in der Schule nicht mehr so fleißig ist, dafür aber quirliger und lustiger als früher, da ist sie in sich gegangen (задумалась, погрузилась в себя) und hat zu sich selber also gesprochen: „Luiselotte, du hast aus einem fügsamen kleinen Wesen (из послушного маленького существа) eine Haushälterin gemacht, aber kein Kind! Kaum war sie ein paar Wochen mit Gleichaltrigen (с ровесниками: gleich – равный + das Alter – возраст) zusammen, im Gebirge, an einem See, - schon ist sie geworden, was sie immer hätte sein sollen (чем она всегда должа была быть): ein lustiges, von deinen Sorgen wenig beschwertes (твоими заботами мало обеспокоенная: «нагруженная») kleines Mädchen! Du bist viel zu egoistisch gewesen, pfui (ай-яй-яй /нехорошо/)! Freu dich, dass Lottchen heiter und glücklich ist! Mag sie getrost beim Abwaschen einen Teller zerschmettern (и пусть себе расколотит тарелку, ничего страшного в этом нет: «может она спокойно: «утешенно» при мытье посуды расколотить тарелку»)! Mag sie sogar von der Lehrerin einen Brief heimbringen: ‘Lottes Aufmerksamkeit, Ordnungsliebe und Fleiß lassen neuerdings leider bedenklich zu wünschen übrig (оставляют, к сожалению, значительно желать лучшего; übrig – излишний; übriglassen – оставлять /излишек/). Die Mitschülerin Anni Habersetzer hat von ihr gestern schon wieder vier heftige Watschen erhalten (получила четыре сильные пощечины: die Watsche /южно-нем./ = die Ohrfeige).’ Eine Mutter hat - und hätte sie noch so viele Sorgen (сколько бы у нее ни было забот) - vor allem die Pflicht (прежде всего обязанность, долг), ihr Kind davor zu bewahren (защитить, предохранить от того), dass es zu früh aus dem Paradies der Kindheit vertrieben wird (чтобы он не был слишком рано изгнан из рая детства: das Paradíes; vertreiben)!“
3 So und ähnlich hat Frau Körner ernst zu sich selber gesprochen, und eines Tages schließlich auch zu Fräulein Linnekogel, Lottes Klassenlehrerin. „Mein Kind“, hat sie gesagt, „soll ein Kind sein, kein zu klein geratener Erwachsener (а не маленьким взрослым: «взрослым, который получился маленьким»)! Es ist mir lieber, sie wird ein fröhlicher, leidenschaftlicher Racker (проказник, хулиган), als dass sie um jeden Preis Ihre beste Schülerin bleibt!“
4 „Aber früher hat Lotte doch beides recht gut zu vereinbaren gewusst (умела сочетать)“, hat Fräulein Linnekogel, leicht pikiert, erklärt.
5 „Warum sie das jetzt nicht mehr kann, weiß ich nicht. Als berufstätige Frau weiß man überhaupt zu wenig von seinem Kind. Irgendwie muss es mit den Sommerferien zusammenhängen (должно быть, это как-то связано с летними каникулами). Aber eines weiß und sehe ich: Dass sie’s nicht mehr kann! Und das ist entscheidend (решающее)!“
6 Fräulein Linnekogel hat energisch an ihrer Brille gerückt (подвинула = поправила). „Mir, als Erzieherin und Lehrerin Ihrer Tochter, sind leider andere Ziele gesteckt (поставлены другие цели: das Ziel). Ich muss und werde versuchen, die innere Harmonie des Kindes wieder herzustellen (внутреннюю гармонию … восстановить)!“
7 „Finden Sie wirklich, dass ein bisschen Unaufmerksamkeit in der Rechenstunde und ein paar Tintenkleckse (несколько чернильных клякс: die Tinte – чернила + der Klecks – клякса, пятно) im Schreibheft -“
8 „Ein gutes Beispiel, Frau Körner! Das Schreibheft! Gerade (как раз) Lottes Schrift zeigt, wie sehr das Kind die, ich möchte sagen, seelische Balance (душевное равновесие) verloren hat. Aber lassen wir die Schrift beiseite! Finden Sie es in Ordnung (Вы находите в порядке вещей), dass Lotte neuerdings Mitschülerinnen prügelt (избивает)?“
9 „Mitschülerinnen?“ Frau Körner hat die Endung absichtlich sehr betont gehabt (намеренно подчеркнула окончание; die Absicht - намерение). „Meines Wissens (насколько я знаю) hat sie nur die Anni Habersetzer geschlagen.“
„Nur?“
10 „Und diese Anni Habersetzer hat die Ohrfeigen redlich verdient (пощечины честно заслужила = получила по заслугам)! Von irgendwem muss sie sie ja schließlich kriegen!“
„Aber Frau Körner!“
11 „Ein großes, gefräßiges Ding (прожорливое существо), das seine Gehässigkeit (злобность) heimlich an den Kleinsten der Klasse auszulassen pflegt (имеет обыкновение тайно срывать на самых маленьких), sollte von der Lehrerin noch in Schutz genommen werden (и еще берется: «должна бы еще браться» под защиту учительницей).“
12 „Wie bitte? Wirklich? Davon weiß ich ja gar nichts (Что? На самом деле? Я об этом ничего не знаю)!“
13 „Dann fragen Sie nur die arme kleine Ilse Merck! Vielleicht erzählt die Ihnen einiges!“
14 „Und warum hat mir Lotte nichts gesagt, als ich sie bestraft habe (когда я ее наказала)?“
15 Da hat sich Frau Körner ein wenig in die Brust geworfen (осмелела, всхорохорилась, «выпятила грудь»; sich in die Brust werfen = sich brüsten – хвалиться, чваниться) und geantwortet: „Dazu fehlt es ihr wohl (для этого ей, видимо, не хватает) an der, um mit Ihnen zu sprechen (выражаясь Вашими словами: «чтобы говорить с Вами»), seelischen Balance!“ Und dann ist sie in den Verlag gesaust (помчалась). Um zurechtzukommen (чтобы прибыть вовремя), hat sie ein Taxi nehmen müssen. Zwei Mark dreißig. Ach, das liebe Geld (плакали денежки)!
