Die Besten sollen nach Deutschland kommen
In diesem Jahr wurden insgesamt zehn Studenten zur Promotion an die Berlin Graduate School for Transnational Studies zugelassen. Drei davon kommen aus dem Ausland. Das Ziel sei aber, vor allem die ausländischen Promovierenden zu locken, die sonst nach Stanford, Oxford oder Berkeley gehen würden, sagt Risse. "Wir glauben nicht, dass wir in Deutschland gerade in den Sozialwissenschaften für amerikanische Doktoranden eine Alternative sind, aber ich möchte die hervorragenden Türken, Russen, Kirgisen, Usbeken, Kenianer, Mexikaner nach Deutschland holen. Da müssen wir hin."
Autor: Rayna Breuer Redaktion: Gaby Reucher
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Eltern zwischen Ehrgeiz und Überforderung
Wie viel Bildung braucht mein Kind? Welche Rolle spielt dabei die Erziehung zur Bildung? Diese Fragen haben zwei Studien untersucht, die neue Impulse für die Bildungsdebatte in Deutschland geben.
Klaus Hurrelmann: "Wir stecken in einer historischen wohlfahrtspolitischen Falle"
Eine gute Bildung ist entscheidende Voraussetzung für den beruflichen Erfolg eines Menschen. Das sehen 94 Prozent der Eltern in Deutschland so. Zu diesem Ergebnis kommt das renommierte Institut für Demoskopie Allensbach in seiner Studie zu Bildungsambitionen und Erziehungszielen von Eltern. Bundesweit wurden dazu rund 1200 repräsentativ ausgewählte Eltern befragt. "Das wichtigste Ergebnis der Studie ist, dass sie deutlich zeigt, wie ehrgeizig die Eltern in Deutschland sind", sagte Klaus Hurrelmann, wissenschaftlicher Begleiter der Studie und einer der führenden Bildungsforscher in Deutschland, bei der Präsentation der Ergebnisse am 11. Oktober 2011 in Berlin. Aus Jugendstudien der letzten Jahre wie der Shell-Jugendstudie wisse man, dass die Kinder und Jugendlichen äußerst ehrgeizig seien.
Bildung ist schichtenabhängig
Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach (links)
Soweit die vermeintlich gute Nachricht. Doch es gibt auch eine schlechte Nachricht. Die Studie trägt den Titel "Zwischen Ehrgeiz und Überforderung". Viele Eltern seien überfordert, erläuterte die Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher, weil sie meinten, dass nicht alle Kinder die gleichen Chancen hätten und sie selber nicht genug dagegen tun könnten. "Bildung ist in Deutschland schichtenabhängig", fasste Köcher zusammen. "Es gibt eine ganz enge Korrelation zwischen Bildungshintergrund, Elternhaus und Bildungskarriere der Kinder. Das ist unbefriedigend, weil es zeigt, dass Unterschichtkinder schlechtere Chancen haben und dies durch das Schulsystem unzureichend ausgeglichen wird."
Weil viele Eltern, besonders aus den unteren sozialen Schichten, ihren Kindern weniger helfen könnten als sie wollten, wünschten sie sich mehr staatliche Unterstützung und stärkere Erziehung in den Schulen. Doch hier stecke Deutschland in einer historischen wohlfahrtspolitischen Falle, sagte Klaus Hurrelmann: "Es ist unsere Tradition, dass die Entwicklung der Kinder, auch ihre Bildung, auf Gedeih und Verderb von den Eltern abhängig ist. Deshalb fällt es uns jetzt so schwer zu sehen, dass das keine kluge Politik ist."
Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland sehr hohe direkte Subventionen für die Familien, wie das Kindergeld. Öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten und Kinderkrippen haben in Teilen der Gesellschaft ein familienfeindliches Image und werden weniger gefördert. Erziehung ist Privatsache, so lautet eine gängige Überzeugung, die sogar im Grundgesetz festgeschrieben ist. Dort heißt es in Artikel 6: "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern."