Menschenrechtssituation in Deutschland
Artikel 1 Absatz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) lautet:„Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“
Artikel 1 GG, einschließlich der Bindung staatlicher Gewalt an die Respektierung der Menschenwürde (Abs. 1) und der Rechtsverbindlichkeit der Grundrechte (Abs. 3), steht unter dem besonderen Schutz der so genannten Ewigkeitsklausel in Artikel 79 Absatz 3 GG.
Die Bundesrepublik Deutschland ist dem Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte beigetreten, der den Rang eines Gesetzes hat und im BGB l. 1973 II S. 1534 veröffentlicht ist.
Unterzeichnet wurde von der Bundesrepublik Deutschland auch die UNO-Menschenrechtsdeklaration, die das Recht auf soziale Sicherheit, Arbeit und Wohnung proklamiert. Nach Artikel 25 S. 1 GG sind indessen nur die allgemeinen Regeln des Völkerrechts automatisch Bestandteil des Bundesrechts, weswegen diese Vereinbarung ohne Ratifikation keine innerstaatliche Wirkung entfaltet. Gleichwohl wurden derartige Rechte in einige Landesverfassungen der Bundesrepublik aufgenommen, in die Landesverfassungen von Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bremen, was jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten ist.
Auszüge aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen:
Ø Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. (Art. 5)
Ø Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit (Art. 22)
Ø Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit. (Art. 23)
Ø Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub. (Art. 24)
Ø Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände. (Art. 25)
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)
Eine der ersten internationalen Erklärungen zu Menschenrechtsstandards wurde von der Vollversammlung der Vereinten Nationen durch eine Resolution zum Ausdruck gebracht; die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Sie wurde mit 48 Stimmen, keiner Gegenstimme und 8 Enthaltungen am 10. Dezember 1948 angenommen.
Insgesamt umfasst die AEMR (Universal Declaration of Human Rights) 30 Artikel. Artikel 1 und 2 beschäftigen sich mit organisatorischen Fragen. Hierauf folgt ein Katalog der Freiheitsrechte (Art. 3-20) und der politischen Betätigungsrechte (Art. 21) und der Gleichheitsrechte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichs (Art. 22-28). Eine Eigentumsgarantie lässt sich Artikel 17 entnehmen, welcher aber in den Freiheitsrechten angesiedelt ist. Art. 29 zählt zulässige Einschränkungen der zuvor genannten Rechte auf. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber Art. 30, der unmissverständlich klarstellt, dass die genannten Einschränkungsmöglichkeiten nicht zur völligen Abschaffung oder faktischen Aufhebung der Rechte von Art. 3-28 führen kann und darf.
Die sehr weit reichende Liste von Rechten führte 1966 zu zwei wichtigen UN-Pakten: Dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) und dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt).
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte und der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte bilden zusammen die Universal Declaration of Human Rights oder die Internationale Menschenrechtscharta, welche als Grundlage sämtlicher universeller Menschenrechtsnormierungen gelten kann.
Rechte der Staaten, die garantierten Rechte und Freiheiten einzuschränken.
Art. 4 hält eine Ausnahme von den garantierten Rechten vor, welche Staaten unter bestimmten Fällen nutzen können. Ein Beispiel für die Einschränkungsmöglichkeit von Rechten ist der öffentliche Notstand. Allerdings sind auch der Nutzungsbreite des Art. 4 über Art. 4 Abs. 2 Grenzen gesetzt, denn von dieser Regelung ausgenommen sind das Recht auf Leben, das Folterverbot, das Sklavereiverbot, das Recht der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie mehrere juristische Freiheitsrechte und Garantien. Des Weiteren muss ein Staat, sobald er die garantierten Rechte im Rahmen von Art. 4 einschränken will, den Generalsekretär der Vereinten Nationen informieren.
Völkerrecht
Das Völkerrecht (ungenau ist der Begriff internationales Recht) ist eine überstaatliche Rechtsordnung, durch die die Beziehungen zwischen den Völkerrechtssubjekten (meist Staaten) auf der Grundlage der Gleichrangigkeit geregelt werden.
Wichtigste positivrechtliche Rechtsquelle des Völkerrechts ist die Charta der Vereinten Nationen und das in ihr niedergelegte Allgemeine Gewaltverbot, das als Völkergewohnheitsrecht auch über die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen hinaus verbindlich ist und jedem Staat einen Angriffskrieg verbietet.
Das supranationale Recht gilt als Besonderheit des Völkerrechts, weil es ebenfalls überstaatlich organisiert ist, weist allerdings durch die Übertragung von Hoheitsgewalt auf zwischenstaatliche Einrichtungen einige Besonderheiten auf, die nicht vollständig mit dem Völkerrecht erklärbar sind.
Der wesentliche Unterschied zwischen dem Völkerrecht und dem innerstaatlichen Recht besteht im Fehlen eines zentralen Gesetzgebungsorgans. Das klassische Völkerrecht wird den Staaten nicht oktroyiert, sondern stellt eine Koordinationsordnung zwischen ihnen dar. Von ihm wurden nur die „zivilisierten“, also die europäischen Staaten, als Völkerrechtssubjekte anerkannt, was den Kolonialismus als legal erscheinen ließ. In der heutigen Völkerrechtsordnung, die sich insbesondere in der Charta der Vereinten Nationen widerspiegelt, sind dagegen sämtliche Staaten gleichberechtigte Subjekte.
Allerdings gibt es immer mehr Entwicklungen hin zu einer auch zentralen Rechtsetzung im Völkerrecht. Vorhanden war diese Tendenz bereits zuvor, sie wird vom Sicherheitsrat aufgegriffen, der insbesondere nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 dazu übergegangen ist, noch nicht von allen Mitgliedstaaten akzeptierte Verpflichtungen zur Terrorismusbekämpfung zu allgemein geltendem Recht mit Wirkung für und gegen alle Mitgliedstaaten zu erklären und sich dem zwingenden Recht, dem sogenannten ius cogens, zu nähern (vgl. Resolution 1373 und das Counter Terrorism Committee und Resolution 1540). Diese Entwicklung wird teilweise kritisch, teilweise gar skeptisch gesehen, weil es nicht der Konzeption des Sicherheitsrates als Exekutivorgan entspricht, der sich mit der Lösung einzelner Konflikte beschäftigen und nicht als „Weltgesetzgeber“ auftreten soll.
