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Für viele junge Grafikbüros und Kommunikationsagenturen bieten Aufträge aus Kunst und Kultur die Chance zum Experiment und helfen ihnen dabei, sich in der Szene einen Namen zu machen. Das gilt auch für die 2001 gegründete Tessiner Agentur Theredbox. «Unsere Leidenschaft ist die Kunst», bestätigen die beiden Gründer Alberto Bianda und Paolo Jannuzzi. Seit seiner Entstehung hat das Studio Aufträge aus dem kulturellen Sektor vorgezogen -ohne dabei auf Mandate von öffentlichen und privaten Institutionen, Organisationen und Verwaltungen zu verzichten.

So arbeitet Theredbox für kantonale Stellen wie das Forschungsportal «Ticino ricerca», für Hochschulen und öffentliche Ȁmter - am liebsten aber für Verlage, Museen und Galerien, darunter regelmässig für die Galleria Gottardo in Lugano. Die seit 1989 bestehende und von der Banca del Gottardo unterstutzte Institution hat sich international vor allem mit Fotografieausstellungen ein grosses Renommee geschaffen. Theredbox gestaltet für die drei Ausstellungen, welche die Galerie pro Jahr ausrichtet, sämtenitliche Plakate, Webauftritte und Kataloge - oft in direkter Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fotografen. In einigen Fällen sind aus diesen Kollaborationen grössere Projekte oder Veranstaltungsizilian entstanden. So wuchs etwa die Zusammenarbeit mit dem sizi lianischen Fotografen Ferdinando Scianna, einem Mitglied der Fotografenagentur Magnum, während einiger Jahre zu einer ganzen Serie von Anlässen. Ende 2002 wurde in Bagheria bei Palermo die Ausstellung «Ouelli di Bagheria» eröffnet, die ursprünglich in der Galleria del Gottardo in Lugano präsentiert worden war. Das dazugehörige gleichnamige Katalogbuch von Theredbox wurde im selben Jahr auch als eines der besten Schweizer Bücher ausgezeichnet.

Theredbox ergänzten Sciannas fotografisches Porträt von Bagheria, dem berühmten Vorort von Palermo, für die Ausstellung in Italien mit einem Dokumentarfilm. «Interaktivität bedeutet für uns, das Publikum einzubeziehen», er-klären Jannuzzi und Bianda. Entsprechend feierte die Schau in Sizilien Premiere mit einem grossen, interaktiven Event auf dem zentralen Platz von Bagheria. Der Dokumentarfilm trat dort in Realzeit in Dialog mit einem System von Kameras, die kontinuierlich Aufnahmen der rund 2000 Gäste machten, welche nach dem Zufallsprinzip zu Endlosschlaufen gemischt wurden. Dasselbe Projekt wurde später, in stets leicht modifizierten Formen, auch in Rom, Barcelona und Madrid gezeigt. In Spanien erhielt das Buch «Ouelli di Bagheria» 2003 zudem den Preis für die beste fotografische Publikation des Jahres zugesprochen.

Für die beiden Grafiker stellen die Neuen Medien nicht nur Spielerei dar. Ebensowenig sehen sie ihre Anwendung auf das Internet beschrankt. Viel-mehr wollen Theredbox mit den interaktiven Medien neue Kommunikationsmöglichkeiten erschliessen und Experimente im Grenzbereich zur Kunst und im Dialog mit dem Publikum anstellen. Das bedingt neben technischem Know how vor allem gestalterische Kompetenz.

Diese umfassende Herangehensweise macht Theredbox zum kleinen flexib­len Atelier, zum Referenzpunkt nicht nur auf regionaler, sondern ebenso auf nationaler und internationaler Ebene. Die beiden Grafiker Bianda und Jannuzzi beherrschen den Druckbereich genauso wie die Gestaltung und Kommunikation von Ausstellungen oder die innovative Anwendung neuer Technologien. Die Bandbreite der Arbeiten reicht von der Gestaltung der Plakate für das «Nuovo-StudioFoce» in Lugano bis zum Projekt «Minimovingalps», bei dem Vorschulnder aus dem Bergell, dem Val d'Anniviers, der Valle Maggia, dem Münstertal und dem Val di Muggio ihre Heimattaler mit der Einwegkamera entdecken.

