Eigenschaften von pasteurisierter Milch

Caseine und Molkenproteine stellen die majoren Proteine der Milch dar. Das Mengenverhält-

nis dieser beiden Eiweißgruppen in Milch liegt im Mittel bei 82:18 [Schlimme & Buchheim,

1995]. Sowohl Caseine als auch Molkenproteine haben eine hohe Affinität, an Öl/Wasser-

oder Luft/Wasser-Grenzflächen zu adsorbieren und Schäume oder Emulsionen gegen physi-

kalisch-chemische Instabilitätsmechanismen zu schützen [Dickinson, 2003]. Um den Einfluss

des Casein-Molkenprotein-Verhältnisses auf die Schaumbildungseigenschaften von Milch zu

bestimmen, wurden Caseine und Molkenproteine aus Magermilch durch Mikro- und Ultrafilt-

ration aufkonzentriert. Die Herstellung der Casein- und Molkenproteinlösungen sind im Kapi-

tel 3.2.4 beschrieben. In Tabelle 4.7 sind Gesamtprotein-, Casein-, Molkenprotein- und NPN-

Gehalt von mikrofiltrierter und zusätzlich ultrafiltrierter Magermilch zusammengefasst.

Tab. 4.7: Gesamtprotein-, Casein-, Molkenprotein- und NPN–Gehalte von mikrofiltrierter

Magermilch („Caseinlösung“), sowie von ultrafiltriertem Retentat aus dem Per-

meat der Mikrofiltration der Magermilch („Molkenproteinlösung“)

Anteile [%] der einzelnen Proteinfraktionen

Am Gesamtprotein

Probe

Gesamtprotein [%] Casein

MP

NPN 3)

Retentat MF

12,8

93,5

5,9

0,3

Retentat MF

verdünnt 1)

1,45

85,6

3,4

8,3

Retentat UF 2)

1,45

6,9

89,0

2,8

Permeat UF

0,96

80,2

2,1

12,5

1)

Das Retentat der Mikrofiltration wurde mit Hilfe von Permeat aus der Ultrafiltration auf den Proteinge-

halt des Retentats der Ultrafiltration („Molkenproteinlösung“) verdünnt Es wird in diesem Kapitel als

„Caseinlösung“ bezeichnet

2)

„Molkenproteinlösung“

3 )

Nichtprotein-Stickstoff

Der Gesamteiweißgehalt des Retentats der Mikrofiltration betrug 12,8 %. Er setzte sich aus

93,5 % Casein, 5,9 % Molkenprotein und 0,3 % NPN-Verbindungen zusammen. Durch die

Ultrafiltration des Permeats aus der Mikrofiltration wurden Molkenproteine aufkonzentriert.

In Tabelle 4.7 ist zu erkennen, dass im Retentat der Ultrafiltration (Gesamtproteingehalt

1,45 %) der Molkenproteinanteil 89 % beträgt. Weitere Analysenergebnisse (Trockenmasse,

Mineralstoff- und Calciumgehalt) sind in Tab. A 4 (Anhang) zusammengefasst. Für die Auf-

schäumversuche wurde das Retentat der Mikrofiltration (Proteingehalt 12,8 %) mit Hilfe von

Permeat aus der Ultrafiltration auf den Proteingehalt des Retentats der Ultrafiltration (1,45 %)

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verdünnt. In den folgenden Abschnitten wird mit Permeat (UF) verdünntes pasteurisiertes

Retentat aus der Mikrofiltration als „Caseinlösung“ und pasteurisiertes Retentat aus der Ultra-

filtration als „Molkenproteinlösung“ bezeichnet. Unterschiedliche Mengen der Casein- und

Molkenproteinlösung wurden miteinander gemischt und hierdurch verschiedene Casein-

Molkenprotein-Verhältnisse eingestellt.

Der pH-Wert der Caseinlösung und des Permeats der Ultrafiltration betrug 6,60. Dagegen war

der pH-Wert der Molkenproteinlösung geringer (6,46). Die Molkenproteinlösung, sowie die

Mischungen von Casein- und Molkenproteinlösungen, wurden mit 1 mol/l KOH auf einen

pH-Wert von 6,60 eingestellt. Die Viskosität der Proteinlösungen sank mit steigendem Mol-

kenproteingehalt geringfügig ab (s. Tab. A 5, Anhang).

