Wie sie die Toten aus dem Saale warfen
Da setzten sich die Herren aus Müdigkeit zu Tal.
Volker und Hagen die gingen vor den Saal
Über den Schild sich lehnend in ihrem Übermut:
Da pflagen launger Reden diese beiden Helden gut. (2074)
Da sprach von Burgonden Geiselher der Degen:
“Noch dürft ihr lieben Freunde nicht der Ruhe pflegen;
Ihr sollt erst die Leichen aus dem Hause tragen:
Wir werden noch bestanden, das will ich wahrlich euch sagen. (2075)
“Sie sollen untern Füßen uns hier nicht länger liegen.
Bevor im Sturm die Heunen mögen uns besiegen,
Wir haun noch manche Wunde, die mir gar sanfte tut:
Des hab ich,” sprach da Geiselher, “einen willigen Mut.” (2076)
“O wohl wir solches Herren,” sprach Hagen dagegen,
“Der Rat geziemte niemand als einem solchen Degen,
Wie unsern jungen Herren wir diesen Tag gesehn:
Ihr Burgonden möget alle drob in Freuden stehn.” (2077)
Da folgten sie dem Rate und trugen vor die Tür
Siebentausend Tote, die warfen sie dafür;
Vor des Saales Stiege fielen sie zu Tal:
Da erhoben ihre Freunde mit Jammern kläglichen Schall. (2078)
Darunter war noch mancher nur so mäßig wund,
Käm ihm gute Pflege, er würde noch gesund;
Doch von dem hohen Falle fand er nun den Tod:
Das klagten ihre Freunde: Es zwang sie wahrhafte Not. (2079)
Da sprach der Fiedelspieler, Volker gar unverzagt:
“Nun sah ich doch, man hat mir die Wahrheit gesagt:
Die Heunen sind feige, sie klagen wie ein Weib,
Statt dass sie pflegen sollten der Schwerverwundeten Leib.” (2080)
Da mocht ein Markgraf wähnen, er mein es ernst und gut:
Der Verwandten einen sah er gefallen in das Blut;
Er dacht ihn wegzutragen und wollt ihn schon umfahn:
Den schoss ob ihm zu Tode dieser kühne Fiedelmann. (2081)
Eine große Flucht erhob sich, als das die andern sahn
Sie begannen all zu fluchen demselben Fiedelmann.
Einen Spieß vom Boden nahm er, der war scharf und hart,
Der von einem Heunen zu ihm herauf geschossen ward. (2082)
Den schoss er durch die Veste von sich kräftiglich
Über ihre Häupter. Das Volk Etzels wich
Erschreckt von seinem Wurfe weiter von dem Saal;
Vor seinen starken Kräften die Leute bangten überall. (2083)
Da stand vor dem Hause manch tausend Mann.
Volker und Hagen huben zu reden an
Mit Etzeln dem König in hohem Übermut;
Das schuf bald große Sorge diesen Helden kühn und gut. (2084)
“Wohl wär es,” sprach da Hagen, “Des Volkes Trost im Leib,
Wenn die Herren föchten voran in Sturm und Streit,
Wie von meinen Herren hier ein jeder tut:
Die hauen durch die Helme, dass von den Schwertern fließt das Blut.” (2085)
So kühn war Herr Etzel, er fasste seinen Schild:
“Nun hütet eures Lebens,” sprach da Kriemhild,
“Und bietet Gold den Recken auf der Schilde Rand,
Denn erreicht euch Hagen, ihr habt den Tod an der Hand.” (2086)
So kühn war der König, er wollt in den Streit,
Wozu so reiche Fürsten nun selten sind bereit.
Man musste bei den Riemen des Schildes ihn halten an.
Hagen der grimme ihn mehr zu höhnen begann: (2087)
“Eine ferne Sippschaft war es,” sprach Hagen gleich zur Hand
“Die Etzeln und Siegfried zusammen einst verband;
Er minnte Kriemhilden eh sie gesehen dich:
Böser König Etzel, was rätst du denn wider mich?” (2088)
Diese Rede hörte die edle Königin.
Darüber ward unmutig Kriemhild in ihrem Sinn,
Dass er sie schelten durfte vor König Etzels Bann:
Wider die Gäste hub sie aufs neu zu werben an. (2089)
Sie sprach: “Wer den Hagen von Tronje mir erschlägt
Und mir sein Haupt als Gabe her zur Stelle trägt,
Mit rotem Golde füll ich ihm Etzels Schildesrand,
Auch geb ich ihm zum Lohne viel gute Burgen und Land.” (2090)
“Ich weiß nicht was sie zaudern,” sprach der Fiedelmann,
“Niemals haben Helden so verzagt getan,
Wenn man bieten hörte so hohen Ehrensold.
Wohl sollt ihnen Etzel nimmer wieder werden hold. (2091)
“Die hier mit Schimpf und Schanden essen des Königs Brot,
Und ihn nun verlassen in der größten Not,
Deren seh ich manchen so recht verzagt da stehn,
Und tun doch so verwogen; sie können nie der Schmach entgehn.” (2092)
* Der reiche Etzel hatte Jammer und Not:
Er beklagte seiner Mannen und Freude bittern Tod;
Von manchen Landen standen ihm Recken viel zur Seit,
Die weinten mit dem Könige sein gewaltiges Leid. (2093)
* Da gedachten wohl die Besten: “Wahr ist was Volker sagt.”
Von niemand doch von allen ward es so schwer beklagt,
Als von Markgraf Iring, dem Herrn aus Dänenland;
Was sich nach kurzer Weile wohl nach der Wahrheit befand. (2094)
Abenteuer
Wie Iring erschlagen ward
Da rief der Markgraf Iring aus der Dänen Land:
“Ich habe nun auf Ehre meine Sinne lang gewandt,
Auch ist von mir das Beste wohl oft im Sturm geschehn;
Bringt mir meine Waffen: So will ich Hagen bestehn.” (2095)
“Das muss ich widerraten,” hub da Hagen an,
“Sonst müssen vor mir weichen die in Etzels Bann:
Springen eurer zweie oder drei in den Saal,
Die send ich wohl verhauen die Stiege wieder zu Tal.” (2096)
“Ich wills darum nicht lassen,” rief Iring wieder hin:
“Ich versuchte wohl schon früher was gleiche Wagnis schein.
Wohl will ich mit dem Schwerte allein zu dir hinan:
Was hilft dir das Brüsten, das du mit Reden hast getan?” (2097)
Da wurde bald gewaffnet der Degen Iring,
Und von Thüringen Irnfried, ein kühner Jüngling,
Und Hawart der starke wohl mit tausend Mann:
Sie wollten Iring helfen, was auch der Degen begann. (2098)
Da sah der Fiedelspieler ein gewaltig Herr,
Das mit Iringen gewaffnet zog daher.
Sie trugen aufgebunden die lichten Helme gut.
Da ward dem kühnen Volker darüber zornig zu Mut: (2099)
“Seht ihr, Freund Hagen, dort Iringen gehn,
Der euch im Kampf gelobte alleine zu bestehn?
Wie ziemet Helden Lüge? Fürwahr ich tadl es sehr:
Es gehn mit ihm gewaffnet wohl tausend Recken oder mehr.” (2100)
“Nun beißet mich nicht lügen,” sprach der in Hawarts Bann,
“Ich will das Wort erfüllen, das ich euch kund getan.
Keiner Feigheit wegen soll es gebrochen sein:
Sei Hagen noch so fürchterlich, ich besteh ihn ganz allein.” (2101)
Fußfällig bat Iring Freund und Untertan,
Dass sie ihn alleine dem Recken ließen nahn.
Das taten sie ungerne, ihnen war zu wohl bekannt
Der übermütge Hagen aus der Burgonden Land. (2102)
Da bat er sie so lange bis es doch geschah.
Als das Ingesinde ihn so entschlossen sah,
Und dass er rang nach Ehre, da ließen sie ihn gehn:
Da ward von den beiden ein grimmes Streiten gesehn. (2103)
Iring der Däne hielt hoch empor den Speer,
Sich deckte mit dem Schilde der teure Degen hehr:
So lief er auf im Sturme zu Hagen vor den Saal;
Da erhub sich von den Degen ein gewaltiger Schall. (2104)
Da schossen sie die Spieße kräftig aus der Hand
Durch die festen Schilde auf ihr licht Gewand,
Dass die Speerstangen hoch in die Lüfte flogen;
Da griffen zu den Schwertern die grimmen Degen verwogen. (2105)
Hagen war, der kühne, von Mut und Kräften voll;
Doch schlug nach ihm Iring, dass rings das Haus erscholl:
Pallas und Türme erhallten von den Schlägen.
Es konnte seinen Willen doch nicht vollführen der Degen. (2106)
Iring ließ Hagnen unverwundet stehn:
Auf den Fiedelspieler begann er los zu gehn.
Er wähnt', er könn ihn zwingen mit seinen starken Schlägen:
Doch wusste sich zu schirmen dieser zierliche Degen. (2107)
Da schlug der Fiedelspieler, dass auf das Schildes Rand
Das Gespänge wirbelte von Volkers starker Hand.
Den ließ er wieder stehen; er war ein übler Mann:
Da lief er auf Gunther, den Burgondenkönig, an. (2108)
Doch war da jedweder zum Streite stark genug:
Wie Gunther auf Iring und der auf jenen schlug,
Was lockte nicht aus Wunden das fließende Blut;
Ihre Rüstung wehrt es, die war zu fest und zu gut. (2109)
Gunthern ließ er stehen und lief Gernoten an;
Das Feuer aus dem Harnisch er ihm zu haun begann.
Da hätte von Burgonden der König Gernot
Iring den kühnen beinah gesandt in den Tod. (2110)
Da sprang er von dem Fürsten: Rasch war er genug:
Der Burgonden Viere der Held behend erschlug,
Das edeln Heergesindes aus Wormes an dem Rhein.
Darüber mochte Geiselher nicht wohl zorniger sein. (2111)
“Gott weiß, Herr Iring,” sprach Geiselher das Kind,
“Ihr sollt mir die entgelten, die hier erlegen sind
Vor euch in dieser Stunde.” Iringen lief er an
Und schlug den Dänenhelden, dass er zu straucheln begann. (2112)
Er schoss vor seinen Händen nieder in das Blut,
Dass alle wähnen mussten, es schlüg der Degen gut
Nie im Sturme wieder einen Schlag mit seinem Schwert:
Doch lag vor Geiselheren Iring da noch unversehrt. (2113)
Von des Helmes Krachen und von des Schwertes Klang
Waren seine Sinne so betäubt und krank,
Dass sich der kühne Degen des Lebens nicht besann:
Das hatte mit den Kräften der starke Geiselher getan. (2114)
Als ihm aus dem Haupte das Schwirren jetzt entschwand,
Das von dem starken Schlage der Degen erst empfand,
Da gedacht er: “Ich lebe, und bin auch nirgend wund:
Nun ist mir erst die Stärke des kühnen Geiselher kund!” (2115)
Er hörte seine Feinde zu beiden Seiten stehn;
Hätten sie's geahnet, ihm wäre mehr geschehn:
Auch hatt er Geiselheren vernommen nahe bei:
Er sann wie mit dem Leben von hinnen zu kommen sei. (2116)
Wie hastig der Degen aus dem Blute sprang!
Er mochte seiner Schnelle wohl sagen großen Dank.
Da lief er aus dem Hause, wo er Hagen fand,
Und schlug ihm schnelle Schläge mit seiner kraftreichen Hand. (2117)
Da gedachte Hagen: “Du musst des Todes sein;
Schützt dich nicht der Teufel, so kannst du nicht gedeihn.”
Doch traf Iring Hagnen durch des Helmes Hut:
Das tat der Held mit Maske; das war eine Waffe gut. (2118)
Als der grimme Hagen die Wand an sich empfand,
Ihm schwenkte sich gewaltig das Schwert in seiner Hand.
