Text 8. Der Urlaub auf dem Schiff
Der Urlaub auf dem Schiff wird immer mehr zu einer der beliebtesten Erholungsarten. Den Touristen stehen moderne, mit allem Komfort eingerichtete Urlauberschiffe zur Verfügung. Die beste Art der Seereise ist die Kreuzfahrt. Da sind sie ständig auf hoher See, und zugleich besichtigen sie Häfen und Städte und beteiligen sich an interessanten Ausflügen. Sie können an Deck ihres Schiffes in der Sonne liegen und an den besten Stränden baden, wenn das Schiff vor Anker liegt. So reisen sie im „schwimmenden Hotel“ von Stadt zu Stadt und von Land zu Land. An Bord finden sie alles, was sie wünschen: geschmackvoll eingerichtete Kabinen, elegante Gesellschaftsräume, Sonnen- und Sportdecks, eine Bibliothek, verschiedene Veranstaltungen und nicht zuletzt eine Verpflegung, die jedem Geschmack entspricht. Gut erholt und mit vielen neuen Eindrücken kehren sie nach Hause in die gewohnte Umgebung zurück. Allerdings ist eine Schiffsreise nur denen zu empfehlen, die seefest sind.
Textaufgabe
Ergänzen Sie diesen Text.
Text 9. Schiffsreise
Es war ein purer Zufall, dass wir nicht schon aus der Wohnung gegangen waren, als ein Anruf kam, derselbe vermutlich, den ich vor einer Stunde zwar gehört, aber nicht hatte abnehmen können, ein immerhin entscheidender Anruf: Mein Schiffsplatz nach Europa könne nur gebucht werden, wenn ich sofort, spätestens bis zweiundzwanzig Uhr, mit meinem Pass vorbeikomme. Hätte mich jener Anruf nicht mehr erreicht, das heiβt, meine Schiffsreise wäre nicht zu Stande gekommen, jedenfalls mit dem Schiff, das Sabeth benutzte, und wir wären einander nie auf der Welt begegnet, meine Tochter und ich …
Eine Stunde später saβ ich in einer Bar, meine Schiffskarte in der Tasche, vergnügt, nachdem ich unser Schiff gesehen hatte. Meine erste Schifffahrt! Ich trank ein Bier und aβ einen Hamburger. Ich freute mich aufs Leben wie ein Jüngling, wie schon lange nicht mehr. Leider musste ich zurück, ich musste packen.
9.30 Uhr musste ich an Bord sein. Ivy begleitete mich sogar aufs Schiff. Wir standen auf Deck. Ich dankte ihr, als es tutete und der Lautsprecher immer wieder die Begleiter aufforderte, das Schiff zu verlassen; ich küsste sie. Ivy wünschte mir eine glückliche Reise. Sie war die letzte, die über die Brücke an Land ging. Ich winkte. Ivy winkte auch.
Es war kurz nach der Ausfahrt, als ich das Mädchen mit dem blonden Rossschwanz zum ersten Mal erblickte, man musste sich im Speisesaal versammeln, um anzustehen wegen der Tischkarten. Es war mir eigentlich unwichtig, wer an meinem Tisch sitzt, immerhin hoffte ich auf einen Männertisch, gleichviel welcher Sprache. Aber von Wählen war keine Spur! Wir warteten, eine ganze Schlange von Passagieren – vor mir: ein junges Mädchen, ihr Gesicht konnte ich nicht sehen, nur ihren blonden Rossschwanz. Als der Steward einen Spaβ machte, zuckte sie nur die Achsel; ob erster oder zweiter Service, war ihr gleichgültig. Sie kam in den ersten; ich in den zweiten. Ich brachte meinen Koffer in die Kabine hinunter, wo ich zum ersten Mal meinen Mitschläfer sah, einen jungen und starken Mann. Er hatte, als ich in die Kabine trat, auf dem oberen Bett gesessen, gemäβ Ticket. Ich lieβ ihm das untere Bett. Es war uns beiden wohler, glaube ich, als er auf dem unterem saβ, um seine Siebensachen auszupacken.
Später wieder auf Deck. Es gab nichts zu sehen, Wasser ringsum, ich stand und genoss es – statt dass ich mich um einen Decksessel kümmerte. Ich wusste das alles noch nicht.
Wie man fünf Tage auf einem solchen Schiff verbringt, konnte ich mir nicht vorstellen, ich ging hin und her, Hände in den Hosentaschen. Ich wunderte mich, woher die andern Passagiere ihre Sessel hatten. Jeder Sessel mit Namen versehen. Als ich den Steward fragte, gab es keine Decksessel mehr. Sabeth (das Mädchen hieβ Sabeth) spielte Pingpong. Sie spielte mit einem jungen Herrn. Ich stand bei dem groβen Fenster des Promenadendecks und sah zu. Das Mädchen sah mich gar nicht. Ich ging weiter – auf Deck wurde es kalt, sogar nass und der Steward klappte die Sessel zusammen. Man hörte die Wellen viel lauter als zuvor.