Text:Anna Schindler;

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•Im Zentrum steht für mich immer der Mensch, nicht das Design», sagt Alfredo Häberli. Sein Design-Buch «Sketching My Own Landscape» beginnt ganz privat als Familienalbum: der dreijährige Alfredo vor einem Auto in Argentinien. Die Sehnsucht nach seiner Heimat, die er als 14-Jähriger mit seiner Familie verliess, führt ihn immer wieder nach Italien. «Es war immer mein Traum, für italienische Firmen zu arbeiten», erzählt Haberli, «weil die Italienervon ihrer Mcntalität her den Argentiniem am nächsten stehen». Hier faszinierten ihn in yungen Jahren die Leuchten von Achille Castiglioni, «und ich stellte fest, dass alle Autos, die mir gefielen, die Handschrift Giorgio Giugiaros trugen».

In Italien hat er 1995 auch seinen ersten grossen Kunden gefunden: Renato stauffacher von Alias. Aus der engen Zusammenarbeit ist eine Freundschaft entstanden. Er brauche für seine Arbeit ein Gegenüber, erklärt Häberli. Jedes seiner Produkte entsteht für einen spezifischen Kunden - so auch das Sofa TT (2005). Am Anfang stand Häberlis Idee: Wenn Alias, renommiert als Stuhl Hersteller, ein Sofa herausbringt, soll man ihm seine Herkunft auch ansehen Tatsachlich: Das Resultat der zweijährigen Entwicklungszeit ist leicht, dünn wie ein Stuhl und doch bequem wie ein herkommliches Sofa. Die Erfindung liegtin einer tragenden Schale aus acht Millimeter stärkem Polyurethan, welche Häbere:zusammen mit einem Ingenieur von Alias entwickelt hat - eine Investition von über 100000 Franken. «Dank meinem Ruf kann ich heute Hersteller dazu bringen, Risiken einzugehen», meint Häberli selbstbewusst.

Sein erfololgreichstes Produkt ist für die schwedische Porzellan-Manufaktur Rörstrand entstanden. Der Auftrag hiess: ein modernes Service entwickeln, welches, den veränderten Essgewohnheiten Rechnung trägt. Typisch ist, wie Häberli an die Arbeit ging - beobachtend: Heute werden Mahlzeiten unterbrochen Reste im Kühlschrank aufbewahrt und bei nächster Gelegenheit fertiggegessen Daraus entstand mit Rörstrand das Motto «Zwischen den Mahl-zeiten». Lange bevor Häberli über konkrete Formen nachdenkt, hält er seine Ȕberlegungen in einem Notizbüchlein fest: «Beobachtung ist die beste Form des Denkens.» Das Stichwort «zwischen» half ihm auch, die einzelnen Service-Teile zu definieren: Teller, die auch Deckel für Schalen sein können; ein Gefäss, grösser als eine Espresso-Tasse und kleiner als eine Cappuccino-Schale, lässt sicli ebenso fur Kaffee und Tee verwenden wie fur Oliven oder eine Dipp-Sauce. Her andauernde Erfolg des Service «Origo» (2000) sichert Häberlis finanzielle Existenz: Allein von diesen Einkunften könnte er leben. Denn Tantiemen sind cine wichtige Einnahmequelle des Designers: Jedes verkaufte Produkt bringt etwas in die Atelier-Kasse: «Die Durststrecke dauerte fünf Jahre. Ohne meine Frau Stiefanie, die als Grafikerin arbeitet, hatte ich es nie geschäfft.»

Fragt man Alfredo Häberli nach seinem Lieblingsprodukt, nenn er ohne zögern «Kids' Stuff» (2003), das er für den finnischen Glashersteller Iittala entwikelte. Er habe damit ein Geschirrset schaffen wollen, das Kinder ernst nclime - mit einem richtigen Glas zum Beispiel, das ihnen gut in der Hand liegt: Design kann Herznahrung sein - falls ich den Gegenstand gern bekomme»Häberlis Domäne ist der gehobene Lebensstil - Alltagsgegenstände mit dem gewissen Etwas, das man oft erst im zweiten Anlauf entdeckt. Der Stilwillen ist unve, die Formensprache präzis, nüchtern: «Das ist der Schweizer in mir», vermutet Häberli.