Da musste vor ihm weichen der Held in Hawarts Bann;
Hagen ihm die Stiege hinab zu folgen begann. (2119)
Übers Haupt den Schildrand der kühne Iring schwang;
Und wär dieselbe Stiege drei solcher Stiegen lang,
Derweile ließ ihn Hagen nicht schlagen einen Schlag:
Wie mancher rote Funke da auf seinem Helme lag! (2120)
Wieder zu den seinen kam Iring gesund.
Da wurde diese Märe bald Kriemhilden kund,
Was er im Streit dem Hagen von Tronje angetan;
Dafür die Königstochter ihm sehr zu danken begann: (2121)
“Das lohne Gott dir, Iring, erlauchter Degen gut,
Du hast mir wohl getröstet das Herz und auch den Mut:
Nun seh ich blutgerötet Hagens Rüstgewand!”
Kriemhilde nahm vor Freuden ihm selbst den Schild aus der Hand. (2122)
“Ihr mögt ihm mäßig danken;” sprach Hagen dagegen,
“Es nochmals zu versuchen ziemte wohl dem Degen,
Und käm er dann zurücke, er wär ein kühner Mann.
Die Wunde frommt euch wenig, die ich noch von ihm gewann. (2123)
“Dass ihr von meiner Wunde mir seht den Harnisch rot,
Das hat mich noch erbittert zu manches Mannes Tod;
Nun bin ich erst erzürnet auf euch und manchen Mann:
Mir hat der Degen Iring gar wenig Schaden getan.” (2124)
Da stand dem Wind entgegen Iring von Dänenland;
Er kühlte sich im Harnisch, den Helm er niederband.
Da priesen ihn die Leute für streitbar und gut;
Darüber trug der Markgraf nicht wenig hoch seinen Mut. (2125)
Da sprach Iring wieder: “Nun, Freunde, sollt ihr gehn
Und neue Waffen holen; ich will noch einmal sehn,
Ob ich bezwingen möge den übermütgen Mann.”
Sein Schild war verhauen, einen bessern er gewann. (2126)
Gewaffnet ward der Recke bald in noch festre Wehr:
Er griff in seinem Zorne nach einem starken Speer,
Mit dem wollt er Hagnen zum andern Mal bestehn.
Darob ergrimmt' ihm Hagen, der kühne Held ausersehn. (2127)
Nicht erwarten wollt ihn Hagen der Degen:
Mit Schüssen und mit Hieben lief er ihm entgegen
Die Steige bis zu Ende; zornig war sein Mut:
Da kam dem Degen Iring seine Stärke nicht zu gut. (2128)
Die schlugen durch die Schilde, dass es zu lohn begann
Mit feuerroten Winden. Der in Hawarts Bann
Ward von Hagens Schwerte da gar übel wund:
Durch Helm und Schildrand drang es, er ward nicht wieder gesund. (2129)
Als der Degen Iring der Wunde ward gewahr,
Deckt' er mit dem Schilde den Helm ganz und gar.
Ihn deuchte voll der Schaden, den er von ihm gewann;
Bald tat ihm aber größern der Degen noch in Gunthers Bann. (2130)
Einen Wurfspieß Hagen vor seinen Füßen sah;
Auf Iring den Dänen schoss der Degen da,
Dass ihm die Stange aus dem Haupte stand:
Der Recken Hagen hatt ihm ein grimmes Ende gesandt. (2131)
Iring musste wieder zu den Dänen fliehn.
Eh man dem Degen konnte den Helm vom Haupte ziehn
Und ihn vom Speer befreien, erschien ihm schon der Tod.
Da weinten seine Freunde, es zwang sie wahrhafte Not. (2132)
Da kam die Königstochter auch zu ihm heran:
Iring den starken hub sie zu klagen an;
Sie beweinte seine Wunden, es war ihr grimmig leid.