Verhältnis des Völkerrechts zum nationalen Recht
Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und nationalem Recht lässt sich nur in Zusammenschau mit der jeweiligen staatlichen Rechtsordnung beantworten. Monismus (Völkerrecht und nationales Recht bilden eine einheitliche Ordnung) und Dualismus (Völkerrecht und nationales Recht sind völlig getrennte Rechtsordnungen) stellen zwei theoretische Extreme dar, die in der Praxis nirgends in Reinform anzutreffen sind. Das untenstehende Schaubild gibt einen Überblick über die verschiedenen Ansätze.
Die Frage, ob eine völkerrechtliche Norm vom innerstaatlichen Rechtsanwender zu beachten ist, entscheidet sich allein danach, ob das jeweilige innerstaatliche Recht einen Umsetzungsakt verlangt oder nicht. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass die innerstaatliche Anwendung von Völkerrecht eigentlich in allen Rechtsordnungen eine bestimmt genug formulierte Norm voraussetzt, die nicht nur an Staaten adressiert ist. Solche Normen werden als self-executing bezeichnet (nach richtiger Auffassung ist dieser Begriff aber dem jeweiligen nationalen Recht, nicht dem Völkerrecht zuzuordnen). In Deutschland sind gemäß Art. 25 S. 1 Grundgesetz Völkergewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsprinzipien unmittelbar anwendbar und stehen über den Bundesgesetzen. Völkervertragsrecht bedarf der Transformation, die in der Regel mit der innerstaatlichen Ratifikation (Vertragsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 GG) zusammenfällt und steht auf dem Rang eines Bundesgesetzes.
Durch die Ratifizierung der römischen Convention vom 17. Juli 1998 über den internationalen Strafgerichtshof durch 139 Staaten, die am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist, wurde eine neue Gewichtung des internationalen Rechts geschaffen, die es zulässt, ohne die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen eines Staates, sich auf internationale Rechtsnormen und Vertragsrecht zu berufen.
Geschichte des Bundesministeriums der Justiz
Als am 20. September 1949 der erste Bundesminister der Justiz ernannt wurde, gab es schon eine über siebzigjährige Tradition zentraler deutscher Justizbehörden. Sie begann 1875 mit dem Reichsjustizamt, das zunächst nur eine unselbständige Abteilung des Reichskanzleramtes war, dann aber am 1. Januar 1877 zu einer selbständigen Obersten Reichsbehörde aufstieg. Das Amt war einem Staatssekretär unterstellt und im Wesentlichen zuständig für die Vorbereitung der Gesetzgebung im traditionellen Bereich der Justiz.
Es hatte die Aufgabe, die Reichsregierung sowie das damalige Parlament, Reichstag und Bundesrat, bei der Gesetzgebung zu unterstützen. In seinen Geschäftsbereich fielen das Reichsgericht, die Reichsanwaltschaft und das Reichspatentamt, nicht aber die Verwaltung der Gerichte und Justizbehörden. Das Schwergewicht der Justizverwaltung lag bei den Ländern. Daran änderte sich auch nichts, als nach der Errichtung der Weimarer Republik 1919 das Reichsministerium der Justiz nun von einem verantwortlichen Minister geleitet wurde.
Die Nationalsozialisten brachen mit dieser Tradition. Sie "verreichlichten" ab 1934 die Justiz. Das bedeutete die Auflösung der Länderministerien und die Übernahme der Justizverwaltung durch das Reichsjustizministerium. Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945 kam die Justizverwaltung in den drei westlichen Besatzungszonen wieder in die Hand der neugebildeten Länder; die Zentralisierung der Justiz wurde rückgängig gemacht.
Artikel 92 des Grundgesetzes bestimmte dann: "Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch das Oberste Bundesgericht, durch die in diesem Grundgesetz vorgeschriebenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt."
Das bedeutete: Alle Gerichte unterhalb der Bundesgerichte wurden Ländergerichte und auch von den Ländern verwaltet. Als das Grundgesetz am 23. Mai 1949 verkündet wurde, stand damit fest, dass das künftige Bundesministerium der Justiz wieder ein "Gesetzgebungsministerium" werden würde.
Als Gesetzgebungsministerium wird es deshalb bezeichnet, weil seine Aufgaben überwiegend in der Gesetzgebung und nicht im Bereich der verwaltenden und unmittelbar gestaltenden Regierungstätigkeit liegen. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Ministerium Gesetze erlässt. Gesetzgeber sind in der Bundesrepublik Deutschland, wie in jeder parlamentarischen Demokratie, die gesetzgebenden Körperschaften, also der Deutsche Bundestag und der Bundesrat. Das Bundesministerium der Justiz bereitet lediglich im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben diese Gesetzentwürfe der Bundesregierung vor, ehe sie zur Vorlage an die gesetzgebenden Körperschaften kommen. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wirkt es bei der Vertretung der Bundesregierung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften mit. Mit dem Regierungsumzug im Sommer 1999 ist das Justizministerium wieder nach Berlin (Gendarmenmarkt) zurückgekehrt; damit ist die oberste deutsche Justizbehörde jetzt wieder an dem Ort, wo sie 1877 als "Reichsjustizamt" aus der Taufe gehoben wurde.
Aufgaben im Bereich der Gesetzgebung. Verwaltungsaufgaben
Die Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland obliegt – wie in jeder parlamentarischen Demokratie – den gesetzgebenden Körperschaften, also dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat. Das Bundesministerium der Justiz wirkt hieran mit. Es bereitet in erster Linie neue Gesetze sowie die Änderung oder die Aufhebung von Gesetzen vor. Dabei ist das Ministerium federführend vor allem für die „klassischen“ Bereiche des Rechts: das Bürgerliche Recht (Schuldrecht, Sachenrecht, Familienrecht, Erbrecht), das Handels- und Gesellschaftsrecht, das Recht des gewerblichen Rechtsschutzes und das Urheberrecht, das Strafrecht, das Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrecht für die einzelnen Gerichtsbarkeiten (außer Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit – dort mitberatend), das Dienst- bzw. Berufsrecht der Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte und Rechtspfleger.