Oberflächenalter [s]

Ob

erflä

chen

span

nun

g [mN/m]

Caseinlösung

Casein : MP 80 : 20

Casein : MP 60 : 40

Casein : MP 40 : 60

Casein : MP 20 : 80

Molkenproteinlösung

Abb. 4.23: Dynamische Oberflächenspannung [mN/m] von Milchproteinlösungen in Abhän-

gigkeit des Casein-Molkenprotein-Verhältnis

In Abbildung 4.23 ist die dynamische Oberflächenspannung von Proteinlösungen mit unter-

schiedlichen Casein-Molkenprotein-Verhältnissen dargestellt. Bei reinen Molkenproteinlö-

sungen nimmt die Oberflächenspannung schnell ab. Es bildet sich über den Messzeitraum von

20 Minuten kein Gleichgewicht aus. Dagegen werden die Verläufe der dynamischen Oberflä-

chenspannung mit steigenden Casein- und abnehmenden Molkenproteingehalten flacher und

am Ende der Messzeit ist ein Gleichgewicht zu erkennen. Die Oberflächenspannung der Pro-

teinlösungen steigt mit abnehmendem Casein- und zunehmendem Molkenproteingehalt. Die

ermittelten Werte der Oberflächenspannung nach einer Messzeit von 20 Minuten, sowie die

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Dichte der Schäume aus den Proteinlösungen mit unterschiedlichen Casein-Molkenprotein-

Verhältnissen, sind in Abbildung 4.24 dargestellt.

Caseingehalt [%]

S

chau

m

d

ic

hte [g/c

m

³]

0,10

0,12

0,14

0,16

0,18

0,20

Molkenproteingehalt [%]

Oberfläc

hens

pannung [m

N

/m

]

45,5

46,0

46,5

47,0

47,5

48,0

48,5

49,0

Schaumdichte [g/cm³]

Oberflächenspannung [mN/m]

Schäume

instabil *

Abb. 4.24: Oberflächenspannung [mN/m] (nach 20 Minuten Messzeit), sowie Dichte von

Schäumen [g/cm³] aus pasteurisierten Casein- und Molkenproteinlösungen und

daraus hergestellten Mischungen mit unterschiedlichen Casein-Molkenprotein-

Verhältnissen

*Aufgrund eines instabilen Schaums (Casein:Molkenprotein 80:20) waren Messungen der

Schaumdichte nicht möglich

Abbildung 4.24 zeigt, dass die Dichte von Schäumen aus Molkenproteinlösungen im Mittel

0,165 g/cm³ beträgt, wohingegen diese bei Schäumen aus Caseinlösungen durchschnittlich

nur 0,125 g/cm³ erreicht. Die Unterschiede der Dichte von Schäumen aus Proteinlösungen,

die sowohl Casein als auch Molkenprotein in unterschiedlichen Mengen enthalten, sind relativ

gering. Unerklärlicherweise waren Schäume aus Proteinlösungen mit einem Casein-

Molkenprotein-Verhältnis von 80:20 sehr instabil. Eine Messung der Schaumdichte, sowie

digitale Bildaufnahmen der Schäume waren nicht möglich. Aus Abbildung 4.24 wird zudem

deutlich, dass die tendenzielle Abnahme der Schaumdichte bei steigendem Caseingehalt mit

einer abnehmenden Oberflächenspannung korreliert.

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Die ermittelten Größenverteilungen der Blasendurchmesser von Schäumen aus Casein- und

Molkenproteinlösungen nach 1 Minute Standzeit sind in Abbildung 4.25 dargestellt. Die

Größenverteilungsparameter sind in Tabelle 4.8 zusammengefasst.

Durchmesser [mm]

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

A

n

za

hl [%

]

Caseinlösung

Molkenproteinlösung

Caseinlösung

Molkenproteinlösung

Abb. 4.25: Größenverteilung der Blasendurchmesser [mm] von Schäumen aus pasteurisierter

Casein- und Molkenproteinlösung nach 1 Minute Standzeit

Sowohl bei Schäumen aus Caseinlösungen, als auch bei Schäumen aus Molkenproteinlösun-

gen sind nach 1 Minute Standzeit monomodale Verteilungen der Blasendurchmesser zu beo-

bachten. Aus Abbildung 4.25 wird deutlich, dass sich die Verteilungen der Blasendurchmes-

ser von Schäumen aus Casein- und Molkenproteinlösungen kaum unterscheiden. Die Spann-

weite der Verteilungen beträgt durchschnittlich 0,51 mm.