Zurzeit arbeitet er an seinem ersten Auftrag für Volvo: «ein Vehikel ohne Motor» mehr darf er nicht verraten. Alfredo Häberlis grosser Traum, ein richtiges Auto zu entwerfen, scheint greifbar nah.

Text:Christian Eggenberger; Fotos: Peter Klauiizer

Design

Mit der Wohnwand hat alles angefangen: Irgendwann kam sie uns banal und beliebig vor. Meine Frau fand einen einfachen, alten Bauernschrank, und plötzlich wollten die übrigen Möbel nicht mehr dazu passen. Zum ersten Mai habe ich mir Gedanken über Design geniacht: Welche Möbel könnten zu uns passen? Welche Gegenstande gefallen mir? - Eine schlichte Schonheit zeichnet sie aus, prazis in Form und Funktion, raffiniert und erfinderisch. Namen wie USM Haller, Hans Eichenberger und Kurt Tliut Miie i°2> wurden mir ein Begriff. Kurz, ich lernte die faszinierende Welt des Designs kennen.

DESIGNsuisse zu präsentieren, bereitet mir deshalb ein besonderes Vergnü-gen. Dieser Überblick über das zeitgenössische Design in der Schweiz ist ein zigartig: eine gewichtiges Buch und 25 Portratfilme auf zwei DVDs - die beiden Medien ergänzen sich ideal. Stehen im Buch die Arbeiten der Gestalterinnen und Gestalter im Zentrum, konzentrieren sich die verschiedenen Filme auf die Personen hinter den Gegenständen.

Design ist aber auch ein Wirtschaftsfaktor: Gestalter funktionieren meist als Kleinunternehmen mit ein paar Angestellten; Herstellungsbetriebe im In-und Ausland realisieren, was die Designer entworfen und gestaltet haben, und Geschäfte verkaufen schliesslich die Produkte an die Konsumenten. Ähnlich wie Architektur geniesst Design aus der Schweiz international einen guten Ruf: So tauchen Martin Leutholds High-End-Textilien regelmässig auf den Laufstegen der Modemetropolen auf; die Swatch ist einer der populärsten All-tagsgegenstände aus der Schweiz.

DESIGNsuisse ist eine Initiative der SRG SSR idee suisse und bereits die fünf-te Produktion, welche sich der kulturellen Vielfalt unseres Landes widmet. Diese zu dokumentieren, ist eine der vornehmen Aufgaben unseres Unterneh-mens - sie ist idee suisse. Zuvor liefen die TV Reihen «LiteraTour de Suisse», «ArchitecTour de Suisse», eine Reihe über Schweizer Komponisten und zuletzt «PHOTOsuisse». Ein Projekt wie DESIGNsuisse kann nur gelingen, wenn Part-nerinnen und Partner aus verschiedenen Disziplinen zusammenspannen. Im Zentrum der Arbeiten standen die Produzenten von SF Schweizer Fernsehen, der Television Suisse Romande, der Televisione svizzera di lingua italiana und der Televisiun Rumantscha. Die Redaktion «Hochparterre» begleitete mit ihrem Wissen und Konnen das Projekt. Bei «Hochparterre» ist diese vierspra-chige Publikation entstanden, welche wir gemeinsam herausgeben.

In die Auswahl der 25 Gestalterinnen und Gestalter waren Kermer der Design-szene Schweiz involviert, namentlich Vertreterinnen und Vertreter der Hoch-schulen für Gestaltung und Kunst aus Zürich, Basel, Lausanne und Lugano sowie des Bundesamtes für Kultur. Die Fotostrecken in diesem Buch stammen von den Studierenden des dritten Studiengangs Pressefotografie der Schweizer Jour nalistenschule Luzern (MAZ). Präsenz Schweiz schliesslich ermöglichte die englischsprachige Version von DESIGNsuisse und sorgt mit für die mtematio-nale Verbreitung des Werks. Kurz: Ein gutes Dutzend Institutionen aus den verschiedenen Landesteilen sind in verschiedeiien Funktionen an DESIGN­suisse beteiligt. Diese für ein genieinsanies Projekt zusaniniengebracht zu ha-ben – auch das ist idee suisse.