Darüber hinaus hat das Bundesministerium der Justiz die Aufgabe, die Gesetz- und Verordnungsentwürfe aller anderen Bundesministerien sowie zwischenstaatliche Vereinbarungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht, Völkerrecht, Europarecht und Bundesrecht zu überprüfen. Die Prüfung erstreckt sich auch auf die Rechtsetzungstechnik und die Verwendung einer einheitlichen, möglichst klaren Rechtssprache.
Verwaltungsaufgaben. Zum Geschäftsbereich (Zuständigkeitsbereich) des Bundesministeriums der Justiz gehören drei der fünf obersten Gerichtshöfe des Bundes, nämlich der Bundesgerichtshof mit Sitz in Karlsruhe und einem 5. Strafsenat in Leipzig, das Bundesverwaltungsgericht mit Sitz in Leipzig und der Bundesfinanzhof mit Sitz in München. Weiterhin gehören zu dem Geschäftsbereich des Ministeriums der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit der Dienststelle Leipzig, das Bundespatentgericht in München, das Deutsche Patent- und Markenamt in München mit seiner Dienststelle Jena und dem Technischen Informationszentrum in Berlin sowie schließlich (ab 1. Januar 2007) das Bundesamt für Justiz in Bonn. Für diese Bundesgerichte und -behörden hat das Ministerium die organisatorischen, haushaltsmäßigen, personellen und infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen.
Darüber hinaus nimmt das Bundesministerium der Justiz in seinem Geschäftsbereich die Dienstaufsicht über die Gerichte sowie die Dienst- und Fachaufsicht über die Behörden wahr.
Das Ministerium ist ferner Herausgeber der amtlichen Verkündungsblätter des Bundes (Bundesgesetzblatt und Bundesanzeiger).
Weiterhin wirkt es im Vorfeld der Wahl der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts mit. Es bereitet die Wahl der Richterinnen und Richter an den drei obersten Gerichtshöfen vor, die zum Geschäftsbereich des Ministeriums gehören. Über die Berufung entscheidet die Ministerin gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss (Artikel 95 Absatz 2 des Grundgesetzes).
Justiz und Nationalsozialismus
Im Jahre 1989 hat das Bundesministerium der Justiz auf Veranlassung des früheren Bundesministers der Justiz Hans A. Engelhard eine Ausstellung über Justiz und Nationalsozialismus geschaffen. Die Arbeiten wurden durch einen wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Die Ausstellung beschäftigt sich in drei Abschnitten mit der Justiz im Nationalsozialismus, ihrer Vorgeschichte in der Weimarer Republik und mit der Frage, wie die bundesdeutsche Justiz mit dieser Vergangenheit umgegangen ist.
Die Ausstellung ist - bezogen auf 1989 - der erste ernsthafte justizeigene Beitrag zur Auseinandersetzung mit der NS-Justiz und ihren Folgen - einer Auseinandersetzung, der sich die bundesdeutsche Justiz zumindest in den 50iger und 60iger Jahren nicht in dem erforderlichen Maße gestellt hat. Mit rund 2.000 Dokumenten und Bildern sowie Begleittexten zu den einzelnen Themenkreisen macht die Ausstellung deutsche Justizgeschichte anschaulich. Dabei wird versucht, wichtige Aspekte der historischen und ideologischen Grundlagen der Justiz, der Einflussnahme der Partei auf die Justiz und der Zusammenarbeit zwischen Justiz, NSDAP und SS aufzuzeigen.
Andererseits geht es aber auch darum, den Betrachter durch die Darstellung von zum Teil erschütternden Einzelschicksalen betroffen zu machen. Die Ausstellung wendet sich nicht speziell an den Juristen. Sie will in allgemein verständlicher Form dem historisch und politisch interessierten Bürger die Möglichkeit bieten, sich über einen unrühmlichen, aber wichtigen Teil der deutschen Rechtsgeschichte zu informieren. Die Ausstellung will nicht besserwisserisch belehren, und es ist nicht ihre Aufgabe, Vergangenheit zu bewältigen - das können nur diejenigen, die die Vergangenheit mitgestaltet haben.
Teil I: Weimarer Republik. Dieser Abschnitt enthält insbesondere eine Darstellung der sozialen Herkunft der Richterschaft in den 20iger Jahren. Ihre ablehnende Haltung gegenüber der Weimarer Republik und ihre daraus resultierende Rechtsprechung in politischen Strafsachen: Harte Strafen gegen Links, Milde oder Straffreiheit für Rechts. Mit dieser Darstellung wird der Versuch unternommen, das fast geräuschlose Abgleiten der Justiz in das NS-Unrechtssystem zu erklären.
Teil II: NS-Justiz. Der Hauptteil der Ausstellung zeigt die Verstrickung der Justizjuristen in das NS-Regime. Nach dem Machtantritt fand Hitler auch in der Justiz Zustimmung und Unterstützung. Am 7. April 1933 empfing Hitler die Repräsentanten der deutschen Richterschaft, die ihm erklärten, die deutschen Richter würden geschlossen und mit allen Kräften an der Erreichung der Ziele mitarbeiten, die sich die Regierung gesetzt habe.
Während sich das Regime etablierte und offen seine Gegner terrorisierte, schworen im Oktober 1933 in Leipzig vor dem Reichsgericht mehr als 10.000 Juristen mit erhobenem rechten Arm und unter Berufung auf Gott, Hitler auf seinem Weg als deutsche Juristen bis an das Ende ihrer Tage folgen zu wollen. Insgesamt wurden von 1933 bis 1945 von den zivilen Strafgerichten etwa 16.000 Todesurteile verhängt.
In der Ausstellung wird nicht vergessen, dass es Justizjuristen gab, die sich offen gegen das Unrecht gestellt haben. Lothar Kreyssig und Hans von Dohnany zählen zu ihnen; die Ausstellung beschreibt im übrigen auch Fragen der Personalpolitik in der Justiz und den Anpassungsdruck des Reichsjustizministeriums auf Justizjuristen.