1 In den Augen der Lehrerinnen hat sich also Luise verändert. In den Augen des Kindes haben sich Resi und Peperl verändert. In den Augen des Vaters hat sich die Rotenturmstraße verändert. So etwas von Veränderei!
2 Und in München hat sich natürlich auch allerhand verändert. - Als die Mutter gemerkt hat, dass Lottchen nicht mehr so häuslich und in der Schule nicht mehr so fleißig ist, dafür aber quirliger und lustiger als früher, da ist sie in sich gegangen und hat zu sich selber also gesprochen: „Luiselotte, du hast aus einem fügsamen kleinen Wesen eine Haushälterin gemacht, aber kein Kind! Kaum war sie ein paar Wochen mit Gleichaltrigen zusammen, im Gebirge, an einem See, - schon ist sie geworden, was sie immer hätte sein sollen: ein lustiges, von deinen Sorgen wenig beschwertes kleines Mädchen! Du bist viel zu egoistisch gewesen, pfui! Freu dich, dass Lottchen heiter und glücklich ist! Mag sie getrost beim Abwaschen einen Teller zerschmettern! Mag sie sogar von der Lehrerin einen Brief heimbringen: ‘Lottes Aufmerksamkeit, Ordnungsliebe und Fleiß lassen neuerdings leider bedenklich zu wünschen übrig. Die Mitschülerin Anni Habersetzer hat von ihr gestern schon wieder vier heftige Watschen erhalten.’ Eine Mutter hat - und hätte sie noch so viele Sorgen - vor allem die Pflicht, ihr Kind davor zu bewahren, dass es zu früh aus dem Paradies der Kindheit vertrieben wird!“
3 So und ähnlich hat Frau Körner ernst zu sich selber gesprochen, und eines Tages schließlich auch zu Fräulein Linnekogel, Lottes Klassenlehrerin. „Mein Kind“, hat sie gesagt, „soll ein Kind sein, kein zu klein geratener Erwachsener! Es ist mir lieber, sie wird ein fröhlicher, leidenschaftlicher Racker, als dass sie um jeden Preis Ihre beste Schülerin bleibt!“
4 „Aber früher hat Lotte doch beides recht gut zu vereinbaren gewusst“, hat Fräulein Linnekogel, leicht pikiert, erklärt.
5 „Warum sie das jetzt nicht mehr kann, weiß ich nicht. Als berufstätige Frau weiß man überhaupt zu wenig von seinem Kind. Irgendwie muss es mit den Sommerferien zusammenhängen. Aber eines weiß und sehe ich: Dass sie’s nicht mehr kann! Und das ist entscheidend!“
6 Fräulein Linnekogel hat energisch an ihrer Brille gerückt. „Mir, als Erzieherin und Lehrerin Ihrer Tochter, sind leider andere Ziele gesteckt. Ich muss und werde versuchen, die innere Harmonie des Kindes wieder herzustellen!“
7 „Finden Sie wirklich, dass ein bisschen Unaufmerksamkeit in der Rechenstunde und ein paar Tintenkleckse im Schreibheft -“
8 „Ein gutes Beispiel, Frau Körner! Das Schreibheft! Gerade Lottes Schrift zeigt, wie sehr das Kind die, ich möchte sagen, seelische Balance verloren hat. Aber lassen wir die Schrift beiseite! Finden Sie es in Ordnung, dass Lotte neuerdings Mitschülerinnen prügelt?“
9 „Mitschülerinnen?“ Frau Körner hat die Endung absichtlich sehr betont gehabt. „Meines Wissens hat sie nur die Anni Habersetzer geschlagen.“
„Nur?“
10 „Und diese Anni Habersetzer hat die Ohrfeigen redlich verdient! Von irgendwem muss sie sie ja schließlich kriegen!“
„Aber Frau Körner!“
11 „Ein großes, gefräßiges Ding, das seine Gehässigkeit heimlich an den Kleinsten der Klasse auszulassen pflegt, sollte von der Lehrerin noch in Schutz genommen werden.“
12 „Wie bitte? Wirklich? Davon weiß ich ja gar nichts!“
13 „Dann fragen Sie nur die arme kleine Ilse Merck! Vielleicht erzählt die Ihnen einiges!“
14 „Und warum hat mir Lotte nichts gesagt, als ich sie bestraft habe?“
15 Da hat sich Frau Körner ein wenig in die Brust geworfen und geantwortet: „Dazu fehlt es ihr wohl an der, um mit Ihnen zu sprechen, seelischen Balance!“ Und dann ist sie in den Verlag gesaust. Um zurechtzukommen, hat sie ein Taxi nehmen müssen. Zwei Mark dreißig. Ach, das liebe Geld!
