Jugendliche verbringen im Laufe ihrer Schulzeit rund 15 000 Stunden im Unterricht, aber etwa 18 000 Stunden vor dem Fernseher
Karte 18. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (491 Wörter; 3221 Zeichen) 3.3 Min.
Das deutsche Bildungswesen: Die Sekundarstufe I
In diesem Artikel will ich Sie nun ein wenig über die Sekundarstufe I des deutschen Bildungswesens informieren. Dazu stelle ich Ihnen am besten die Schulformen vor, die zur Sekundarstufe I, also den Klassen 5 bis 10 gehören. Die Verbreitung der einzelnen Schulformen ist dabei in den Bundesländern und Stadtstaaten der Bundesrepublik recht unterschiedlich. Dies liegt an der Kulturhoheit der Länder, von der ich Ihnen ja bereits früher kurz berichtet habe.
Alle in Deutschland lebenden Jungen und Mädchen müssen mindestens bis zum Ende der Schulpflicht (in der Regel nach neun Schuljahren, in einigen Bundesländern nach zehn Schuljahren) eine dieser Schulformen besuchen. Dabei ist es möglich, von einer Schulform in die andere zu wechseln. Dies geschieht meistens am Ende der "Orientierungsstufe".
Zur einfacheren Übersicht versuche ich die Darstellung hier in einer Art Tabelle, der Sie die wichtigsten Informationen entnehmen können.
Gymnasium: stark theoretisch ausgerichtete Schule für gut begabte Jungen und Mädchen, die später in der Regel an einer Universität oder Fachhochschule studieren wollen.
Kl. 5 / 6: Orientierungsstufe zur Feststellung, ob diese Schulform zurecht gewählt ist.
Kl. 7 / 8: Unterstufe: Erlernen der Grundlagen in einem relativ festgelegten Fächerkanon.
Kl. 9 / 10: Mittelstufe: Fortsetzung des Grundlagenlernens; erste Wahlmöglichkeiten nach eigenen Lerninteressen; am Ende (Zwischen-) Abschluss mit der so genannten "mittleren Reife" = Sekundarabschluss I (Fachoberschulreife).
Realschule: gemischt theoretisch-praktisch ausgerichtete Schule für gut- bis mittelbegabte Jungen und Mädchen, die später einen höher qualifizierten Beruf erlernen wollen.
Kl. 5 / 6: Orientierungsstufe
Kl. 7 - 10: Hauptstufe mit dem Abschluss der "mittleren Reife" (s.o.).
Hauptschule: Schule für normal und auch schwächer begabte Jungen und Mädchen, die später einen qualifizierten praktischen Beruf anstreben. Deshalb ist diese Pflichtschule für alle Kinder, die keine andere Schulform im Bereich der Sekundarstufe I gewählt haben, sehr praktisch ausgerichtet, z.B. mit den Fächern Technik, Haushaltslehre, Wirtschaftslehre und der Durchführung von Betriebspraktika.
Kl. 5 / 6: Orientierungsstufe
Kl. 7 - 9: (zum Teil Kl. 10): Hauptstufe mit zunehmenden Differenzierungs- und Wahlmöglichkeiten von Fächern und Lerninhalten je nach Leistungsfähigkeit und Interesse der Schüler. Abschlüsse: Hauptschulabschluss nach Klasse 9, Sekundarabschluss I oder Sekundarabschluss II (Fachoberschulreife) nach Klasse 10.
Gesamtschule: Schule, in der die vorgenannten Schulformen gemeinsam enthalten sind. Oder: alle Schulformen unter einem Dach und einer Leitung.
In der Sekundarstufe I werden, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die folgenden Fächer unterrichtet: die Hauptfächer Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch, Latein (vereinzelt Spanisch, Griechisch), die naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Physik, Chemie, die gesellschaftlichen Fächer Geschichte/Politik, Geographie, Sozialkunde, Polytechnik. Das Fach Religionslehre ist in den meisten Bundesländern verbindliches Lehrfach. Dazu kommen je nach Angebotsmöglichkeiten der einzelnen Schulen frei wählbare Arbeitsgemeinschaften wie Phototechnik, Chor, Orchester, Tanz, Umweltschutz und ähnliche Fächer.
Am Ende jedes einzelnen Schuljahres erhält jede Schülerin/jeder Schüler ein Ziffernzeugnis, das über seinen Leistungsstand informiert und darüber, ob sie oder er die nächsthöhere Klasse besuchen kann. Das Abschlusszeugnis gibt Auskunft darüber, ob das Bildungsziel der Schulform erreicht wurde und in welcher Weise die Ausbildung in der Sekundarstufe II fortgesetzt werden kann. Darüber später mehr.
Lothar von Seltmann
Karte 19. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (712 Wörter; 4329 Zeichen) 4.7 Min.
Das deutsche Bildungswesen: Die Elementarstufe
Zur Elementarstufe gehören alle Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind. Das sind alle Kinder, die noch nicht sechs Jahre alt sind. Sie werden in ihren ersten Lebensjahren gewöhnlich in den eigenen Familien von ihren Eltern betreut. Später, mit drei oder vier Jahren, können die Kleinkinder dann einen Kindergarten oder einen Kinderhort besuchen.