Teil III: Die Bundesrepublik Deutschland. Der rechtspolitisch und historisch interessanteste Teil zeigt, dass es der deutschen Justiz nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" in weiten Teilen nicht um späte Gerechtigkeit, sondern um Rechtfertigung ging: "Was damals Recht war kann doch heute kein Unrecht sein" lautete eine gängige Verteidigungsstrategie.
Diesen Rechtfertigungsbemühungen blieb der Erfolg nicht versagt. Der Ausgang vieler Verfahren gegen NS-Juristen widerspricht unserem Gerechtigkeitsempfinden. Kein einziger Richter der Sondergerichte oder des Volksgerichtshofes wurde wegen eines der zahlreichen Unrechtsurteile von bundesdeutschen Gerichten rechtskräftig verurteilt. Als Beispiele sind in der Ausstellung u.a. die Fälle Rehse und Reimers dargestellt.
Ebenso werden im dritten Teil Fälle hochbelasteter Juristen, die in der bundesdeutschen Justiz Wiederverwendung fanden z.B. der ehemalige Generalbundesanwalt Fränkel dargestellt. Von einer Aufarbeitung der Unrechtsjustiz des NS-Staates in der Bundesrepublik Deutschland kann keine Rede sein. Am Ende steht die biologische Amnestie.
Rechtspflege. Zivilverfahren
Mit dem Begriff Rechtspflege bezeichnet man herkömmlicherweise die den Gerichten zugewiesenen Tätigkeiten. In erster Linie zählt dazu die Rechtsprechung. Hinzu kommen alle sonstigen den Gerichten durch den Gesetzgeber übertragenen Tätigkeiten sowie die von anderen Organen der Rechtspflege (z. B. Anwälten und Notaren) wahrgenommenen Aufgaben und Angelegenheiten. Damit handelt es sich bei dem Begriff der Rechtspflege um einen Sammelbegriff.
Die Aufgabe der Rechtspflege besteht darin, einen geordneten Ablauf der Rechtsbeziehungen zwischen den Menschen zu gewährleisten.
In der Rechtspflege Tätige sind: Richter, Staatsanwälte, Amtsanwälte, Rechtspfleger, Gerichtsvollzieher und Urkundsbeamte der Geschäftsstelle sowie, als unabhängige Organe der Rechtspflege, die Notare und Rechtsanwälte. Allen gemeinsam obliegt die Aufgabe, dem Recht in geordneten Verfahren zur Durchsetzung zu verhelfen, sowie Unrecht zu verhindern und zu beseitigen.
Wesentliche Tätigkeiten der Rechtspflege sind der Streitentscheid vor Gericht, die, Vollstreckung von Entscheidungen, die Strafrechtspflege, aber auch Tätigkeiten, die zur freiwilligen Gerichtsbarkeit zählen und der Rechtsvorsorge dienen (z.B. Betreuungsrecht).
Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, den Zivilprozess. Er wird durch die Parteien des Rechtsstreits (Kläger und Beklagten) in Gang gesetzt. Zuständig für die Entscheidung eines Zivilprozesses sind die Zivilgerichte (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof), die dem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit angehören.
Der Zivilprozess ist in das Erkenntnisverfahren und das Vollstreckungsverfahren unterteilt. Im Erkenntnisverfahren wird zunächst der Rechtsstreit in der Sache entschieden. Dazu stellt das Gericht die entscheidungserheblichen Tatsachen fest und wendet die Regeln des materiellen Zivilrechts (vor allem die Normen des bürgerlichen Gesetzbuchs) auf den Rechtsstreit an. In der Regel ergeht am Schluss des Erkenntnisverfahrens eine verbindliche Entscheidung durch Urteil. Im anschließenden Vollstreckungsverfahren wird das Urteil oder ein etwaig abgeschlossener Vergleich dann durchgesetzt, wenn dies vorab nicht bereits freiwillig erfolgt ist.
Justizmodernisierung
Schon seit Jahrhunderten gibt es Gesetze. Anfangs waren es ungeschriebene Gesetze, die im Laufe der Zivilisation der Menschheit in Gesetzbüchern verschriftlicht wurden. Sie haben zur Aufgabe die gesellschaftlichen Verhältnisse zu gestalten und zu steuern und eine vorgegebene Ordnung zu halten. Da im Laufe der Zeit immer wieder neue Umstände in diesen Verhältnissen auftreten, müssen auch die Gesetze immer den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Sie müssen also modernisiert werden, sonst verlieren sie ihre Aktualität und damit ihre Tragfähigkeit.
Erstes Justizmodernisierungsgesetz. Am 30. August 2004 ist das erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Das Justizmodernisierungsgesetz entfernt aus dem Getriebe der Justiz viele kleine Sandkörner und gießt Öl hinein. Es beseitigt Hemmnisse, über die sich alle am Justizbetrieb Beteiligten ärgern. Die Länder erhalten Kompetenzen für eigenes Ermessen, um die personellen Ressourcen effizient einzusetzen.
Zweites Justizmodernisierungsgesetz. Das Zweite Gesetz zur Modernisierung der Justiz ist am 22. Dezember 2006 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am darauffolgenden Tag Inkraft getreten. Es enthält wie schon das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das nahezu alle Bereiche der Justiz betrifft. Neben gewichtigen inhaltlichen Änderungen des geltenden Rechts gehört dazu auch eine Vielzahl kleinerer, zum Teil punktueller Korrekturen und Ergänzungen.
Justizkommunikationsgesetz. Mit dem Justizkommunikationsgesetz wurden der Zivilprozess und die Fachgerichtsbarkeiten für eine elektronische Aktenbearbeitung geöffnet. Die Verfahrensbeteiligten - Richter, Rechtsanwälte, Bürger - haben die Möglichkeit, elektronische Kommunikationsformen gleichberechtigt neben der - herkömmlich papiergebundenen - Schriftform oder der mündlichen Form rechtswirksam zu verwenden.
Redaktionsstab Rechtssprache. Im Bundesministerium der Justiz hat zum 1. April 2009 der Redaktionsstab Rechtssprache seine Arbeit aufgenommen. Sprachwissenschaftler beraten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Bundesministerien bei der Formulierung von Rechtsvorschriften.