Es gongte zum Ersten Service. Der erste Nachmittag war überstanden.
Was ändert es, dass ich meine Ahnungslosigkeit beweise. Ich war nicht verliebt in das Mädchen mit dem blonden Rossschwanz. Ich konnte nicht ahnen, dass sie meine eigene Tochter ist, ich wusste ja nicht einmal, dass ich Vater bin. Es war ein unwahrscheinlicher Zufall, dass wir überhaupt ins Gespräch kamen, meine Tochter und ich. Schon am Abend spielten wir Pingpong. Aber es fehlte mir die Übung. Und es langweilte sie alles, was ich sagte.
Vor dem Schlafengehen machte ich jedes Mal, um Luft zu schnappen, eine Runde um sämtliche Decks. Allein. Traf ich sie im Dunkeln – zufällig – Arm in Arm mit ihrem Pingpong-Freund, so tat sie, als hätte sie mich nicht gesehen.
Am anderen Morgen, als ich allein an der Reling stand, trat sie zu mir und fragte, wo denn mein Nachbar sei. Sie meinte, ich fühle mich einsam, und wollte nett sein, gabۥs nicht auf, bis sie mich zum Plaudern brachte – über Navigation, Radar, Elektrizität, Entropie, wovon sie noch nie gehört hat. Sie war alles andere als dumm. Sie gefiel mir, aber ich flirtete in keiner Weise.
Ein wenig, glaube ich, mochte sie mich doch; jedenfalls nickte sie, wenn sie mich auf Deck sah. Sie lag in ihrem Decksessel und nahm sofort das Buch, aber winkte – „Hallo, Mister Faber!“
Ich lieβ sie oft in Ruhe. Eigentlich hatte ich arbeiten sollen, aber ich konnte nicht arbeiten. So eine Schiffsreise ist ein komischer Zustand. Fünf Tage ohne Wagen! Ich wanderte halbe Tage lang. Ich bin in zehn Jahren nicht so viel gegangen wie auf diesem Schiff! Ich hatte Zeit wie noch nie und kam nicht einmal dazu, die tägliche Bordzeitung zu lesen. Eines Morgens äuβerte Sabeth den Wunsch, einmal den Maschinenraum zu besichtigen und zwar mit mir. Sie wunderte sich, wieso ich keinen Decksessel habe, und bot mir sofort ihren Decksessel an. Seither saβ ich öfter in ihrem Sessel. Einmal war Sabeth seekrank. Zum Glück war ich dabei.
Ich dachte in diesen Tagen wieder öfter an Hanna. Ich sagte mir, dass mich wahrscheinlich jedes Mädchen irgendwie an Hanna erinnern würde. Was heiβt schon Ähnlichkeit? Hanna war schwarz, Sabeth blond und ich fand es an den Haaren gezogen, die beiden zu vergleichen. Ich rechnete mir aus, wie alt jetzt Hanna wäre, ob sie schon weiβe Haare hätte. Zwanzig Jahre sind eine Zeit. Wieso vermuten, dass irgendein Mädchen eine Tochter von Hanna ist. Einmal filmte ich sie. Als sie es entdeckte, streckte sie die Zunge heraus; ich filmte sie mit der gestreckten Zunge, bis sie zornig, ohne Spaβ, mich fragte: „Mister Faber, Sie beobachten mich die ganze Zeit, ich mag das nicht! Was wollen Sie überhaupt von mir?“ Ich war ihr nicht sympathisch. Ich fand sie schön.
Unsere Reise ging zu Ende. An diesem Abend standen wir allein auf Deck und ich fragte, ob sie mich denn heiraten würde. Sabeth errötete. Ob ich das ernst meine? Warum nicht? Mein Leben lag in ihrer Hand. Unser Schiff lag mindestens eine Stunde vor Anker. Als Sabeth mich fragte, ob ich es wirklich im Ernst meine, küsste ich sie auf die Stirn, dann auf ihre kalten und zitternden Augenlider, zu sagen gab es nichts, es war unmöglich.
Anderntags Ankunft in Le Havre. Es regnete und ich stand auf dem Oberdeck, als das Mädchen mit dem blonden Rossschwanz über die Brücke ging, Gepäck in beiden Händen, weswegen sie nicht winken konnte. Sie sah mein Winken, glaube ich. Später beim Zoll, als ich meinen Koffer aufmachen musste, sah ich sie noch einmal, sie nickte auch und lächelte, dann verschwand sie im Gedränge – Unser Kind! Aber das konnte ich damals nicht wissen. Ich hatte sie gern. Nur so viel wusste ich. (Nach M. Frisch.)
Textaufgaben
1. Wählen Sie Wörter zum Thema „Schiffreise“.
2. Erzählen Sie den Text nach.
3. Erfinden Sie Ihre eigene Situation und benutzen Sie dabei die gewählten Wörter aus dem Text.
4. Führen Sie Gespräche.
1. Zwischen einem Passagier und dem Kapitän am Anfang der Seefahrt.
2. Zwischen den Passagieren auf hoher See.