1 Am Samstagmittag hat Mutti plötzlich den Rucksack gepackt und gesagt: „Zieh die festen (прочные) Schuhe an! Wir fahren nach Garmisch und kommen erst morgen Abend zurück!“
2 Luise hat ein bisschen ängstlich gefragt: „Mutti, - wird das nicht zu teuer?“
3 Der Frau Körner hat es einen kleinen Stich (укол = кольнуло в сердце; stechen - колоть) gegeben. Dann hat sie gelacht. „Wenn das Geld nicht reicht (не хватит), verkauf ich dich unterwegs (по пути, по дороге)!“
4 Das Kind hat vor Wonne (от блаженства: die Wonne) getanzt. „Fein (прекрасно)! Wenn du dann das Geld hast, lauf ich den Leuten wieder weg! Und wenn du mich drei- bis viermal vekauft hast, haben wir so viel, dass du einen Monat nicht zu arbeiten brauchst!“
5 „So teuer bist du?“
6 „Dreitausend Mark und elf Pfennige! Und die Mundharmonika nehm ich auch mit!“
7 Das wurde ein Wochenende, - wie lauter Himbeeren (как сплошная малина: die Himbeere) mit Schlagsahne (со взбитыми сливками)! Von Garmisch wanderten sie über Grainau an den Baadersee. Dann an den Eibsee. Mit Mundharmonika und lautem Gesang. Dann ging’s durch hohe Wälder bergab (вниз с горы). Über Stock und Stein (по пересеченной местности: «через палку и камень»). Walderdbeeren (землянику) fanden sie. Und schöne, geheimnisvolle (таинственные) Blumen. Lilienhaften (имеющую вид лилии, похожую на лилию) Türkenbund (лилию кудреватую) und vielblütigen lilafarbenen Enzian (многоцветную лиловую горечавку). Und Moos (das Moos – мох) mit kleinen spitzen Helmen (с острыми шлемами, касками: der Helm) auf dem Kopf. Und winzige Alpenveilchen (крошечные альпийские фиалки), die so süß dufteten (благоухали), dass man’s gar nicht fassen konnte (что было непостижимо: fassen – схватить; постичь)!
8 Abends gerieten sie (попали: geraten) in ein Dorf namens Gries. Dort nahmen sie ein Zimmer mit einem Bett. Und als sie, in der Gaststube (der Gast – гость + die Stube – комната) aus dem Rucksack futternd (уплетали), mächtig geabendbrotet haben (как следует, обильно поужинали), schliefen sie zusammen in dem Bett! Draußen auf den Wiesen geigten die Grillen (стрекотали цикады; die Geige – скрипка) eine kleine Nachtmusik …
9 Am Sonntagmorgen zogen sie weiter (отправились дальше). Nach Ehrwald. Und Lermoos. Die Zugspitze glänzte silberweiß. Die Bauern kamen in ihren Trachten (/народных/ костюмах: die Tracht) aus der Kirche. Kühe standen auf der Dorfstraße, als hielten sie einen Kaffeeklatsch (словно занимались болтовней за чашкой кофе).
10 Übers Törl ging’s dann (затем путь лежал через Тёрль). Das war Gekraxel (карабканье, взбирание на гору; kraxeln – с трудом взбираться на гору, карабкаться), sakra, sakra (черт побери /южно-нем./)! Neben einer Pferdeweide (выгон для лошадей; das Pferd – лошадь + die Weide - пастбище), inmitten Millionen von Wiesenblumen, gab’s gekochte Eier und Käsebrote (бутерброды с сыром; der Käse). Und als Nachtisch (на десерт) einen kleinen Mittagsschlaf im Grase.