Da sprach vor seinen Freunden dieser Recke kühn im Streit: (2133)
“Lasst die Klage bleiben, viel hehre Königin.
Was hilft eurer Weinen? Mein Leben muss dahin
Schwinden aus den Wunden, die an mir offen stehn:
Der Tod will mich nicht länger euch und Etzeln dienen sehn.” (2134)
Zu Thüringern und Dänen sprach er hingewandt:
“Die Gaben, so die Königin euch beut, soll eure Hand
Nicht zu erwerben trachten, ihr lichtes Gold so rot:
Und besteht ihr Hagen, so müsst ihr schauen den Tod.” (2135)
Seine Farbe war erblichen, des Todes Zeichen trug
Iring der kühne; ihnen war es leid genug.
Er konnte nicht gefunden der Held in Hawarts Lehn:
Da musst es an ein Streiten von den Dänenhelden gehn. (2136)
Irnfried und Hawart sprangen vor den Saal
Wohl mit tausend Helden: einen ungestümen Schall
Vernahm man allenthalben, kräftig und groß.
Hei! Was man scharfer Speere auf zu den Burgonden schoss! (2137)
Irnfried der Kühne lief den Spielmann an,
Daher er großen Schaden von seiner Hand gewann:
Der edle Fiedelspieler den Landgrafen schlug
Durch den Helm den festen: Wohl war er grimmig genug. (2138)
Da schlug dem kühnen Spielmann Irnfried einen Schlag,
Dass er des Panzers Ringe dem Helden zerbrach,
Und sich sein Harnisch färbte von Funken feuerrot:
Dennoch fiel der Landgraf von dem Spielmann in den Tod. (2139)
Zusammen waren Hagen und Hawart gekommen.
Da mochte Wunder schauen wer es wahrgenommen.
Die Schwerter fielen kräftig den Helden an der Hand:
Da musste Hawart sterben vor dem aus Burgondenland. (2140)
Die Thüringer und Dänen sahn ihres Herren Tod:
Da hob sich vor dem Hause eine furchtbare Not;
Eh sie die Tür gewannen mit kraftreicher Hand,
Da ward noch verhauen mancher Helm und Schildesrand. (2141)
“Weichet,” sprach da Volker, “lasst sie zum Saale gehn;
Was sie im Sinne haben kann dennoch nicht geschehn.
Sie müssen all ersterben hier in kurzer Zeit:
Sie ernten mit dem Tode was ihnen Kriemhilde beut.” (2142)
Als die Übermütigen drangen in den Saal,
Da wurde manchem Helden das Haupt geneigt zu Tal,
Dass er ersterben musste von ihren starken Schlägen.
Wohl stritt der kühne Gernot, so tat auch Geiselher der Degen. (2143)
Tausend und Viere, die kamen in das Haus:
Da hörte man erklingen den hellen Schwertersaus.
Bald wurden doch die Recken alle drin erschlagen:
Man mochte große Wunder von den Burgonden sagen. (2144)
Da gab es eine Stille, als der Lärm verscholl!
Das Blut allenthalben durch die Lücken quoll
Zu den Rinnsteinen von den toten Degen:
Das taten die vom Rheine mit ihren kräftigen Schlägen. (2145)
Da saßen wieder ruhend die aus Burgondenland;
Sie legten mit den Waffen die Schilde von der Hand.
Da stand noch vor dem Hause der kühne Fiedelmann,
Erwartend ob noch jemand zum Streite zöge heran. (2146)
Der König klagte heftig, dazu die Königin;
Mägdelein und Frauen härmten sich den Sinn.