Armin Walpen, Generaldirektor SRG SSR idee suisse

Designsuisse

Ist gutes Design die Vorstufe zur Perfektion? - Die 25 Gestalterinnen und Gestal-ter, die wir mit DESIGNsuisse vorstellen, wollen mit ihrer Arbeit etwas Gül-tiges oder gar Endgültiges in die Welt setzen. Sie schrecken nicht davor zurück, beispielsweise den Stuhl neu zu erfinden. Obwohl bereits Tausende im Ange-bot stehen, darunter durchaus ein paar Musteigültige; sie machen es sich zur Aufgabe, den ultimativen Stuhl zu entwerfen. Die Perfektion anstreben und doch wissen, dass sie unerreichbar bleibt - wie die Vollkommeiiheit.

Aus einer zeitlichen Distanz wird man dem Stuhl die Zeit ansehen, in der er entstanden ist. Und auf einmal ist er nicht mehr endgültig - und bestenfalls reif fürs Museum. Was wie ein Mangel aussieht, erweist sich als entscheiden-de Oualität. Der Stuhl, jeder Schuh, jedes Plakat, jedes Laborgerät, ja jeder Löffel sagt etwas uber die Zeit aus, in welcher der jeweilige Gegenstand entstanden ist. Kami er es nicht, ist das Design beliebig und der Designer belanglos. Und hätte er die Ambitionen nicht, ware er schon vergessen und verloren.

Gutes Design hat eine Geschichte. Zu ihr gehört auch jene seines Autors: Die persönliche Geschichte der Gestalterinnen und Gestalter, Ausbildung und Werdegang, Herkunft und Lebensumstände, Werte und Eigensinn prägen ihre Arbeit und die Gegenstände, die sie entwickeln. Deshalb macht auch der Blick auf gutes Design aus einem bestimmten Land Sinn. Bei der Auswahl haben wir uns aufs zeitgenössische Design konzentriert und nur eine Frage gestellt: Welche sind die wichtigen Stimmen heute? Llm sie zu beantworten, reisten die Produzenten Alberto Chollet (Generaldirektion SRG SSR idee suisse), Chris­tian Eggenberger (SF Schweizer Fernsehen), Gaspard Lamuniere (Television Suisse Romande), Luisella Realini (Televisione svizzera di lingua italiana) und Bertilla Giossi (Televisiun Rumantscha) durchs Land und kanien mit einer Liste von über hundert Namen zurück.

Mit DESIGNstiisse wollen wir nicht nur Designer vorstellen, die national und international auffallen; ebenso sind uns die Gestalter wichtig, die ihre Tätig keit regional ausrichten und so den Alltag einer bestimmten Gegend mitprä-gen. Für die Selektion auf 25 Namen liessen sich die Fernsehproduzenten von einer Expertengruppe beraten: Patrizia Crivelli (Dienst Design, Bundesamt fur Kultur), Pierre Keller (Hochschule fur Gestaltung und Kunst, Lausanne), Ulrs Fanger (Hochschule für Gestaltung und Kunst, Zürich) und Köbi Gantenbein («Hochparterre»). Die Auswahl geleitet haben auch Fragen wie: Welches Werk steht typisch fur em bestimmtes Problem? Welches uberrascht inhaltlich wie formal? Wie konnen wir dem Publikum einen spannenden, vielfaltigen überblick anbieten über das zeitgenössische Design aus der Schweiz?

Die Auswahl verteidigt auch ein bestimmtes Interesse an Design. Gut vertre-ten sind die Gestalter, die ihre Autorenschaft betonen: Der eigene Name steht für eine bestimmte Handschrift. Mit von der Partie sind auch Designer, die sich als Dienstleister verstehen und als Autoren diskret im Hintergmnd arbeiten. Zum Beispiel Joerg Zintzmeyer. Er hat nicht nur die heutigen Schweizer Banknoten entworfen; mit seinem Konzept der Markenentwicklung und -pflege hat er weltweit die Art und Weise, wie Autos verkauft werden, umgekrem-pelt. Er ist ein Global Player in Sachen Design; ein Local Hero ist Ramon Zangger der in seiner Schreinerei in Samedan Arvenmöbeln eine zeitgemässe Form und dem Kunsthandwerk einen wichtigen Anstoss gibt. Anita Moser entwirft als Ehizelkämpferin exklusive Frauenschuhe, welche sie unter dem eigenen Label in Kleinserien anbietet; Martin Lottis Sportschuhe fur Frauen sind überall auf der Welt zu kaufen, wo sein Arbeitgeber Nike präsent ist. Lotti, Jahrgang 1974, ist einer der jungsten Designer der Auswahl; der Doyen Kurt Thut wurde 1931 geboren. Dessen aktuelle Arbeiten belegen, dass er nach wie vor einer der massgebenden zeitgenössischen Möbeldesigner der Schweiz ist. Ausbildungsstätten haben einen entscheidenden Einfluss auf die Designszene. Deshalb ist ein Portrat Alexis Georgacopoulos gewidmet, dem jungen Leiter der Design-Abteilung Hoclischule für Gestaltung und Kunst in Lausanne. Unter der Direktion von Pierre Keller ist in der Ro mandie in einem Jahrzehnt ein vielbeachtetes Design-Zentrum entstanden.