11 Später stiegen sie zwischen Himbeersträuchern (между кустами малины; der Strauch) und gaukelnden Schmetterlingen (порхающими бабочками: der Schmetterling) zum Eibsee hinunter. Kuhglocken läuteten den Nachmittag ein (колокольчики на шеях коров возвестили полдень, вторую половину дня; die Glocke - колокол). Die Zugspitzbahn sahen sie in den Himmel kriechen (ползти). Der See lag winzig im Talkessel (в котловине долины: das Tal – долина + der Kessel – котел).
12 „Als ob der liebe Gott bloß mal so hingespuckt hätte (как будто просто так вот плюнул)“, sagte Luise versonnen (задумчиво).
13 Im Eibsee wurde natürlich gebadet (купались). Auf der Hotelterasse spendierte (щедро угостила, оплатила) Mutti Kaffee und Kuchen. Und dann wurde es höchste Zeit (было уже пора), nach Garmisch zurückzumarschieren.
14 Vergnügt und braungebrannt (довольные и загорелые) saßen sie im Zug. Und der nette Herr gegenüber wollte unter keinen Umständen glauben (ни как не мог поверить: «ни при каких обстоятельствах»: der Umstand - обстоятельство), dass das junge Mädchen neben Luise die Mutti und noch dazu eine berufstätige Frau sei.
15 Zu Hause fielen sie wie die Plumpsäcke in ihre Betten (как убитые; plump – громоздкий, неуклюжий; der Plumpsack – увалень; слово заимствовано из детской игры, во время которой один из игроков в определенный момент роняет предмет, наз. Plumpsack /например завязанный узлом платочек/). Das Letzte, was das Kind sagte, war: „Mutti, heute war es so schön, - so schön wie nichts auf der Welt!“
16 Die Mutti lag noch eine Weile wach (бодрствуя). So viel leicht erreichbares Glück (так много легко достижимого счастья; erreichen - достигать) hatt sie bis jetzt ihrem kleinen Mädchen vorenthalten (она удерживала, утаивала, не додавала своей маленькой девочке)! Nun, es war noch nicht zu spät. Noch ließ sich alles nachholen (еще все можно было наверстать, догнать)!
17 Dann schlief auch Frau Körner ein. Auf ihrem Gesicht träumte ein Lächeln. Es huschte über ihre Wangen, wie der Wind über den Eibsee.
18 Das Kind hatte sich verändert. Und nun begann sich also auch die junge Frau zu verändern.
1 Am Samstagmittag hat Mutti plötzlich den Rucksack gepackt und gesagt: „Zieh die festen Schuhe an! Wir fahren nach Garmisch und kommen erst morgen Abend zurück!“
2 Luise hat ein bisschen ängstlich gefragt: „Mutti, - wird das nicht zu teuer?“
3 Der Frau Körner hat es einen kleinen Stich gegeben. Dann hat sie gelacht. „Wenn das Geld nicht reicht, verkauf ich dich unterwegs!“
4 Das Kind hat vor Wonne getanzt. „Fein! Wenn du dann das Geld hast, lauf ich den Leuten wieder weg! Und wenn du mich drei- bis viermal vekauft hast, haben wir so viel, dass du einen Monat nicht zu arbeiten brauchst!“
5 „So teuer bist du?“
6 „Dreitausend Mark und elf Pfennige! Und die Mundharmonika nehm ich auch mit!“
7 Das wurde ein Wochenende, - wie lauter Himbeeren mit Schlagsahne! Von Garmisch wanderten sie über Grainau an den Baadersee. Dann an den Eibsee. Mit Mundharmonika und lautem Gesang. Dann ging’s durch hohe Wälder bergab. Über Stock und Stein. Walderdbeeren fanden sie. Und schöne, geheimnisvolle Blumen. Lilienhaften Türkenbund und vielblütigen lilafarbenen Enzian. Und Moos mit kleinen spitzen Helmen auf dem Kopf. Und winzige Alpenweilchen, die so süß dufteten, dass man’s gar nicht fassen konnte!
8 Abends gerieten sie in ein Dorf namens Gries. Dort nahmen sie ein Zimmer mit einem Bett. Und als sie, in der Gaststube aus dem Rucksack futternd, mächtig geabendbrotet haben, schliefen sie zusammen in dem Bett! Draußen auf den Wiesen geigten die Grillen eine kleine Nachtmusik …
9 Am Sonntagmorgen zogen sie weiter. Nach Ehrwald. Und Lermoos. Die Zugspitze glänzte silberweiß. Die Bauern kamen in ihren Trachten aus der Kirche. Kühe standen auf der Dorfstraße, als hielten sie einen Kaffeeklatsch.
10 Übers Törl ging’s dann. Das war Gekraxel, sakra, sakra! Neben einer Pferdeweide, inmitten Millionen von Wiesenblumen, gab’s gekochte Eier und Käsebrote. Und als Nachtisch einen kleinen Mittagsschlaf im Grase.
11 Später stiegen sie zwischen Himbeersträuchern und gaukelnden Schmetterlingen zum Eibsee hinunter. Kuhglocken läuteten den Nachmittag ein. Die Zugspitzbahn sahen sie in den Himmel kriechen. Der See lag winzig im Talkessel.