Juristische Aus- und Fortbildung
Bei der Juristenausbildung muss ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Prüfung und der anschließende Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abgeschlossen werden. Angehende Juristinnen und Juristen studieren an den rechtswissenschaftlichen Fakultäten. Die erste Prüfung gliedert sich in zwei Teile: Die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung und die staatliche Pflichtfachprüfung. Die anschließende Ausbildung im juristischen Vorbereitungsdienst erfolgt in den Ländern in eigener Regie. Das Bundesministerium der Justiz ist mit Fragen der Juristenausbildung nur befasst, soweit gerichtsverfassungsrechtliche oder statusrechtliche Regelungen betroffen sind, beispielsweise bei der Festlegung der Zugangsvoraussetzungen zu dem Beruf des Richters und des Staatsanwaltes. Hier schreibt das Deutsche Richtergesetz einheitlich die notwendigen Grundvoraussetzungen für deren Ausbildungsgang und die erforderlichen Prüfungen fest. Die Durchführung obliegt den Ländern. Informationen dazu bieten die jeweiligen Landesjustizprüfungsämter. Statistiken über die Ergebnisse der ersten und der zweiten juristischen Staatsprüfungen finden sie hier.
Bei der Fortbildung der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten werden Bund und Länder zusammen tätig. Die Deutsche Richterakademie mit ihren Tagungsstätten in Trier und Wustrau ist eine gemeinsam organisierte und finanzierte Einrichtung auf nationaler Ebene. Jährlich werden durch die Deutsche Richterakademie in den beiden Tagungsstätten Trier und Wustrau annähernd 150 Tagungsveranstaltungen angeboten, und jedes Jahr wird dieses Angebot von ca. 5.000 Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten genutzt. Das Angebot ist vielseitig und breit gestreut. Es deckt zum einen den konkreten Fortbildungsbedarf hinsichtlich fachspezifischer Fragen ab, zum anderen finden sich aber auch fachübergreifende, interdisziplinäre Themenkomplexe und verhaltensorientierte Ansätze.
Zum Tagungsprogramm der Deutschen Richterakademie gehören auch zunehmend internationale Tagungen und Begegnungen mit ausländischen Kolleginnen und Kollegen. Im Fortbildungsprogramm der Deutschen Richterakademie zeigt sich mehr und mehr eine europäische Dimension. Im Gegenzug nehmen zahlreiche deutsche Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte an den Fortbildungseinrichtungen der EU-Mitgliedsstaaten an deren Veranstaltungen teil. Koordiniert und organisatorisch betreut werden diese internationalen Veranstaltungen von dem Europäischen Netzwerk für justizielle Aus- und Fortbildung mit Sitz in Brüssel, in dem Deutschland durch das Bundesministerium der Justiz und Vertreter der Länder präsent ist. Deutschland ist nicht nur Gründungsmitglied im EJTN, sondern gestaltet aktiv die Zukunft der Fortbildung in Europa mit. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, an Fortbildungsveranstaltungen der Europäischen Rechtsakademie (ERA) teilzunehmen.
// Institutionen der Rechtspflege.
Die Rechtspflege umfasst folgende staatliche Institutionen: die gesamte Judikative, also die Gerichte aller Gerichtsbarkeiten, Teile der Exekutive:Staatsanwaltschaft, Rechtspfleger, Gerichtsvollzieher, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Justizverwaltung durch die Justizministerien, Amtsnotare in Baden-Württemberg.
Welches Gericht tätig wird, bestimmt sich nach der Zuständigkeit. Welcher Spruchkörper (Einzelrichter, Kammer, Senat) zuständig ist, bestimmt sich nach dem anwendbaren Verfahrensgesetz (zum Beispiel Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), Zivilprozessordnung (ZPO)) und nach dem Geschäftsverteilungsplan, der von den Gerichten in eigener Verantwortung erstellt wird. Der Ablauf einer Gerichtsverhandlung ist in verschiedenen Rechtsquellen normiert. Keine Gerichte im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes sind die sogenannten Seeamtsverhandlungen („Seegerichte“); sie sind behördliche Sachverständigenverfahren der Seeämter.
Darüber hinaus werden die staatlich bestellten und privat tätigen Notare der Rechtspflege zugerechnet. In Deutschland werden darüber hinaus die Rechtsanwälte und Patentanwälte berufsrechtlich als „Organe der Rechtspflege“ bezeichnet. Diese „Organformel“ wurde erstmals vom Reichsgericht als Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte in einer Entscheidung vom 25. Mai 1883 gebraucht. Inhaltlich bedeutet dies, dass der Anwalt nicht nur seinem Mandanten verpflichtet ist, sondern auch der Rechtsordnung. In Österreich werden Rechtsanwälte dagegen nicht als Organe der Rechtspflege angesehen. Sie üben einen freien Beruf aus, in dessen Rahmen sie Klienten sowohl rechtlich beraten als auch vor Gerichten (und anderen Behörden) vertreten.
Funktionen. In der Hauptsache besteht Rechtspflege in der Tätigkeit der Gerichte aller Gerichtszweige, die dem Schutz und der Durchsetzung von Rechten und der Abwehr und Ahndung von Unrecht dient. Neben der streitentscheidenden Tätigkeit der Gerichte, der Strafrechtspflege und der Vollstreckung von Entscheidungen sind zur Rechtspflege auch Tätigkeiten zu rechnen, die zur freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören und der Rechtsvorsorge dienen (Beispiel: Betreuungsrecht).
Vorsorgende Rechtspflege ist auch die Tätigkeit der Notare, zu deren Aufgaben die Beurkundung von Rechtsvorgängen und die sonstige Betreuung der Beteiligten, insbesondere durch Anfertigung von Urkundenentwürfen und Beratung, teilweise auch durch Vertretung vor Gericht, gehört (§§ 1, 24 Abs. 1 BNotO). Weitere Organe der Rechtspflege sind die Rechtsanwälte als unabhängige Berater und Vertreter ihrer Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten (§§ 1, 3 Abs. 1 BRAO). Sie wirken außergerichtlich beratend, vertragsgestaltend und konfliktvermeidend und vertreten vor Gericht.
