Einfluss des Proteingehaltes auf die Schaumbildungseigenschaften
Pasteurisierter Magermilch
Proteine sind grenzflächenaktive Substanzen. Die Ausbildung und Zusammensetzung der
Grenzflächen in Schäumen, und damit die Schaumbildungseigenschaften, werden durch den
Anteil und die Eigenschaften der vorhandenen Proteine beeinflusst. Im Rahmen der vorlie-
genden Untersuchungen wurde Magermilch ultrafiltriert (50 °C, 50 kD), das erhaltene Per-
meat und Retentat pasteurisiert und auf 8 °C gekühlt. Durch Mischung von Retentat und Per-
meat wurden Proteingehalte von 0,5 bis 3,0 % (V2), sowie von 4,0 bis 6 % (V1) eingestellt
(s. Kap. 3.2.5). Der Proteingehalt der Magermilch betrug in V1 3,5 % und in V2 3,8 %.
Der pH-Wert der Milchproben betrug 6,54. Die Oberflächenspannung von Retentat und Per-
meat und deren Mischungen lag unterhalb der Ausgangsmilch. In dem gemessenen Zeitraum
von 20 Minuten stellte sich kein Gleichgewicht der Oberflächenspannung ein. Die Werte der
Oberflächenspannung nach 20 Minuten Messzeit sind im Anhang (Tab. A 1, Anhang) zu-
sammengefasst. Die Viskosität der Proben mit geringen Proteingehalten (0,5 bis 3 %) erhöhte
sich geringfügig von 0,73 mPa*s auf 0,87 mPa*s. Zwischen Proteingehalten von 3 % bis 6 %
verlief der Viskositätsanstieg linear und die Viskosität betrug bei einem Proteingehalt von
6 % 1,5 mPa*s (s. Tab A1, Anhang).
Proteingehalt [%]
Schau
mdichte [g
/cm ³]
0,05
0,10
0,15
0,20
0,25
MM PAST (V1 +V2)*
Retentat mit Permeat
gemischt aus UF
Abb. 4.18: Dichte von Schäumen [g/cm³] aus pasteurisierter Magermilch und Mischungen von
Retentat und Permeat aus ultrafiltrierter Milch mit unterschiedlichen Proteingehalten
V1 + V2 = Versuchsreihe 1 und 2
Page 81 |
In Abbildung 4.18 ist die Dichte von Schäumen mit unterschiedlichen Proteingehalten darge-
stellt. Teilweise floss bei der Abnahme des Glaskolbens vom Aufschäumgerät etwas Schaum
aus dem Kolben. Aus diesem Grund liegt der Variationskoeffizient bei einigen Messungen
oberhalb von 5 %. Es wird deutlich, dass die Dichte der Schäume bei Erhöhung des Protein-
gehaltes (0,5 % auf 6,0 %) von durchschnittlich 0,10 auf 0,22 g/cm³ ansteigt. Gleichzeitig ist
zu beachten, dass die Unterschiede in der Schaumdichte in Abhängigkeit des Proteingehaltes
innerhalb der zwei Versuchsreihen geringfügig sind. Zwischen Proteingehalten von 0,5 bis
2,0 % beträgt die Schaumdichte durchschnittlich 0,10 bis 0,13 g/cm³. Im weiteren Verlauf
steigt die Schaumdichte auf durchschnittlich 0,14 g/cm³ bei 2,5 % bzw. bei 3,0 % Protein an.
Ein überproportionaler Anstieg ist bei einer Proteinkonzentration zwischen 3,0 bis 4,0 % zu
verzeichnen. In diesem Bereich liegen die Proteingehalte der Ausgangsmagermilchproben.
Die Dichte von Schäumen aus pasteurisierter Magermilch beträgt bei diesen Versuchsreihen
0,17 bis 0,19 g/cm³. Ein weiterer Anstieg des Proteingehaltes auf maximal 6,0 % bewirkt eine
Erhöhung der Schaumdichte auf 0,20 ± 0,02 g/cm³. Im Bereich von 4,0 bis 6,0 % Protein sind
keine eindeutigen Dichteunterschiede zu erkennen.