12 „Als ob der liebe Gott bloß mal so hingespuckt hätte“, sagte Luise versonnen.
13 Im Eibsee wurde natürlich gebadet. Auf der Hotelterasse spendierte Mutti Kaffee und Kuchen. Und dann wurde es höchste Zeit, nach Garmisch zurückzumarschieren.
14 Vergnügt und braungebrannt saßen sie im Zug. Und der nette Herr gegenüber wollte unter keinen Umständen glauben, dass das junge Mädchen neben Luise die Mutti und noch dazu eine berufstätige Frau sei.
15 Zu Hause fielen sie wie die Plumpsäcke in ihre Betten. Das Letzte, was das Kind sagte, war: „Mutti, heute war es so schön, - so schön wie nichts auf der Welt!“
16 Die Mutti lag noch eine Weile wach. So viel leicht erreichbares Glück hatt sie bis jetzt ihrem kleinen Mädchen vorenthalten! Nun, es war noch nicht zu spät. Noch ließ sich alles nachholen!
17 Dann schlief auch Frau Körner ein. Auf ihrem Gesicht träumte ein Lächeln. Es huschte über ihre Wangen, wie der Wind über den Eibsee.
18 Das Kind hatte sich verändert. Und nun begann sich also auch die junge Frau zu verändern.
Achtes Kapitel
Herr Gabele hat zu kleine Fenster – Kaffeebesuch am Kärntner Ring – Diplomatische Gespräche – Väter müssen streng sein können – Ein Lied in c-Moll – Heiratspläne – Koblenzallee 43 – Fräulein Gerlach ist ganz Ohr – Hofrat Strobl ist recht besorgt – Der Kapellmeister streichelt eine Puppe
1 Lottchens Klavierkünste liegen brach («лежат под паром», невозделанные = заброшены, замерли). Ihre Schuld ist es nicht (и это не ее вина). Aber der Vater hat neuerdings nicht mehr viel Zeit fürs Stundengeben übrig (сейчас у него больше нет много лишнего времени = ему не хватает времени для давания уроков; übrig – лишний, в излишке). Vielleicht hängt es mit der Arbeit an der Kinderoper zusammen (связано)? Das ist schon möglich (вполне возможно). Oder? Nun, kleine Mädchen spüren, wenn etwas nicht stimmt (чувствуют, чуют, если что-то не так: «не соответствует»). Wenn Väter von Kinderopern reden und über Fräulein Gerlach schweigen, - sie wittern (чуют) wie kleine Tiere, woher Gefahr droht (откуда грозит опасность).
1 Lottchens Klavierkünste liegen brach. Ihre Schuld ist es nicht. Aber der Vater hat neuerdings nicht mehr viel Zeit fürs Stundengeben übrig. Vielleicht hängt es mit der Arbeit an der Kinderoper zusammen? Das ist schon möglich. Oder? Nun, kleine Mädchen spüren, wenn etwas nicht stimmt. Wenn Väter von Kinderopern reden und über Fräulein Gerlach schweigen, - sie wittern wie kleine Tiere, woher Gefahr droht.
1 Lotte tritt, in der Rotenturmstraße, aus der Wohnung und klingelt an der gegenüberliegenden Tür (в противоположную дверь). Dahinter haust (за ней проживает) ein Maler namens (по имени) Gabele, ein netter, freundlicher Herr (приятный, дружелюбный), der Lotte gern einmal zeichnen (нарисовать /карандашом, не красками/) möchte, wenn sie Zeit hat.
2 Herr Gabele öffnet. „Oh, die Luise!“
3 „Heute hab’ ich Zeit“, sagt sie.
4 „Einen Augenblick (минуточку: «мгновение»)“, ruft er, rast in sein Arbeitszimmer, nimmt ein großes Tuch (платок, кусок ткани) vom Sofa und hängt damit ein auf der Staffelei (на мольберте) stehendes Bild zu (завешивает: zuhängen). Er malt gerade an einer klassischen Szene aus der Antike (из античности: die Antíke). Dergleichen (подобное) eignet sich nicht immer (не всегда подходит, годится) für Kinder.
5 Dann führt er die Kleine herein, setzt sie in einen Sessel, nimmt einen Block (блокнот) zur Hand und beginnt zu skizzieren (делать набросок; die Skizze – набросок). „Du spielst ja gar nicht mehr so oft Klavier!“ meint er dabei.