Strafprozessrecht
Der Strafprozess ist erschreckend gering normiert. Die meisten Vorschriften sind eher ungeschrieben und es wird auch nicht kontrolliert, ob sie so genau eingehalten werden. Da wir uns in einem Szenario der frühen Neuzeit befinden, scheint es angemessen, die Folter des Beschuldigten offiziell nicht zuzulassen. Das ist eher Aufgabe der Inquisition, bei der die Folter von den Strafrechtlern teils befürwortet, teils entschieden abgelehnt werden wird. Allerdings darf der Beschuldigte, bis seine Schuld oder Unschuld bewiesen ist beliebig lange unter beliebig schlechten Bedingungen eingekerkert werden. Das Erpressen eines Geständnisses durch Drohung oder Gewalt (die die Schwelle zur Folter nicht überschreitet) wird oft stillschweigend hingenommen. Es existiert dennoch eine gewisse Strafrechtskultur, von der Barbarei der Inquisition oder der Bannstrahler ist man noch entfernt. Der Beschuldigte hat das Recht auf Rechtsbeistand, wobei dieser vor allem dafür sorgen soll, dass das Gericht in seinem Strafmaß die persönliche Lage des Beschuldigten würdigt. Freisprüche sind wie schon angemerkt eher selten, Strafmilderungen können aber bewirkt werden. Der Prozess selber verläuft aber noch in der Form des "Inquisitionsprozesses" also unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Lediglich das Urteil wird dann öffentlich verkündet und bei Hinrichtungen oder Anprangerungen auch vollstreckt. Das Gericht soll jede Aussage, jeden Beweis billigen und eine unbeeinflusste Entscheidung treffen. Das erweist sich in der Praxis jedoch oft als schwierig. Befangenheit der Richter ist keine Seltenheit, aber auch nicht unbedingt verboten. Zeugenaussagen oder das Geständnis des Angeklagten könnten, wenn Verdacht besteht auch von einem Praiosgeweihten überprüft werden. Dies ist aber nicht der Regelfall. Praiosgeweihte sind zudem auch nur als Richter in einem Prozess zugelassen, wenn sie die entsprechende Rechtsausbildung genossen haben. Öfter fungieren sie als Laienrichter zu Seiten eines Berufsrichters oder als Gerichtsdiener und Rechtspfleger.
Geschichte des Bürgerlichen Rechts
Das deutsche Zivilrecht wurde wie auch die Rechtssysteme anderer europäischer Länder stark beeinflusst durch die Rezeption des römischen Rechts zwischen 13. und 15. Jahrhundert. Italienische Rechtsschulen beschäftigten sich mit der von Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert geschaffenen Rechtssammlung des „corpus iuris civilis“. Rechtswissenschaftler wie Bartolus de Saxoferrato (1314-1357) und Baldus de Ubaldis (1327-1400) begründeten dabei die Schule der Kommentatoren, die eine praxisorientierte Kommentierung der Rechtstexte betrieb. Auch deutsche Studenten erlernten in Italien die Methoden der Rechtswissenschaft. Das römische Recht wurde in Deutschland in Bereichen angewendet, in denen lokale Rechtssysteme keine Lösungen boten. Zur Zeit der Aufklärung setzte sich das Vernunftrecht durch. Das römische Recht wurde im „usus modernus“ neu ausgelegt. Herausragende Gesetzbücher dieser Zeit waren das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 und der französische Code Civil von 1804, der auch von deutschsprachigen Ländern wie dem Großherzogtum Baden übernommen wurde. Während der Zeit der Aufklärung herrschte das vernunftrechtliche Denken vor, welches als vernünftig erkannte und ewig gültige Rechtssätze in den Vordergrund stellte. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts sprachen sich die Mitglieder der historischen Rechtsschule, z.B. Carl v. Savigny, (1779-1861) gegen diese Ansicht aus und befürworteten eine Rückbesinnung auf das römische Recht. Ein eigenständiges deutsches Privatrecht wollten Wissenschaftler wie Otto von Gierke (1841-1921) entwickeln; es wurden Modelle wie das der Genossenschaft entwickelt und – beeinflusst durch die Industrialisierung - soziale Überlegungen einbezogen. Am 1.1.1990 trat das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft, das noch heute gilt, aber ständigen Änderungen unterworfen ist.
Heutiges Zivilrecht
Das Bürgerliche Gesetzbuch besteht aus fünf Büchern und beginnt mit einem Allgemeinen Teil. Die Regelungen dieses Teils gelten für die Vorschriften aller anderen vier Bücher. Es definiert natürliche und juristische Personen, regelt das Vereinsrecht und bestimmt, wer geschäftsfähig ist und wann Geschäftsunfähigkeit eintritt. Ein wichtiger Abschnitt widmet sich den Willenserklärungen, die etwa beim Abschluss eines Vertrages abgegeben werden. Der Allgemeine Teil bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Fristen Willenserklärungen angefochten werden können. Auch Vertretung und Vollmacht werden im Allgemeinen Teil behandelt. Wichtig sind ferner die Verjährungsregelungen. Zivilrechtliche Ansprüche verjähren in Deutschland grundsätzlich in 30 Jahren, es gibt jedoch für verschiedene Bereiche kürzere Verjährungsfristen.
Das zweite Buch – Schuldrecht – regelt die Beziehungen zwischen Personen. Im Vordergrund stehen dabei Vertragsverhältnisse und die Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen. In § 242 BGB findet sich eine zentrale Vorschrift: Danach muss eine geschuldete Leistung so bewirkt werden, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Es handelt sich dabei um eine Generalklausel, mit der Fälle geregelt werden sollen, die von keiner anderen Regelung erfasst werden. § 249 und die folgenden Vorschriften definieren den Schadenersatz und seinen Umfang. Das zweite Buch enthält auch Regelungen über spezielle Schuldverhältnisse, wie den Kauf- oder Mietvertrag. Arbeitsrechtliche Regelungen finden sich in den §§ 611.
