Unterthema 2: Der Charakter

Aufgabe 13. Lesen Sie den Text. Betiteln Sie den Text. Machen Sie eine Gliederung des gelesenen Textes. Erzählen Sie den Text nach.

Dass alle Menschen von Natur und Erziehung aus ganz verschieden sind, ist jedem klar. Sie unterscheiden sich voneinander nicht nur durch ihr Äuβeres, sondern auch durch Ihre Innenwelt und ihren besonderen Charakter.

Wenn man die Gestalt und das Gesicht zweier Menschen genauer betrachtet, so merkt man schon auf den ersten Blick, wie verschieden sie sind. Einer ist stark gebaut, mit breiter Brust und kräftigen Schultern, der andere ist schlank und schmal. Dieser hat ein fettes Gesicht mit vollem Mund, jener ein mageres Gesicht mit hoher Stirn und dünnen Lippen. Der eine ist hässlich, der andere hübsch. Nicht immer aber fällt der Unterschied sofort in die Augen. Bei manchen Menschen findet man leicht ähnliche Gesichtszüge. Einige sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Doch nie findet man völlig gleiche Gesichter. Durch irgendeine Kleinigkeit, durch etwas kaum Bemerkbares unterscheiden sie sich doch voneinander. Das gleiche gilt auch für den Charakter. So unterschiedlich das Äuβere der Menschen ist, so verschieden sind auch ihre Charaktere. Das Wort „Charakter“ kommt aus der griechischen Sprache und bedeutet so viel wie „Merkmal“ oder „Eigenart“. Der Charakter ist die Gesamtheit der wesentlichen Eigenschaften eines Menschen, die in seinen Handlungen und in seinem Verhalten zu anderen Menschen und zu sich selbst in Erscheinung treten und sein Verhältnis zur Wirklichkeit ausdrücken. Der Charakter hängt eng mit den anderen Eigenschaften der Persönlichkeit, vor allem mit ihren Fähigkeiten zusammen.

Wir sehen einem alten Menschen ins Gesicht. Eine Brille, ein schwarzer Mantel, graues Haar und Falten. Fragen tauchen auf. Wie heißt er? Woher kommt er? Was hat er erlebt? Vielleicht kennen wir ihn. Vielleicht lernen wir uns noch näher kennen. Vielleicht aber auch nicht. Man weiß ja nie, wen man vor sich hat. Man weiß nicht, welche Masken der andere trägt. Manche Masken durchschaut man sicherlich, andere sind vielleicht so gut, dass man sie lange Zeit nicht erkennt. Vielleicht hat er gar keine Masken. „Ein wahrer Charakter hat keine Masken nötig“, heißt es. Doch was ist denn schon ein „wahrer Charakter“? Wer kann das schon sagen? Die Falten im Gesicht haben sich eingeprägt. Eingeprägt durch das Lachen, durch das Weinen, durch das Grübeln und durch die Erfahrungen. Charakter ist die eigene, ganz persönliche Note eines Menschen. Charakter ist gleichsam tief im Herzen zu spüren, als auch durch äußere Merkmale erkennbar. Charakter entsteht aus Erfahrungen, Begegnungen und Entscheidungen. Es betrifft das ganze Sein eines Menschen, sein Tun, seine Entscheidungen, seine Vergangenheit und seine Zukunft.

Bei einer Betrachtung des Charakters lassen sich die verschiedensten Charakterzüge erkennen, weil der Charakter vielseitig ist. Die Charakterzüge äuβern sich im Verhalten zu den anderen Menschen und zur Gesellschaft, im Benehmen des Menschen und in seiner Haltung zur Arbeit. Nach den Willenseigenschaften des Charakters spricht man von einem starken oder schwachen Charakter. Deshalb ist ein schwacher Wille ein negativer, ein starker Wille ein positiver Charakterzug.

In unserem Alltag begegnen wir Menschen mit starkem und mit schwachem Willen, leichtsinnigen und ernsten, fleiβigen und faulen, klugen und dummen, anständigen und unehrlichen Menschen. Je aufdringlicher der eine ist, desto bescheidener der andere. Wir kennen sowohl lustige als auch mürrische, sowohl vernünftige als auch beschränkte Menschen. Manchmal haben wir es mit einem Zerstreuten, manchmal mit einem Zielbewussten zu tun. Unter unseren Nachbarn und Kollegen sind teils verschlossene, teils offenherzige Menschen. Der eine ist stolz, der andere schüchtern, der eine verhält sich uns gegenüber misstrauisch und zurückhaltend, der andere offen. Diese Aufzählung könnte man nach Wunsch fortsetzen.

Es gibt auch Menschen, von denen man gewöhnlich sagt: „Ein charakterloser Mensch!“ Charakterlos? Ein Wissenschaftler hat einst festgestellt: Es gibt keine charakterlosen Menschen. Völlige Charakterlosigkeit ist auch ein Charakter und ein hässlicher dazu. Von solchen Menschen kann man alles erwarten. Sie lassen sich leicht von anderen beeinflussen und sind sogar zu schlimmen Taten fähig.

Ja, mit dem Charakter ist das so eine Sache. Entweder hat man ihn – oder den falschen. Gar nicht selten haben wir es mit Menschen zu tun, die mit dem Verhalten ihrer Freunde und Verwandten oder auch mit sich selbst unzufrieden sind. Solche Menschen verstehen wohl, dass an ihrem Charakter oder am Charakter der anderen etwas nicht in Ordnung ist. Aber wie oft sagen sie: „Es ist ja nicht zu ändern! Man kann nicht aus seiner Haut heraus!“

Doch! Den Charakter kann man und muss man beeinflussen und ändern. Die meisten Fachleute vertreten den Standpunkt, dass der Charakter der Menschen ihnen nicht angeboren sei. Also er ist eine soziale Erscheinung. Der Charakter bildet und entwickelt sich unter dem Einfluss der Familie und der Umgebung, in der man lebt. Vollkommen recht hat in diesem Sinne der Volksmund: „Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist“. Die Charakterzüge werden sowohl ihrem Inhalt als auch ihrer Entwicklung nach von der Weltanschauung, den Sittengesetzen und der Ideologie der Klasse bestimmt, zu der der Mensch gehört.

Viele Seiten des Lebens, viele Umstände wirken auf einen Menschen. So wie er selbst beeinflusst wird, wirkt er auch auf die anderen. Und nicht nur das. Jeder übt auch einen Einfluss auf sich selbst aus. Deshalb hängt es häufig von uns ab, welche Seiten und Eigenschaften unseres Charakters wir entwickeln und welche wir mit der Zeit verlieren. Jeder von uns möchte doch stark, mutig und groβzügig sein. Aber wie kann man seinen Charakter ändern? – Durch tägliche Übung, etwa so wie wir durch Sport unsere Arme und Beine kräftiger machen. Je hartnäckiger und geduldiger man an seinem Charakter arbeitet, desto gröβer sind die Erfolge. – Wir werden das, was wir aus uns selber machen.

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