6 „Hat es Sie sehr gestört (вам оно /пианино/ очень мешало)?“
7 „Kein Gedanke (вовсе нет; der Gedanke – мысль)! Im Gegenteil! Es fehlt mir geradezu (мне его прямо-таки не хватает)!“
8 „Vati hat nicht mehr so viel Zeit“, sagt sie ernst. „Er komponiert an einer Oper. Es wird eine Kinderoper.“
9 Das freut Herrn Gabele zu hören. Dann wird er ärgerlich. „Diese Fenster!“ schimpft er. „Rein gar nix kann man sehen (совсем ничего не видно: «начисто вовсе ничего нельзя видеть»). Ein Atelier müsste man haben (нужно бы иметь)!“
10 „Warum mieten Sie sich denn dann keines (почему же вы тогда не снимете себе /ателье/), Herr Gabele?“
11 „Weil’s keine zu mieten gibt! Ateliers sind selten (редки)!“
12 Nach einer Pause sagt das Kind: „Vati hat ein Atelier. Mit großen Fenstern. Und Licht von oben.“
13 Herr Gabele brummt (бормочет, бурчит: brummen – рычать, реветь).
14 „Am Kärntner Ring“, ergänzt Lotte. Und nach einer neuen Pause: „Zum Komponieren braucht man doch gar nicht so viel Licht wie zum Malen, nicht?“
15 „Nein“, antwortet Herr Gabele.
16 Lotte tastet sich nun noch einen Schritt weiter vor (зондирует почву дальше: «прощупывает для себя дорогу еще на шаг вперед»). Sie sagt nachdenklich (задумчиво, раздумывая): „Eigentlich könnte doch Vati mit Ihnen tauschen (собственно, папа мог бы с вами поменяться)! Dann hätten Sie größere Fenster und mehr Licht zum Malen. Und Vati hätte seine Wohnung zum Komponieren hier, gleich neben (прямо: «сразу» возле) der anderen Wohnung!“ Der Gedanke scheint sie enorm zu freuen (эта мысль, кажется, ее невероятно: «колоссально» радует: scheinen – казаться; enórm – чрезмерный, колоссальный). „Wäre das nicht sehr praktisch (/разве/ это не было бы удобно)?“
17 Herr Gabele könnte allerlei (мог бы всякое = много чего) gegen Lottes Gedankengänge (против ходов мысли = рассуждений) einwenden (возразить). Weil das aber nicht angeht (является неуместным), erklärt er lächelnd: „Das wär in der Tat (и в самом деле) sehr praktisch. Es fragt sich nur (вопрос только в том), ob der Papa der gleichen Meinung ist (того же мнения).“
18 Lotte nickt. „Ich werd ihn fragen! Gleich nachher (сразу после /встречи с вами/)!“
1 Lotte tritt, in der Rotenturmstraße, aus der Wohnung und klingelt an der gegenüberliegenden Tür. Dahinter haust ein Maler namens Gabele, ein netter, freundlicher Herr, der Lotte gern einmal zeichnen möchte, wenn sie Zeit hat.
2 Herr Gabele öffnet. „Oh, die Luise!“
3 „Heute hab’ ich Zeit“, sagt sie.
4 „Einen Augenblick“, ruft er, rast in sein Arbeitszimmer, nimmt ein großes Tuch vom Sofa und hängt damit ein auf der Staffelei stehendes Bild zu. Er malt gerade an einer klassischen Szene aus der Antike. Dergleichen eignet sich nicht immer für Kinder.
5 Dann führt er die Kleine herein, setzt sie in einen Sessel, nimmt einen Block zur Hand und beginnt zu skizzieren. „Du spielst ja gar nicht mehr so oft Klavier!“ meint er dabei.
6 „Hat es Sie sehr gestört?“
7 „Kein Gedanke! Im Gegenteil! Es fehlt mir geradezu!“
8 „Vati hat nicht mehr so viel Zeit“, sagt sie ernst. „Er komponiert an einer Oper. Es wird eine Kinderoper.“
9 Das freut Herrn Gabele zu hören. Dann wird er ärgerlich. „Diese Fenster!“ schimpft er. „Rein gar nix kann man sehen. Ein Atelier müsste man haben!“
10 „Warum mieten Sie sich denn dann keines, Herr Gabele?“
11 „Weil’s keine zu mieten gibt! Ateliers sind selten!“
12 Nach einer Pause sagt das Kind: „Vati hat ein Atelier. Mit großen Fenstern. Und Licht von oben.“
Herr Gabele brummt.
14 „Am Kärntner Ring“, ergänzt Lotte. Und nach einer neuen Pause: „Zum Komponieren braucht man doch gar nicht so viel Licht wie zum Malen, nicht?“
15 „Nein“, antwortet Herr Gabele.