Proteingehalt [%]
d
-
Wert [mm]
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
1 Minute Standzeit
20 Minuten Standzeit
Abb. 4.19: Arithmetischer Mittelwert (d10) der Blasendurchmesser von Schäumen aus Reten-
tat-Permeat-Mischungen ultrafiltrierter Magermilch mit unterschiedlichen Prote-
ingehalten nach 1 und 20 Minuten Standzeit
In Abbildung 4.19 sind die arithmetischen Mittelwerte (d10) der Blasendurchmesser der
Schäume nach 1 und 20 Minuten Standzeit in Abhängigkeit vom Proteingehalt dargestellt.
Eine Auflistung der Größenverteilungsparameter aller Messungen sind in den Tabellen A 2
Page 82 |
und A 3 (Anhang) zusammengefasst. Es ist zu erkennen, dass der d10-Wert mit steigendem
Proteingehalt (0,5 bis 6,0 % Protein) nach 1 Minute Standzeit von durchschnittlich 0,35 mm
auf 0,19 mm sinkt. Ein Vergleich der mittleren Blasendurchmesser nach 1 und 20 Minuten
Standzeit macht deutlich, dass unabhängig vom Proteingehalt der mittlere Blasendurchmesser
um 0,1 bis 0,2 mm ansteigt. Tendenziell wird die Differenz zwischen den mittleren Blasen-
durchmessern nach 1 Minute und nach 20 Minuten Standzeit mit zunehmendem Proteingehalt
geringer.
Durchmesser [mm]
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
An
zahl [%]
1,0 % Protein (V2)
3,0 % Protein (V2)
4,0 % Protein (V1)
6,0 % Protein (V1)
1,0 % Protein
6,0 % Protein
Abb. 4.20: Größenverteilung der Blasendurchmesser von Schäumen aus Mischungen von
Retentat und Permeat aus ultrafiltrierter Magermilch mit unterschiedlichen Protein-
gehalten nach 1 Minuten Standzeit
V1 = Versuchsreihe 1
V2 = Versuchsreihe 2
Abbildung 4.20 zeigt eine Auswahl der Größenverteilungen der Blasendurchmesser sowie
digitale Bilder der Schäume nach 1 Minute Standzeit. Unabhängig vom Proteingehalt sind
nach 1 Minute Standzeit monomodale Verteilungen zu erkennen. Mit steigendem Proteinge-
halt ist eine engere Verteilung und eine Verschiebung der Verteilungskurve der Blasendurch-
messer nach links zu beobachten. In der Klasse 0,1 bis 0,2 mm steigt der Anteil der Blasen-
durchmesser von durchschnittlich 21 ± 6 % (1,0 % Protein) auf 47 ± 7 % (6 % Protein) an.
Gleichzeitig sinkt der Anteil der Blasendurchmesser in den Klassen größer als 0,3 mm mit
steigendem Proteingehalt. Die Spannweiten der Größenverteilungen der Blasendurchmesser
von Schäumen aus Mischungen von Retentat und Permeat (1,0 bis 3,0 % Protein) nach
Page 83 |
1 Minute Standzeit liegen im Bereich 0,58 bis 1,03 mm (s. Tab. A 2, Anhang). Bei höheren
Proteingehalten ist die Spannweite der Verteilungen geringer und beträgt bei einem Protein-
gehalt von 6 % durchschnittlich 0,39 mm.
Die digitalen Bilder der Schäume in Abbildung 4.21 zeigen, dass in Abhängigkeit vom Prote-
ingehalt nach 20 Minuten Standzeit unterschiedliche Blasenstrukturen entstehen. Schäume
aus Mischungen von Retentat und Permeat (ultrafiltrierte Magermilch) mit Proteingehalten
zwischen 0,5 bis 3,0 % zeigen nach 20 Minuten Standzeit wabenförmige Strukturen. Die
Lamellendicke ist bei diesen Schäumen von 0,1 mm nach 1 Minute Standzeit auf ca. 0,06 mm
gesunken. Dagegen bestehen Schäume mit höheren Proteingehalten (4,0 bis 6,0 %), sowohl
aus runden als auch aus wabenförmige Blasen. Die Lamellendicke beträgt ca. 0,09 mm.