Kindergärten oder auch Kinderhorte sind meistens kommunale Einrichtungen oder Einrichtungen von freien Trägern. Solche freien Träger sind z.B. das Deutsche Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt, die Evangelische oder Katholische Kirche, u.a.m. An diese Träger müssen die Eltern normalerweise für die Betreuung ihrer Kinder Gebühren bezahlen. Diese werden dort von besonders ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern betreut. Die Kinder lernen dabei als wichtigstes, wie sie sich in einer Gruppe von Gleichaltrigen verhalten müssen, damit alle gut miteinander auskommen. Das ist deshalb wichtig, weil immer mehr Kinder in unserem Staat als Einzelkinder ohne Geschwister aufwachsen. Ihnen fehlt in der Familie der soziale Kontakt zu Kindern im gleichen Alter. Diese Kontakte bietet ihnen der Kindergarten. Hier werden die Jungen und Mädchen zusammen in altersgemischten Gruppen erzogen. Sie lernen dort miteinander zu leben, zu spielen, zu basteln, zu singen, aufeinander zu hören, sich gegenseitig zu helfen, usw.
Die meisten Kinder besuchen den Kindergarten nur am Vormittag und sind am Nachmittag in ihren Familien. Manche Kinder bleiben aber auch bis zum Nachmittag im Kindergarten oder Kinderhort und werden dort von den Mitarbeitern betreut. Das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung in die Grundschule dient dann auch schon dazu, die Aufnahme und das Lernen in der Schule gezielt vorzubereiten. Hier wird dann schon ein wenig "gerechnet", "geschrieben", und es werden lebenspraktische Themen "bearbeitet". Die Erzieherinnen und Erzieher haben danach auch die Aufgabe, die Lehrerinnen und Lehrer der Grundschule dabei zu beraten, ob ein Kind als schulreif angesehen werden kann oder noch nicht.
Die Primarstufe
Im Alter von sechs Jahren werden die Kinder in Deutschland schulpflichtig. Wenn sie auch schulreif sind, d.h. wenn sie die körperlichen und geistigen Voraussetzungen erfüllen, besuchen sie für zunächst vier Jahre eine Grundschule. Kinder, bei denen der Schularzt fehlende Schulreife feststellt, können für ein Jahr vom Schulbesuch zurückgestellt werden, oder sie besuchen zunächst einen Schulkindergarten, wo sie in kleinen Gruppen besonders gefördert werden.
In den Klassen der Grundschule werden alle Kinder gemeinsam unterrichtet, gleich welchen Geschlechts, welcher Nationalität oder welchen sozialen Standes. Dort lernen sie Lesen und Schreiben, sowie den Umgang mit Zahlen in den Grundrechenarten. Sie lernen ihre geographische, biologische, physikalische, politische Umwelt zu erkunden und zu begreifen. Das Unterrichtsfach, in dem das geschieht, heißt Sachkunde oder Sachunterricht. Natürlich nimmt auch der musische Bereich einen breiten Raum im Grundschulunterricht ein; Musik, Kunst und Sport sind wichtige Fächer. Der Religionsunterricht hat einen verfassungsmäßig garantierten Platz im Stundenplan. Er wird erteilt nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse und Konfessionen von Lehrerinnen und Lehrern, die dazu eine besondere Bevollmächtigung der Kirche brauchen. Es gibt auch schon Grundschulen, in denen versuchsweise ab der dritten Klasse Englischunterricht erteilt wird. Dies ist aber noch nicht die Regel.
Grundschulkinder erhalten zur Beurteilung ihrer Leistungen in den ersten beiden Jahren noch keine Ziffernzensuren und keine Zeugnisse. An deren Stelle erhalten sie ausführliche Beurteilungen ihres Lernverhaltens, ihres Lernfortschritts und ihres Verhaltens in der Gruppe. Erst ab der Klasse 3 werden die verbalen Beurteilungen mehr und mehr von Zensuren abgelöst. Am Ende der Grundschulzeit erhalten die Kinder noch einmal zusätzlich zu ihrem Ziffernzeugnis eine schriftliche Beurteilung, die deutlich machen soll, welche Schule sie in der Sekundarstufe I besuchen sollten. Kinder, die die Lernziele einer Klasse nicht erreichen oder sich dabei sehr schwer tun, erhalten besonderen Förderunterricht. Dennoch kommt es vor, daß lernschwache Kinder eine Klasse wiederholen müssen.
Eigentlich sollten Grundschulen kleine Klassen mit höchstens 20 Kindern haben. Die Wirklichkeit sieht aber oft ganz anders aus: Es gibt immer mehr Klassen mit 30 und mehr Kindern. Es ist klar, dass sich in solchen großen Klassen die Lehrerinnen und Lehrer nicht so intensiv mit den einzelnen Kindern befassen können, wie sie es gerne möchten und wie es auch gut und notwendig wäre. Aber es gibt einfach zu wenig Lehrkräfte, weil die Bundesländer und Stadtstaaten Deutschlands wegen Geldmangels seit einigen Jahren kaum neue Lehrkräfte zum Dienst eingestellt haben. Dadurch liegt das Durchschnittsalter der Lehrerinnen und Lehrer inzwischen bei 43 Jahren. Und das ist für die Arbeit mit jungen Schulkindern nicht immer gut.
Lothar von Seltmann
Karte 20. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (471 Wörter; 3226 Zeichen) 3.15 Min.
Ausbildung nach dem Studium
Für angehende Lehrer und Juristen schließt sich nach dem Abschluss ihres Hochschulstudiums ein Referendariat an. Neben dem Namen haben die beiden Ausbildungswege inhaltlich aber nichts gemein.
Sowohl für angehende Juristen als auch für künftige Lehrer schließt sich mit dem Referendariat eine 24-monatige Phase an das jeweilige Hochschulstudium an, in dem die Hochschulabsolventen praktisch auf den Beruf vorbereitet werden. Den Abschluss des Referendariats markiert das Zweite Staatsexamen, das bei Juristen auch das "Große Staatsexamen" genannt wird.