16 Lotte tastet sich nun noch einen Schritt weiter vor. Sie sagt nachdenklich: „Eigentlich könnte doch Vati mit Ihnen tauschen! Dann hätten Sie größere Fenster und mehr Licht zum Malen. Und Vati hätte seine Wohnung zum Komponieren hier, gleich neben der anderen Wohnung!“ Der Gedanke scheint sie enorm zu freuen. „Wäre das nicht sehr praktisch?“
17 Herr Gabele könnte allerlei gegen Lottes Gedankengänge einwenden. Weil das aber nicht angeht, erklärt er lächelnd: „Das wär in der Tat sehr praktisch. Es fragt sich nur, ob der Papa der gleichen Meinung ist.“
18 Lotte nickt. „Ich werd ihn fragen! Gleich nachher!“
1 Herr Palfy sitzt in seinem Atelier und hat Besuch (имеет посещение = у него гости). Damenbesuch. Fräulein Irene Gerlach hat „zufällig“ (случайно) ganz in der Nähe Besorgungen machen müssen (пришлось делать покупки), und da hat sie sich gedacht: ‘Springst mal g’schwind zum Ludwig hinauf (заглянешь-ка быстренько к Людвигу /наверх/), gelt (хорошо, ладно, не правда ли /южно-нем./)?’
2 Der Ludwig hat die Partiturseiten, an denen er kritzelt (на которых он пишет, выводит свои значки: kritzeln – писать неразборчиво, каракулями), beiseite geschoben und plauscht (разговоривает: plauschen – беседовать в близком кругу, болтать /южно-нем./) mit der Irene. Erst ärgert er sich ein Weilchen, denn er kann es für den Tod nicht leiden (до смерти терпеть не может), wenn man ihn unangemeldet (не сообщив предварительно; sich anmelden – докладывать о себе) überfällt (нападает) und bei der Arbeit stört. Aber allmählich siegt doch das Wohlbehagen (постепенно побеждает все же приятное чувство), mit dieser so schönen Dame zusammenzusitzen und halb aus Versehen (почти нечаянно: «наполовину по недосмотру») ihre Hand zu streicheln (гладить).
3 Irene Gerlach weiß, was sie will. Sie will Herrn Palfy heiraten. Er ist berühmt (знаменит). Er gefällt ihr. Sie gefällt ihm. Allzugroße Schwierigkeiten stehen also nicht im Wege (слишком большие трудности, таким образом, не стоят на пути, не препятствуют). Zwar weiß er noch nichts von seinem künftigen Glück (о своем будущем счастье). Aber sie wird es ihm mit der Zeit (со временем = постепенно) und schonend (щадяще = осторожно, оберегая его чувства) beibringen (преподаст = поставит в известность). Schließlich wird er sich einbilden (вообразит себе), dass er selber auf die Idee mit der Heirat verfallen sei (что он сам пришел к мысли о женитьбе).
4 Ein Hindernis (das Hindernis – препятствие; hindern – препятствовать) ist allerdings noch da: das närrische Kind (глупый ребенок; der Narr – дурак)! Aber wenn Irene dem Ludwig erst ein, zwei Babys geschenkt hat, dann wird sich alles wunschgemäß (согласно желанию = как она хочет, захочет) einrenken (выправится, утрясется: einrenken - вправлять). Irene Gerlach wird doch wohl noch mit diesem ernsten, scheuen (с этой серьезной, робкой = нелюбезной) Fratz (невоспитанной девчонкой: der Fratz /южно-нем./) fertig werden (разберется)!
5 Es klingelt.
6 Ludwig öffnet.
7 Und wer steht in der Tür? Der ernste, scheue Fratz! Hat einen Strauß (букет) in der Hand, knickst (делает книксен /приседание с поклоном/) und sagt: „Grüß Gott, Vati! Ich bring dir frische Blumen!“ Dann spaziert sie ins Atelier, knickst kurz vor dem Besuch, nimmt eine Vase und verschwindet in der Küche.
8 Irene lächelt maliziös (коварно, лукаво, злобно). „Wenn man dich und deine Tochter sieht, hat man den Eindruck (впечатление), dass du unter ihrem Pantoffel stehst (под каблуком; der Pantoffel, die Pantoffeln – тапки, шлепанцы).“
9 Der Herr Kapellmeister lacht verlegen. „Sie hat neuerdings eine so dezidierte Art (уверенный вид) zu handeln (действовать) = (действует таким уверенно), und außerdem ist das, was sie tut, so goldrichtig (абсолютно, безупречно правильно), - da kannst nix machen (тут ничего не поделаешь, что тут поделаешь)!“
10 Während Fräulein Gerlach mit den schönen Schultern zuckt, erscheint Lotte wieder auf der Bildfläche («на повехности картины» = на сцене). Erst stellt sie die frischen Blumen auf den Tisch. Dann bringt sie Geschirr herbei (приносит посуду: herbeibringen) und sagt, indessen sie die Tassen verteilt (расставляя: «распределяя» чашки; indessen – в то время как, пока), zu Vati: „Ich koch nur rasch (быстро) einen Kaffee. Wir müssen doch deinem Besuch etwas anbieten (предложить).“
11 Vati und sein Besuch schauen perplex (сбитые с толку, растерянно: perpléx) hinter ihr drein (ей вслед). ‘Und ich hab dieses Kind für scheu gehalten (считала робкой, дичащейся)!’ denkt Fräulein Gerlach. ‘Oje (ой-ей-ей), war ich blöd (ну и глупа же я была)!’