Auch bei Schäumen aus Mischungen von Casein- und Molkenproteinlösungen sind nach

1 Minute Standzeit nur geringfügige Unterschiede der Verteilungen zu beobachten (s. Abb.

4.26). Der maximale Anteil der Blasendurchmesser ist unabhängig vom Casein-

Molkenprotein-Verhältnis in der Größenklasse 0,1 bis 0,2 mm zu erkennen. Bei Schäumen

mit einem Casein-Molkenprotein-Verhältnis von 60:40 ist der Anteil der Blasendurchmesser

in der Klasse bis zu 0,1 mm, im Vergleich zu Schäumen aus Proteinlösungen mit geringeren

Caseingehalten, niedriger. Dagegen sind der Klasse 0,2 bis 0,3 mm höhere Anteile zu beo-

bachten. Die arithmetischen Mittelwerte (d10) sowie die Medianwerte (d50,0) der Größenvertei-

lungen der Blasendurchmesser von Schäumen aus Mischungen von Casein- und Molkenprote-

inlösungen sind im Vergleich zu Schäumen aus Casein- und Molkenproteinlösungen gering-

fügig höher.

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Casein:MP 60:40

Casein:MP 20:80

Durchmesser [mm]

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

Anzahl [%]

Casein:MP 60:40

Casein:MP 40:60

Casein:MP 20:80

Abb. 4.26: Größenverteilung der Blasendurchmesser [mm] von Schäumen aus Mischungen

von pasteurisierten Casein- und Molkenproteinlösungen mit unterschiedlichen

Casein-Molkenprotein-Verhältnissen nach 1 Minute Standzeit

Tab. 4.8: Größenverteilungsparameter der Blasendurchmesser von Schäumen aus pasteuri-

sierten Casein- und Molkenproteinlösungen und Mischungen der zwei Lösungen

nach 1 Minute Standzeit

Probe

D10

[mm]

± SD

D50,0

[mm]

± SD Spannweite

[mm]

±SD

Caseinlösung

0,18

0,004

0,16

0,004

0,51

0,002

Molkenproteinlösung

0,17

0,003

0,15

0,003

0,51

0,01

Casein:MP 60:40

0,21

0,01

0,20

0,01

0,51

0,01

Casein:MP 40:60

0,20

0,03

0,18

0,02

0,55

0,02

Casein:MP 20:80

0,19

0,004

0,17

0,004

0,55

0,02

Mit Ausnahme der Schäume aus Molkenproteinlösungen nahm das Schaumvolumen der Pro-

teinschäume überproportional ab, so dass digitale Aufnahmen von Schäumen mit unterschied-

lichen Casein-Molkenprotein-Verhältnissen nach einer Standzeit von 20 Minuten nicht mög-

lich waren. Die Blasengrößenverteilung von Schäumen aus Molkenproteinlösungen sind in

Abb. A 1 (Anhang) dargestellt.

Die Ergebnisse der Drainagemessungen in Abhängigkeit der Zeit zur Beurteilung der

Schaumstabilität sind in Abbildung 4.27 dargestellt. Nach 1 Minute Standzeit sinkt die Drai-

nage mit steigendem Caseingehalt ab. Dagegen ist nach 10 Minuten Standzeit ein entgegenge-

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setzter Verlauf zu erkennen. Dies deutet auf eine höhere Instabilität der Schäume mit zuneh-

mendem Caseingehalt und abnehmenden Molkenproteingehalt hin.

Caseingehalt [%]

Draina

ge [%

]

Molkenproteingehalt [%]

1 Minute

10 Minuten

Schäume

instabil *

Abb. 4.27: Drainage von Schäumen aus pasteurisierten Casein- und Molkenproteinlösungen

und daraus hergestellten Mischungen mit unterschiedlichen Casein-

Molkenprotein-Verhältnissen nach 1 und 10 Minuten Standzeit

*Aufgrund der hohen Instabilität der Schäume waren genaue Messungen der Drainage nach

1 Minute Standzeit nicht möglich

Die beschriebenen Ergebnisse zeigen, dass die Schaumdichte (= zunehmender Overrun) mit

steigendem Caseingehalt tendenziell abnimmt. Dies korreliert mit einer abnehmenden Ober-

flächenspannung der Proteinlösungen. Die unterschiedlichen Schaumdichten konnten nicht

eindeutig anhand unterschiedlicher Blasengrößenverteilungen erkannt werden. Unerklärli-

cherweise schäumte eine Mischung von Casein und Molkenprotein (80:20) nicht auf. Zudem

waren Schäume aus Proteinlösungen mit zunehmenden Caseingehalten weniger stabil.