Glücklich ein Land, das sich mit soldier Passion dem Schönen und Wahren widmen kann. Dazu tragen die 25 Porträtierten mit ihren Zeichen, Kleidern, Möbeln, Apparaten wesentlich bei. Und ihre Arbeiten helfen uns, den Alltag besser zu bewaltigen - und uns in dieser Welt zurecht zu finden, an ihr Freude zu haben und Sorge zu tragen.

Für die Auswahl von DESIGNsuisse gilt, ähnlich wie fürs Gestalten selbst: Die endgultige Selektion gibt es nicht. Audi sie soil geprägt sein von jenen, die sie verantworten; von der Zeit, in der sie getroffen wurde. Diese Zeit zeigt ebenfalls: Graphic Design, Produktgestaltung und Mobeldesign bleiben auch zu Beginn dieses Jahrhunderts weitgehend Mannerdonianen.

DESIGNsuisse haben wir von Anfang an in zwei Medien gedacht. Schon das Design dieser Publikation mit den zwei DVDs auf dem Cover zeigt, wie Film und Buch zusammengehören wollen. Der Film, als Selbstporträt konzipiert, er-laubt die direkte Begegnung mit dem Designer, seinen Gedanken und über legungen. Dieses Medium eignet sich vortrefflich, Arbeitsweisen und Prozesse zu dokumentieren. Deshalb sollte jedes Filmporträt ein konkretes Projekt verfolgen, möglichst von der ersten Idee bis hin zu ihrer Realisation. Diese Vor-gabe war für die Filmschaffenden eine besondere Herausforderang, inhalt-lich wie logistisch: Welche sind die entscheidenden und damit spannenden Momente in einem Entwicklungsprozess, der sich iiber Monate hinwegzie-hen kann? Welche Etappen könnten sich als typisch und aufschlussreich für die Arbeitsweise des porträtierten Designers erweisen? Selbstverständlich setz-ten die Dreharbeiten eine enge Zusammenarbeit und ein Vertrauensverhaltnis zwischen Filmschaffenden und Designern voraus. Die richtigen Leute zusam-menzubringen war eine der wichtigen Aufgaben der Fernsehproduzenten.

Das Buch spielt seine Stärken anders aus als der Film: Hier sind Hintergrunde, Reflexion, Fakten und Meinungen gut aufgehoben. Die Bildstrecken sind eigens für diese Publikation entstanden, in Zusammenarbeit mit der Schweizer Journalistenschule Luzern (MAZ). Die engagierte Diplomarbeit der Studie-lenden des Studiengangs Pressefotogiafie ermuntert, genau hinzuschauen und zu vergleichen. Ein Essay von Meret Ernst gibt den 25 Porträts einen Rahmen und die Verankerung in der Designgeschichte der Schweiz. Damit ist angedeutet: An diesem Projekt haben rand 200 Menschen aus den unterschied-lichsten Bem'fen, aus den verschiedenen Regionen des Landes direkt mitgear-beitet. Mit ihrem Wissen und Können haben sie an dieser gemeinsamen Gestal-tungsaufgabe mitgewirkt: Auch hierfür steht DESIGNsuisse.