12 Nach kurzer Zeit taucht Lotte mit Kaffee, Zucker und Sahne auf (появляется: «выныривает»), schenkt - ganz Hausfrau (ну прямо настоящая хозяйка) - ein (наливает: einschenken), fragt, ob Zucker gefällig sei (не угодно ли сахару), schiebt dem Besuch die Sahne hin (пододвигает), setzt sich dann neben ihren Vati und meint freundlich lächelnd: „Ich trinke zur Gesellschaft (для компании: «общества») einen Schluck mit (выпью глоток с вами).“
13 Der Papa schenkt ihr Kaffee ein und fragt chevaleresk (по-рыцарски: chevalerésk): „Wie viel Sahne, meine Dame?“
14 Das Kind kichert. „Halb und halb, mein Herr.“
15 „Bitte sehr, meine Dame!“
16 „Vielen Dank, mein Herr!“
17 Man trinkt. Man schweigt. Schließlich eröffnet Lotte die Unterhaltung (открывает беседу). „Ich war eben (как раз = только что) bei Herrn Gabele.“
18 „Hat er dich gezeichnet?“ fragt der Vater.
19 „Nur ein bisschen“, meint das Kind. Noch einen Schluck Kaffee, - dann fügt es harmlos hinzu (добавляет невинно; harmlos – безобидный, безвредный, невинный; der Harm – скорбь; тяжкая обида /высок., устар./): „Er hat zu wenig Licht. Vor allem brauchte er welches von oben (прежде всего = больше всего ему нужен бы /свет/ сверху). So wie hier …“
20 „Dann soll er sich halt (как раз, именно) ein Atelier mit Oberlicht mieten“, bemerkt der Herr Kapellmeister sehr treffend (очень точно; treffen – попадать /в цель/) und ahnt nicht (не подозревает, не предчувствует), dass er genau dahin steuert (точно туда направляет разговор: рулит: steuern – править рулем; управлять судном; держать курс), wohin Lotte ihn haben will.
21 „Das hab ich ihm auch schon gesagt“, erklärt sie ruhig. „Aber sie sind alle vermietet (сданы), die Ateliers.“
22 ‘So ein kleines Biest (бестия, тварь /надоедливое животное, насекомое/)!’ denkt Fräulein Gerlach. Denn sie, auch eine Tochter Evas, weiß nun schon, was das Kind im Schilde führt (/против нее/ затевает: der Schild – щит /по гербу на щите было видно, кто перед вами: противник или союзник/). Und richtig …
23 „Zum Komponieren braucht man eigentlich kein Oberlicht, Vati. Nicht?
„Nein, eigentlich nicht.“
24 Das Kind holt tief Atem (глубоко переводит дух; der Atem - дыхание), blickt angestrengt (напряженно) auf seine Schürze und fragt, als fiele ihm diese Frage eben erst ein (как будто этот вопрос только что пришел ей в голову): „Wenn du nun mit Herrn Gabele tauschtest (поменялся бы), Vati?“ Gott sei Dank (слава Богу), jetzt ist es heraus (теперь это наружу /вышло/ = наконец-то решилась сказать)! Lotte blickt den Papa von schräg unten an (искоса снизу). Ihre Augen bitten furchtsam (просят со страхом = умоляюще).
25 Der Vater schaut halb ärgerlich, halb belustigt von dem kleinen Mädchen zu der eleganten Dame, die gerade noch Zeit hat, ein sanft ironisches Lächeln in ihr Gesicht zu zaubern («наколдовать» = изобразить улыбку).
26 „Dann hätte der Herr Gabele ein Atelier“, sagt das Kind, und die Stimme zittert ein wenig. „Mit so viel Licht, wie er braucht. Und du wohntest direkt neben uns (жил бы прямо рядом с нами). Neben Resi und mir.“ Lottes Augen liegen, wenn man sich so ausdrücken darf (если можно так выразиться), vor des Vaters Blick auf den Knien (перед взором отца на коленях: das Knie). „Dann bist du allein, genau wie hier. Und wenn du nicht allein sein willst, kommst du bloß über den Flur (через коридор) und bist da. Du brauchst nicht einmal einen Hut aufzusetzen (тебе даже не нужно будет надевать шляпу). - Und mittags können wir daheim essen. - Wenn das Essen fertig ist, klingeln wir dreimal an deiner Tür. - Wir kochen immer, was du willst. - Auch Geselchtes. - Und wenn du Klavier spielst, hören wir’s durch die Wand …“ Die Kinderstimme klingt immer zögernder (все более неуверенно). Sie erstirbt (замирает).
27 Fräulein Gerlach steht abrupt auf (резко встает: abrúpt). Sie muss schnellstens (срочно: «быстрейше») heim. Wie die Zeit vergeht (как летит: «проходит» время)! Es waren ja aber auch sooo interessante Gespräche!
28 Herr Kapellmeister Palfy bringt seinen Gast hinaus. Er küss