Diese Beobachtungen sind mit den in der Literatur beschriebenen Ergebnissen zum Teil ver-

gleichbar. Phillips et al. [1987] und Britten & Lavoie [1992] berichten, dass Schäume aus

Na-Caseinat im Vergleich zu Schäumen aus Molkenproteinisolat einen höheren Overrun und

eine geringere Stabilität aufwiesen. Flexible Moleküle (Casein), welche die Spannung an der

Grenzfläche Luft/Wasser schnell absenken können (schnellere Auffaltung), führen zu einem

höheren Overrun. Globuläre Moleküle, bei denen die Grenzflächendenaturierung schwieriger

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ist, haben ein geringeres Aufschäumvermögen. Dagegen ist bei Schäumen mit globulären

Proteinen im Vergleich zu Schäumen mit flexiblen Proteinen die Stabilität höher [Graham,

Phillips, 1976, Phillips, 1981]. Die von Graham & Phillips [1976] beschriebenen unterschied-

lichen Schaumblasengrößen in Abhängigkeit von der Tertiärstruktur der Proteine sind in den

vorliegenden Untersuchungen nicht zu erkennen. In Bezug auf die vorliegenden Untersu-

chungen muss zudem berücksichtigt werden, dass zwei Proteingruppen in den Proteinlösun-

gen enthalten sind und hierdurch die Proteine an der Grenzfläche Luft/Wasser in Konkurrenz

treten können. Die Zusammensetzung des Proteinfilms an der Grenzfläche Luft/Wasser ist

abhängig von der Diffusionsgeschwindigkeit der Proteine an die Grenzfläche, dem Anteil der

einzelnen Proteine in der kontinuierlichen Phase, sowie der Stabilität des gebildeten Protein-

films aus unterschiedlichen Proteinen. Cao und Damodaran [1995] untersuchten die kompeti-

tive Adsorption von BSA und β-Casein an der Grenzfläche Luft/Wasser. Sie beobachteten,

dass die Proteinkomponenten, welche als erste die Grenzfläche erreichen, adsorbieren, und

die „langsameren Proteine“ die adsorbierten Proteine nicht verdrängen können, ungeachtet

ihrer oberflächenaktiven Eigenschaften. Hieraus ist abzuleiten, dass Proteinlösungen, die so-

wohl globuläre als auch ungeordnete, flexible Proteine enthalten, die zuerst adsorbierenden,

später auch überwiegend im Grenzflächenfilm vorhanden sind [Dickinson, 1997]. Als Aus-

nahme werden Grenzflächen betrachtet, die ausschließlich aus flexiblen Proteinen bestehen.

Studien der kompetitiven Adsorption von αS1-Casein und β-Casein an der Grenzfläche

Luft/Wasser zeigten dagegen, dass die Proteine sich gegenseitig an der Grenzfläche ersetzen

können [Anand & Damodaran, 1996, Damodaran & Paraf, 1997]. Bei den in der Arbeit vor-

liegenden Untersuchungen muss berücksichtigt werden, dass Caseine hauptsächlich in Form

von Caseinmicellen vorliegen. Aufgrund ihrer höheren Molekülgröße im Vergleich zu Mol-

kenproteinen diffundieren sie langsamer an die Grenzfläche Luft/Wasser.

Insgesamt ist die Stabilität der Proteinschäume mit unterschiedlichen Casein-Molkenprotein-

Verhältnissen im Vergleich zu Schäumen aus pasteurisierter Magermilch geringer (vgl. Kapi-

tel 4.3.2). Zum einem kann dies auf den geringeren Proteingehalt der Proteinlösungen

(1,45 %) im Vergleich zur Milch (durchschnittlich 3,5 %) zurückgeführt werden. Zum ande-

ren kann der unterschiedliche Herstellungsprozess einen Einfluss haben. Bei den hier be-

schriebenen Versuchen wurden Casein- und Molkenproteinlösungen durch Filtration herge-

stellt und getrennt voneinander pasteurisiert und anschließend miteinander vermischt (s. Kap.

3.2.4). Die durch Filtrationsprozesse nicht ausschließbare Veränderung der Proteinstruktur

kann mit den durchgeführten Untersuchungen nicht beurteilt werden.

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