Eigeninitiative im Studium ist gefragt
Anastassia (li.) und Damares spüren den Prüfungsdruck
Das Studium in Deutschland ist durch den Bachelor-Abschluss kürzer und intensiver geworden. Das macht auch den ausländischen Studenten zu schaffen. Die Hälfte von ihnen bricht das Studium ab. Aber es geht auch anders.
An der roten Tür hängt ein Din-A-4-großer Zettel. Darauf steht:"Mündliche Prüfung – Bitte nicht stören". Denn hinter der Tür prüft gerade Tanja Kupisch eine Studentin im Fach Italienisch. Kupisch ist seit drei Jahren als Junior-Professorin am Institut für Romanistik der Universität Hamburg. Die Italienisch-Prüfung läuft nicht so gut, daher muss Kupisch eine schlechte Note vergeben. "Man fühlt schon auch mit den Studenten mit, wenn das Ergebnis nicht gut ist", sagt Kupisch. Aber lernen müssten sie schon alleine. "Wir können den Stoff vermitteln, aber sie müssen auch noch was dazu tun." Die 37-Jährige versucht, für ihre Studenten da zu sein. Ihre Tür stünde immer offen und außerdem würden viele Studenten per Mail Fragen schicken. "Ich habe an manchen Tagen hundert Emails und ich schaffe es auch nicht immer alle zu beantworten", gesteht Tanja Kupisch ein.
Eigenständiges Arbeiten wird vorausgesetzt
Professor Thomas Eger hat an vielen Unis weltweit unterrichtet
Deutsche Studierende sind es gewöhnt, sich alleine im Uni-Alltag zurechtzufinden. Ihr Lehrmaterial und die Stundenpläne stellen sie sich oft selbst zusammen und wenn sie einen Professor sprechen wollen, liegt die Initiative bei ihnen. Damares Zimmermann hat während ihres BWL-Studiums überhaupt keinen persönlichen Kontakt zu ihren Professoren gehabt. Für die Brasilianerin war das eine große Umstellung. In ihrer Heimat besucht sie eine private Uni. "Da gab es deutlich mehr Betreuung als hier in Hamburg", sagt Zimmermann. Die Professoren hätten den Studenten auch erklärt, wie sie etwa an Bücher herankommen oder wo man kopieren kann. Hier in Deutschland habe sie ein ganzes Semester gebraucht, um sich an der Uni zu recht zu finden, so Zimmermann. Dass der Beratungsbedarf bei ausländischen Studierenden höher sei, hat auch Wirtschaftsprofessor Thomas Eger erfahren. Er leitet das Institute of Law and Economics an der Uni Hamburg, an dem Studenten aus mehr als 40 Nationen zusammenkommen.
Alle bringen unterschiedliche Lerneigenschaften aus ihrer Heimat mit. "Was für mich verblüffend ist, dass sowohl Studenten aus Indien, als auch aus Israel sehr viel argumentieren. Sie glauben erstmal nichts, stellen alles in Frage. Dagegen ist der 'typische' Chinese sehr fleißig, argumentiert aber weniger", sagt Eger, der bereits an Universitäten weltweit unterrichtet hat. Dabei ist ihm ein Unterschied zwischen deutschen und internationalen Studierenden immer wieder aufgefallen: die Erfahrung mit eigenständigen schriftlichen Arbeiten. "Einige haben bereits im Ausland ein komplettes Studium abgeschlossen, ohne auch nur eine einzige Hausarbeit geschrieben zu haben", so Eger.
Deutsche Sprache ist die größte Hürde
Esther Kaufmann hilft bei der Organisation des Studiums
An seinem Institut gehe es sehr persönlich zu und den knapp 100 Studenten würde über den Unterricht hinaus sehr viel bei Lernfragen geholfen. Doch dieses Master-Programm "Law and Economics" nimmt innerhalb der Uni Hamburg eine Sonderrolle ein. Denn für diese gute Betreuung zahlen die Studenten Studiengebühren: Europäische Studierende kostet das Programm 4500 Euro pro Semester, nicht-europäische Studenten zahlen 8500 Euro. Ansonsten müssen sich die Studenten an der Uni selbst organisieren. Und meist sei gerade die Organisation des Studiums für viele Studenten schwer, weiß Esther Kaufmann. Sie gibt Studenten in Workshops Tipps, wie sie ihr Lern-Pensum schaffen können.
Angeboten werden diese Kurse über das sogenannte Piasta- Programm, das zur Abteilung Internationales der Uni Hamburg gehört. In diesem Programm werden deutsche und internationale Studierende in ihrem Studienalltag unterstützt. "Wie kommen sie an Material? Was ist ein Copy-Shop? Wie funktioniert die Bibliothek?" So zählt Kaufmann typische Fragen auf. Für viele Ausländer sei vor allem die Sprache ein großes Problem.