Durchmesser [%]
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
An
za
h
l [%
]
1,0 % Protein (V2)
6,0 % Protein (V1)
1,0 % Protein
6,0 % Protein
Abb. 4.21: Größenverteilung der Blasendurchmesser [mm] von Schäumen aus Retentat-
Permeat-Mischungen ultrafiltrierter Magermilch mit unterschiedlichen Protein-
gehalten nach 20 Minuten Standzeit
V1 = Versuchsreihe 1
V2 = Versuchsreihe 2
Aus Abbildung 4.21 wird zudem deutlich, dass nach 20 Minuten Standzeit die Verteilungen
der Blasendurchmesser bei Schäumen mit einem Proteingehalt von 6,0 % weiterhin monomo-
dal verlaufen. Der maximale Anteil der Blasendurchmesser nach 20 Minuten Standzeit ist in
der Klasse 0,1 bis 0,2 mm zu erkennen (33 ± 3 %). Bei Schäumen mit einem Proteingehalt
von 1,0 % sind in den Klassen von 0,2 bis 0,6 mm keine Unterschiede in den Anteilen der
Blasendurchmesser zu beobachten. In den Kassen größer als 0,4 mm sind die Anteile der Bla-
Page 84 |
sendurchmesser von Schäumen mit einem Proteingehalt von 1,0 % im Vergleich zu Schäu-
men mit einem Proteingehalt von 6,0 % höher. Ähnlich wie nach 1 Minute Standzeit sind bei
Schäumen aus Retentat-Permeat-Mischungen ultrafiltrierter Magermilch mit steigendem Pro-
teingehalt nach 20 Minuten Standzeit, die Spannweiten und Medianwerte der Größenvertei-
lungen der Blasendurchmesser geringer.
Die abnehmende Differenz der mittleren Blasendurchmesser nach 1 und 20 Minute Standzeit
mit steigendem Proteingehalt (s. Abb. 4.19 bis 4.21) deutet auf eine zunehmende Stabilität
mit steigenden Proteingehalten hin. Eine unterschiedliche Stabilität der Blasen in Abhängig-
keit vom Proteingehalt konnte anhand der Messungen der Drainagerate nicht eindeutig
ermittelt werden. Die Ergebnisse der Messungen der Drainagerate sind in Abbildung 4.22
zusammengefasst.
Proteingehalt [%]
Dra
ina
ge [%
]
1 Minute
10 Minuten
20 Minuten
Abb. 4.22: Drainage von Schäumen aus Retentat-Permeat-Mischungen ultrafiltrierter Ma-
germilch mit unterschiedlichen Proteingehalten nach 1, 10 und 20 Minuten Stand-
zeit
Aus Abbildung 4.22 ist zu erkennen, dass die Drainage trotz steigendem Proteingehalt nach
1 Minute etwa gleich groß ist (10 bis 15 %). Tendenziell ist nach 10 und 20 Minuten Stand-
zeit eine geringfügige Absenkung der Drainagerate mit steigenden Proteingehalten zu beo-
bachten.
Page 85 |
Aus den beschriebenen Ergebnissen wird deutlich, dass die Schaumdichte mit steigendem
Proteingehalt zunimmt. Ein Vergleich zwischen der Schaumdichte und der Blasengröße zeigt,
dass Schäume mit kleineren Blasen und engeren Größenverteilungen höhere Schaumdichten
aufweisen (vgl. Abb. 4.20). Die Blasengrößenveränderung in Abhängigkeit von der Standzeit
wird mit zunehmendem Proteingehalt geringer und die Drainage nimmt geringfügig ab. Dies
würde eine zunehmende Stabilität bei steigendem Proteingehalt bedeuten. Zunehmende Prote-
inkonzentrationen erhöhen die Viskosität der kontinuierlichen Phase und können hierdurch
die Drainage verlangsamen.
Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass die Versuchsergebnisse aus zwei Versuchsreihen (V1
und V2) stammen und innerhalb der zwei Versuchsreihen die Unterschiede von Schaumdichte
und -stabilität gering sind. Die Filtration der Magermilch stellt einen zusätzlichen Einflussfak-
tor auf die Schaumbildungseigenschaften dar. Aus diesem Grund kann die Veränderung der
Schaumdichte und Schaumstabilität zwischen den Versuchsreihen V1 und V2 nicht eindeutig
auf eine veränderte Proteinkonzentration zurückgeführt werden.
In der Literatur sind keine einheitlichen Aussagen über den Einfluss der Proteinkonzentration
auf die Schaumbildungseigenschaften beschrieben. Häufig wurde eine Zunahme der Schaum-
stabilität bei einem Anstieg der Proteinkonzentration bis zu 0,1 % festgestellt [Halling, 1981].
