Anwendbarkeit deutschen Strafrechts

Fall 3: Ort der Tat

Der deutsche Staatsangehörige S hatte während seines Sommerurlaubs in dem Mittelmeerland L mit einem dort gemieteten Pkw einen Verkehrsunfall verursacht. Obwohl er festgestellt hat, dass an dem anderen Fahrzeug ein Blechschaden von vermutlich mehreren 1.000 Euro entstanden war, war er sofort weitergefahren. Nach Hause zurückgekehrt, erfährt S, dass der Unfallgeschädigte über den Autovermieter in L Namen und Adresse des S ermittelt und bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Deutschland Strafanzeige gegen S erstattet hat. Kann S nach deutschem Strafrecht verurteilt werden, wenn auch im Land L das unerlaubte Entfernen vom Unfallort mit Strafe bedroht ist?

Eine Tat kann mehrere „Tatorte“ haben. Liegt auch nur einer davon im Inland (das Gebiet der BRD), so gilt deutsches Strafrecht, und zwar gleichgültig, ob die Tat von einem Deutschen oder einem Ausländer begangen worden ist.

Deutsches Strafrecht ist anwendbar bei Taten, deren Tatort allein im Ausland liegt:

1) unabhängig vom Tatortrecht:

-wenn Rechtsgüter gefährdet oder verletzt worden sind;

-wenn sich die Tat gegen international geschützten Rechtsgüter richtet;

2) unter Berücksichtigung des Tatortrechts:

-wenn sich die Tat gegen einen Deutschen richtet;

-wenn der Täter Deutscher war oder es später wurde (§7 Abs. 2 Nr. 1);

-wenn der Täter Ausländer war, im Inland betroffen und nicht ausgeliefert wurde.

Im Fall 3 greift §7 Abs. 2 Nr. 1 ein: Die Tat ist in dem Mittelmeerland L mit Strafe bedroht, und S war deutscher Staatsangehöriger. Ob Straßenverkehrsdelikte im Einzelfall eine Inlandsbeschränkung haben, ist umstritten. Da hier die Rede von Vermögensdelikt ist, ist er auch anwendbar, wenn sich die Tat gegen einen ausländischen Staatsbürger richtet. Ergebnis: S ist wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar.

(Strafrecht. Allgemeiner Teil. Band I. Bearbeiter: Dr.Rolf Krüger. Münster: Verlag Alpmann und Schmidt Juristische Lehrgänge, 1998)

19. Überprüfen Sie sich selbst: Wie haben Sie den Text verstanden? Lesen Sie den Text noch einmal und finden Sie die richtige Variante:

-Eine Tat kann

a) mehrere „Tatorte“ haben.

b) nur ein Tatort haben.

-Deutsches Recht gilt,

a) wenn nur einer von Tatorten in der BRD liegt.

b) wenn alle Tatorte in der BRD liegen.

-Deutsches Strafrecht ist anwendbar bei Taten, deren Tatort allein im Ausland liegt: unabhängig vom Tatortrecht:

a) wenn Rechtsgüter gefährdet oder verletzt worden sind;

b) wenn sich die Tat gegen einen Deutschen richtet.

20. Was bedeuten folgende Substantive? Erklären Sie dem Partner in der Muttersprache.

Tat, Ort, Recht, Tatort, Unfall, Unfallort, Tatortrecht, Güter, Rechtsgüter, Delikt, Straßenverkehr, Vermögen, Straßenverkehrsdelikt, Vermögensdelikt

21. Wie wurden folgende Substantive gebildet? Erklären Sie: Tatort, Unfallort, Tatortrecht, Rechtsgüter, Straßenverkehrsdelikt, Vermögensdelikt.

22. Vollenden Sie die Sätze.

Jemand verursacht den Verkehrsunfall. Das bedeutet ... (Straßenverkehrsdelikt, Vermögensdelikt).

Jemand beschädigt das Vermögen anderen Menschen. Das bedeutet ... (Straßenverkehrsdelikt, Vermögensdelikt).

23. Erklären Sie Ihrem Partner: Warum ist S strafbar? Benutzen Sie dabei die unten gegebenen Redenwendungen:

Die Tat ist in dem ... begangen.

Der Täter ist ...

Die Rede ist hier von Vermögensdelikt.

Dabei sind Rechtsgüter verletzt.

Das bedeutet, deutscher Staatsbürger ist ...

24. In welchen Fällen ist deutsches Strafrecht anwendbar, in welchen – nicht? Erklären Sie in der Muttersprache.

25. Was bedeuten die Begriffe „die Schuld“ und „die Schuldfähigkeit“? Besprechen Sie in Ihrer Kleingruppe in der Muttersprache.

26. Lesen Sie den unten gegebenen Text und vergleichen Sie Ihre Vermutungen mit seinem Inhalt.

Merken Sie sich:

Bilden - образовать

Die Gesinnung – образ мыслей, взгляды

Das Mindestmaß - минимум

Verlangen - требовать

Die Vorwerfbarkeit – предосудительность (деяния)

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