Es folgt das Sachenrecht, welches das Verhältnis zwischen Personen und Sachen betrifft. Hier werden Besitz und Eigentum definiert. Das Sachenrecht enthält die zentralen Vorschriften über Besitz und Übertragung von Grundstücken; hier werden Rechtsinstitute wie die Hypothek oder die Grundschuld dargestellt. Das Familienrecht regelt Verlobung, Eheschließung, Ehescheidung, Unterhalt und Kindschaftsrecht. Das fünfte Buch des BGB ist dem Erbrecht gewidmet. Es regelt z.B. die gesetzliche Erbfolge und trifft Bestimmungen über Testamente und die Testamentsvollstreckung.
Zivilprozessrecht
Die Zivilprozessordnung (ZPO) bestimmt, dass die Klage gegen eine Person am Ort ihres Wohnsitzes zu führen ist. Der Gerichtsstand juristischer Personen wird durch den Sitz ihrer Verwaltung bestimmt. Niederlassungen größerer Unternehmen können einen eigenen Gerichtsstand an ihrem Sitz haben. Für bestimmte Fälle gibt es spezielle Gerichtsstände, so ist z.B. für Klagen über die Belastung eines Grundstückes das Gericht des Ortes zuständig, an dem sich das Grundstück befindet. Die ZPO definiert, welche Personen prozessfähig sind. Sie erlaubt mehreren Personen, die in gleicher Sache klagen wollen, gemeinsam als Streitgenossen vorzugehen. § 78 ZPO regelt, dass vor den Zivilgerichten mit Ausnahme des Amtsgerichtes Anwaltszwang herrscht. Für bestimmte Familiensachen – z.B. die Ehescheidung vor der familiengerichtlichen Abteilung des Amtsgerichtes – besteht ebenfalls Anwaltszwang. Vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang; vor dem Landes- und Bundesarbeitsgericht muss jedoch ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.
Die Gerichtszuständigkeit in erster Instanz richtet sich nach dem Streitwert; für Klagen mit einem Streitwert von bis zu 5.000 Euro oder Mietangelegenheiten sind die Amtsgerichte zuständig, bei höheren Streitwerten muss vor den Landgerichten geklagt werden. Dies ist im Gerichtsverfassungsgesetz geregelt (§ 23 GVG).
Grundsätzlich muss nach der ZPO die unterlegene Partei die Prozesskosten tragen. In Fällen, in denen nur ein Teilanspruch zugestanden wird, wird eine Kostenaufteilung vorgenommen. Die genauere Bestimmung der Gerichtskosten regelt das Gerichtskostengesetz (GKG), die der Anwaltskosten eine Gebührenordnung (BRAGO). Finanzschwache Parteien können eine staatliche Prozesskostenhilfe beantragen.
Darüber hinaus regelt die ZPO den Ablauf des gesamten Gerichtsverfahrens von der Einreichung der Klageschrift bis zum Urteil. Sie enthält auch Bestimmungen über die Beweisaufnahme. Beweis erhoben werden kann durch einen Ortstermin, durch die Einvernahme von Zeugen und Sachverständen, durch private oder öffentliche Urkunden und Parteivernehmung. Das Gericht kann Zeugen oder zu vernehmende Parteien darauf vereidigen, die Wahrheit zu sagen. Der Meineid oder die uneidliche Falschaussage vor Gericht sind Straftatbestände.
Die ZPO regelt ferner die Rechtsmittel. Im Zivilrecht stehen als Rechtsmittel Beschwerde, Berufung und Revision zur Verfügung. Die Beschwerde richtet sich dabei gegen behördliche oder gerichtliche Entscheidungen, die nicht in Urteilsform ergehen. Die Berufung gegen ein Gerichtsurteil stellt eine Überprüfung des Urteils in rechtlicher und sachlicher Hinsicht dar und erfordert eine erneute Beweisaufnahme.
Das Bürgerliche Recht
Alle grundlegenden Regeln über Personen, Sachen und Schuldverhältnisse sind im Bürgerlichen Recht geregelt und festgeschrieben. Das Bürgerliche Recht als ein Teil des Privatrechts regelt die Beziehungen zwischen rechtlich gleichgestellten Rechtsteilnehmern. Nicht nur von Person zu Person, sondern z.B. auch zwischen Person und Unternehmen. Gegensätzlich dazu klärt das Öffentliche Recht die Verhältnisse zwischen Privaten und Hoheitsträgern. Also zum Beispiel das Verhältnis zwischen einem Antragsteller auf Sozialhilfe und dem dafür zuständigen Amt. Auch die Beziehungen der Hoheitsträger untereinander sind dem öffentlichen Recht zu zuordnen.
Diese Einteilung in privates und öffentliches Recht stammt bereits aus römischer Zeit. Der Begriff des Bürgers hat dem Bürgerlichen Gesetzbuch seinen Namen gegeben. Dieser Begriff sollte hierbei nicht im geschichtlichen Zusammenhang gesehen werden. Gemeint ist der Rückblick in eine Zeit, als die Gesellschaft noch in Stände eingeteilt war. Es gab den Adel, das Bürgertum, den Bauern und den Arbeiter.
Vielmehr ist hier bürgerlich als Gegenteil von staatlich gemeint.Im Zuge der Entwicklung zur Moderne sind im Bürgerlichen Recht vertragsübergreifende Regelungen für Verbraucher einerseits und Unternehmer andererseits vorgesehen. Diese widersprechen eigentlich einer bürgerlich-rechtlichen Kodifikation (= systematische Zusammenfassung des für bestimmte Lebensbereiche geltenden Rechts in einem zusammenhängenden Gesetzeswerk - einem Gesetzbuch). Daher kann man heute das Bürgerliche Recht als ein Regelwerk zur generellen Regelung für den alltäglichen Rechtsverkehr betrachten.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch als wichtigstem Werk des allgemeinen deutschen Privatrechts, werden die wichtigsten Rechtsbeziehungen des Bürgelichen Rechts, die Rechtsverhältnisse zwischen Privatpersonen, festgehalten. Es bildet mit seinen Nebengesetzen das allgemeine Privatrecht. Da wären zum Beispiel das Lebenspartnerschaftsgesetz oder das Wohnungseigentumsgesetz zu nennen.
Nach langjähriger Beratung in Zwei Juristenkommissionen trat das Bürgerliche Gesetzbuch am 1. Januar 1900 durch Art. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft. Dies war die erste Gesetzessammlung im Privatrecht, die für das gesamte Staatsgebiet des damaligen Deutschlands Gültigkeit besaß.Seither hat der Gesetzgeber sehr viele Änderungen im Bürgerlichen Recht vorgenommen. Es gilt in der Bundesrepublik Deutschland als Bundesrecht nach Art. 123 Abs. 1, Art. 125 GG fort. Zum 2. Januar 2002 erfolgte eine Neubekanntmachung des Bürgerlichen Gesetzbuches in neuer deutscher Rechtschreibung und mit amtlichen Paragraphenüberschriften. Zur Zeit beinhaltet das Bürgerliche Gesetzbuch 2385 §§.
Menschheit als Völkerrechtssubjekt
Das Völkerrecht begründet Rechte und Pflichten grundsätzlich nur für Völkerrechtssubjekte; lediglich im humanitären Völkerrecht (z. B. Verbot der Diskriminierung, der Folter usw.) kommt eine Direktwirkung völkerrechtlicher Regeln zugunsten von Organisationen oder Privatpersonen in Betracht. Völkerrechtssubjekt sind nur Staaten oder von Staaten geschaffene völkerrechtliche Körperschaften. Die Menschheit als solche, also die Gesamtheit aller auf der Erde lebenden Menschen, hat in klassischer völkerrechtlicher Sicht keine Völkerrechtssubjektivität und folglich weder Rechte noch Pflichten. Es gibt zwar die Vereinten Nationen (UNO); aber diese sind im Rechtssinne nur ein Verein von Staaten, nicht aber eine Vertretung der Menschheit als solcher. Die Menschheit als solche existiert für das Völkerrecht gar nicht. Das führt, etwa im Bereich des Umweltrechts, zu Schwierigkeiten. Beispiel: Staaten, welche die Klimakonvention nicht unterschreiben, handeln grundsätzlich nicht rechtswidrig, wenn sie klimaschädliche Gase verströmen; Staaten, welche die UN - Seerechtskonvention nicht unterschreiben, können ihren Müll beliebig in internationale Gewässer versenken - denn das Klima und auch die Hohe See gehören niemandem. Neuerdings vertritt Aden aber die Auffassung, dass die Menschheit Völkerrechtssubjekt sei, also als solche völkerrechtliche Rechte und gegebenenfalls auch Pflichten habe: Das Klima, die Hohe See usw. gehören nicht niemandem - sondern der Menschheit als solcher. Es ist also nach dieser Theorie auch ohne ausdrücklichen völkerrechtlichen Vertrag rechtswidrig, Gemeinschaftsgüter der Menschheit zu beschädigen oder exklusiv für sich in Anspruch zu nehmen. Zu diesen Gemeinschaftsgütern der Menschheit gehören auch übernationale Kulturgüter wie beispielsweise die Pyramiden, Anspruch auf historische Wahrheit und Informationsansprüche
Hieraus ergibt sich nach Aden: Die Menschheit hat als solche auch einen Anspruch gegen jeden Staat, dass dieser seine Rechtsordnung so einrichtet, dass jeder einzelne Mensch gleich welcher Herkunft Rechtsschutz genießt, und zwar im Rahmen gewisser unveräußerlicher Mindestgrundsätze: unparteiische Richter, Gewährung rechtlichen Gehörs, Zügigkeit des Verfahrens usw. Wenn ein Staat wegen Revolution, Krieg oder diktatorischer Regierung das völkerrechtlich bestimmte Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit nicht gewährleisten kann oder will, so darf ein anderer Staat nach dem Grundsatz der größten Nähe (Internationale Notzuständigkeit; Proximitätsgrundsatz) an seiner Stelle tätig werden.
Rechtsgeschichte
Im 19. Jahrhundert konkurrierten verschiedene wissenschaftliche Theorien um die selbständige juristisch-dogmatische Deutung und Einordnung von Personenmehrheiten, Vermögensmassen u. a. in das geltende Recht (sog. Gemeines Recht). Der Gesetzgeber des Deutschen Reiches (1871–1945) entschied sich für die Rechtsfiktion der „juristischen Person“ und verankerte sie als neue Gesetzesinstitution in das am 1. Januar 1900 in Kraft tretende „Bürgerliche Gesetz-Buch“. In der Folge kreierte der Gesetzgeber die streng limitierte Zahl spezieller gesetzlicher juristischer Personen (Eingetragener Verein/e. V., Gesellschaft mit beschränkter Haftung/GmbH, Kommanditgesellschaft/KG, Aktiengesellschaft/AG und neuestens die Europäische Aktiengesellschaft/SE und die Wirtschaftliche Interessenvereinigung/EWIV).
Damit wurde 1900 die führende Gegenmeinung vom selbständigen „Zweckvermögen“ verworfen. Sie war 1857 – im einzelnen ausgeführt erst 1860 – von dem prominenten bayerischen Juristen des Römischen Rechts Alois Ritter von Brinz (1820–1887) begründet worden. Ein Verein, eine Aktiengesellschaft usw. sei keine „juristische Person“, sondern ein „Vermögen, das für etwas gehöre“, ein „Zweckvermögen“. Während die berühmte Theorie unterging, verbreitete sich das leere Wort „Zweckvermögen“ ungebremst weiter. Ein Jahrhundert nach der Aufstellung der Zweckvermögenstheorie durch von Brinz hat Gerold Schmidt 1969 in einer umfassenden monographischen Bestandsaufnahme den unpräzisen, oft schillernden Wildwuchs des Begriffs in zahlreichen Rechts-, Wirtschafts- und Steuergebieten nachgezeichnet. „Zweckvermögen“ wird danach oft vorgeschoben, wenn der juristische Eigentümer eines Vermögens unbekannt ist oder vorsätzlich verschleiert werden soll. Meistens sind sog. „Zweckvermögen“ als normale Treuhandvermögen zu entlarven, die dem Eigentum des Treugebers zuzurechnen sind.