Christaii Eggenberger

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Im Zentrum steht für mich immer der Mensch, nicht das Design», sagt Alfredo Häberli. Sein Design-Buch «Sketching My Own Landscape» beginnt ganz privat als Familienalbum: der dreijährige Alfredo vor einem Auto in Argentinien. Die Sehnsucht nach seiner Heimat, die er als 14-Jähriger mit seiner Familie verliess, führt ihn immer wieder nach Italien. «Es war immer mein Traum, für italienische Firmen zu arbeiten», erzählt Haberli, «weil die Italienervon ihrer Mcntalität her den Argentiniem am nächsten stehen». Hier faszinierten ihn in yungen Jahren die Leuchten von Achille Castiglioni, «und ich stellte fest, dass alle Autos, die mir gefielen, die Handschrift Giorgio Giugiaros trugen».

In Italien hat er 1995 auch seinen ersten grossen Kunden gefunden: Renato stauffacher von Alias. Aus der engen Zusammenarbeit ist eine Freundschaft entstanden. Er brauche für seine Arbeit ein Gegenüber, erklärt Häberli. Jedes seiner Produkte entsteht für einen spezifischen Kunden - so auch das Sofa TT (2005). Am Anfang stand Häberlis Idee: Wenn Alias, renommiert als Stuhl Hersteller, ein Sofa herausbringt, soll man ihm seine Herkunft auch ansehen Tatsachlich: Das Resultat der zweijährigen Entwicklungszeit ist leicht, dünn wie ein Stuhl und doch bequem wie ein herkommliches Sofa. Die Erfindung liegtin einer tragenden Schale aus acht Millimeter stärkem Polyurethan, welche Häbere:zusammen mit einem Ingenieur von Alias entwickelt hat - eine Investition von über 100000 Franken. «Dank meinem Ruf kann ich heute Hersteller dazu bringen, Risiken einzugehen», meint Häberli selbstbewusst.

Sein erfololgreichstes Produkt ist für die schwedische Porzellan-Manufaktur Rörstrand entstanden. Der Auftrag hiess: ein modernes Service entwickeln, welches, den veränderten Essgewohnheiten Rechnung trägt. Typisch ist, wie Häberli an die Arbeit ging - beobachtend: Heute werden Mahlzeiten unterbrochen Reste im Kühlschrank aufbewahrt und bei nächster Gelegenheit fertiggegessen Daraus entstand mit Rörstrand das Motto «Zwischen den Mahl-zeiten». Lange bevor Häberli über konkrete Formen nachdenkt, hält er seine Ȕberlegungen in einem Notizbüchlein fest: «Beobachtung ist die beste Form des Denkens.» Das Stichwort «zwischen» half ihm auch, die einzelnen Service-Teile zu definieren: Teller, die auch Deckel für Schalen sein können; ein Gefäss, grösser als eine Espresso-Tasse und kleiner als eine Cappuccino-Schale, lässt sicli ebenso fur Kaffee und Tee verwenden wie fur Oliven oder eine Dipp-Sauce. Her andauernde Erfolg des Service «Origo» (2000) sichert Häberlis finanzielle Existenz: Allein von diesen Einkunften könnte er leben. Denn Tantiemen sind cine wichtige Einnahmequelle des Designers: Jedes verkaufte Produkt bringt etwas in die Atelier-Kasse: «Die Durststrecke dauerte fünf Jahre. Ohne meine Frau Stiefanie, die als Grafikerin arbeitet, hatte ich es nie geschäfft.»

Fragt man Alfredo Häberli nach seinem Lieblingsprodukt, nenn er ohne zögern «Kids' Stuff» (2003), das er für den finnischen Glashersteller Iittala entwikelte. Er habe damit ein Geschirrset schaffen wollen, das Kinder ernst nclime - mit einem richtigen Glas zum Beispiel, das ihnen gut in der Hand liegt: Design kann Herznahrung sein - falls ich den Gegenstand gern bekomme»Häberlis Domäne ist der gehobene Lebensstil - Alltagsgegenstände mit dem gewissen Etwas, das man oft erst im zweiten Anlauf entdeckt. Der Stilwillen ist unve, die Formensprache präzis, nüchtern: «Das ist der Schweizer in mir», vermutet Häberli.

Zurzeit arbeitet er an seinem ersten Auftrag für Volvo: «ein Vehikel ohne Motor» mehr darf er nicht verraten. Alfredo Häberlis grosser Traum, ein richtiges Auto zu entwerfen, scheint greifbar nah.

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