Bei Konzentration > 0,1 % sind teilweise nur geringe Unterschiede oder eine gleichmäßige
Zunahme mit steigender Konzentration beobachtet worden [Halling, 1981]. Britten & Lavoie
[1992] stellten eine Zunahme der Schaumkapazität (Casein- und Molkenproteinisolat) bis zu
einem Proteingehalt von 10 % fest, bei höheren Werten dagegen eine Abnahme. Die Autoren
führen die geringere Schaumkapazität bei höheren Proteingehalten auf die geringere Löslich-
keit der Proteine zurück. Cooney [1974, zit. n. Richert, 1979] zeigte, dass unabhängig vom
Proteingehalt (maximal 10,5 %) der Overrun von Molkenproteinlösungen gleich ist.
Allgemein steht bei höheren Proteinkonzentrationen mehr Material zur Stabilisierung der
Grenzfläche zu Verfügung. Die Proteinmenge, die zur Ausbildung einschichtiger Grenzflä-
chenfilme aus β-Casein an hydrophoben Oberflächen wie Feststoff/Wasser; Öl/Wasser oder
Luft/Wasser notwendig ist, liegt im Bereich zwischen 2 bis 3 mg/m2 bzw. bei β-Lactoglobulin
bei weniger als 2 mg/m2 [Dickinson, 2003]. Krog & Barfod [1990] stellten fest, dass sich an
einem Öltröpfchen bei einer Grenzflächenbelegung von 1 mg Protein/m² einschichtige Grenz-
flächenfilme aus nicht aufgefalteten Polypeptidketten bilden. Bei einer höheren Belegung von
2,5 bis 3 mg Protein/m² sind die Proteine teilweise aufgefaltet („loops“ und „trains“). Ein wei-
terer Anstieg der Grenzflächenbelegung am Öltröpfchen (5 mg Protein/m²) bewirkt die Aus-
bildung von mehrschichtigen Grenzflächenfilmen. Diese Werte können als Anhaltspunkte für
die Belegung der Grenzfläche Luft/Wasser gelten. Die Auswertung des oberflächenbezogenen
Durchmessers (d32) ermöglicht eine annähernde Berechnung der Luftblasenoberfläche in den
Page 86 |
Schäumen. Folgende Formel wurde zur Berechnung der spezifischen volumenbezogene Ober-
fläche (Sv) der Luftblasen als Grundlage verwendet.
)2,3(d
Phase
disperse
Volumen
Phase
disperse
Oberfläche
SV
=
=
(4-1)
Die untersuchten Schäume mit einem Proteingehalt von 0,5 % weisen einen durchschnittli-
chen d32-Wert von 0,4 mm auf. Die Schaumdichte beträgt 0,1 g/cm³. In 200 ml bedeutet dies
eine Oberfläche von 2,7 m². Geht man davon aus, das das gesamte Protein an die Grenzfläche
diffundiert und adsorbiert, würden 37 mg/m² Protein adsorbiert werden (s. auch Berechnung
A.1 (2.), Anhang). Eine bevorzugte Adsorption des gesamten Molkenproteins aufgrund einer
schnelleren Diffusion an die Grenzfläche würde eine Proteinbeladung der Luftblase von
ungefähr 7,4 mg/m² bedeuten.
Aus der vorliegenden Berechnung lässt sich ableiten, dass sich während des Aufschäumens
möglicherweise mehrschichtige Grenzflächenfilme um die Luftblase bilden. Mit zunehmen-
den Proteingehalten werden diese mehrschichtigen Grenzflächenfilme dicker und starrer. Sie
sind zunehmend widerstandsfähiger gegenüber Scherung und Koaleszenz [Kinsella, 1981].
Dies würde die steigende Stabilität der Schäume mit steigendem Proteingehalt erklären. Die
relativ geringen Unterschiede der Schaumbildungseigenschaften in Abhängigkeit vom Prote-
ingehalt innerhalb der Versuchsreihen (V1 und V2) sind eventuell durch den vergleichsweise
hohen Proteingehalt (minimal 0,5 %) begründet. Die durch Filtrationsprozesse nicht
ausschließbare Veränderung der Proteinstruktur kann mit den durchgeführten Untersuchungen
nicht beurteilt werden.
Page 87 |
4.3.4
Einfluss des Casein-Molkenprotein-Verhältnisses auf die Schaumbildungs-