Der Tod, wähn ich, hatte sich wider sei verschworen;
Drum gingen durch die Gäste noch viel der Recken verloren. (2147)
Abenteuer
Wie die Königin den Saal verbrennen ließ
“Nun bindet ab die Helme;” sprach Hagen der Degen,
“Ich und mein Geselle der Wache wollen pflegen:
Versuchen es noch einmal die in Etzels Bann,
So warn ich meine Herren so schnell als ich immer kann.” (2148)
Da band den Helm vom Haupte mancher Ritter gut;
Sie setzten auf die Wunden sich nieder, die ins Blut
Waren zum Tode von ihrer Hand gekommen:
Da ward der edeln Gäste mit Erbittrung wahrgenommen. (2149)
Noch vor dem Abend schuf der König hehr
Und Kriemhild die Königin, dass es der Helden mehr
Von Heunland noch versuchten; man sah vor ihnen stehn
Wohl noch zwanzigtausend: Die mussten nun zum Streite gehn. (2150)
Da hob ein hartes Stürmen auf zu den Gästen an.
Dankwart, Hagens Bruder, dieser schnelle Mann,
Sprang von seinen Herren zu den Feinden vor die Tür:
Man wähnt', er sei erstorben, doch kam er heil noch hinfür. (2151)
Das harte Streiten währte bis es die Nacht benahm.
Da wehrten sich die Gäste wie Helden lobesam
Wider Etzels Recken den sommerlangen Tag:
Hei! Wie da vor ihnen manch guter Degen erlag! (2152)
Zu einer Sonnenwende geschah der große Mord:
Ihres Herzens Jammer rächte Kriemhild dort
An ihren nächsten Freunden und noch an manchem Mann,
Wodurch der König Etzel nie wieder Freude gewann. (2153)
* Sie hatte nicht gesonnnen auf solche Mörderschlacht:
Als sie den Streit begonnen hatte sie gedacht,
Hagen sollt alleine dabei sein Ende sehn;
Da schuf der böse Teufel, über alle musst es ergehn. (2154)
Der Tag war zerronnen; ihnen schuf die Sorge Not.
Sie gedachten, wie doch besser wär ein kurzer Tod
Als sich so lang zu quälen in ungefügem Leid:
Da wünschten einen Frieden die stolzen Ritter allbereit. (2155)
Sie hatten, dass der König zu ihnen würd gebracht.
Die Helden, rot von Blute, schwarz von der Eisentracht,
Traten aus dem Hause und die drei Könge hehr.
Sie wussten nicht, wem klagen ihres großen Leids Beschwer. (2156)
Etzel und Kriemhilde, die kamen beide hek;
Das Land war ihnen eigen, drum mehrte sich ihr Heer.
Er sprach zu den Gästen: “Sprecht, was begehrt ihr mein?
Wollt ihr Frieden haben? Das könnte nun schwerlich sein (2157)
Nach so großem Schaden als ihr mir habt getan.
Ihr sollt es nicht genießen so lang ich atmen kann:
Mein Kind, das ihr erschluget und viel der Freunde mein;
Frieden und Sühne soll euch dafür geweigert sein.” (2158)
Antwort gab ihm Gunther: “Uns zwang die große Not;
All mein Gesinde lag von dem deinen tot
An der Herberge: Verdient ich solchen Sold?
Ich kam zu dir auf Treue und wähnte, du wärst mir hold.” (2159)
Da sprach von Burgonden Geiselher das Kind:
“Ihr Helden König Etzels, die noch am Leben sind,
Wes zeiht ihr mich, ihr Recken? Was hat ich euch getan,
Der ich die Fahrt so gütlich zu diesem Lande begann?” (2160)
Sie sprachen: “Deiner Güte ist all die Veste voll
Mit Jammer, gleich dem Lande; wir gönnten dir es wohl,
Wärst du nie gekommen von Wormes überrhein:
Durch dich ist ganz verwaiset das Land und durch die Brüder dein.” (2161)
Da sprach zu dem Könige Gernot der Degen gut:
“So soll euch Gott gebieten, dass ihr die Lieb uns tut:
Erschlagt uns Heimatlose, und lasst uns zu euch gehn
Hinunter ins Freie, gewiss, das würd euch löblich stehn. (2162)
“Was uns geschehn könne, das lasst bald ergehn:
Ihr habt so viel Gesunde, die dürfen uns bestehn
Und geben uns vom Streite Müden leicht den Tod:
Wie lange sollen wir Recken bleiben in so grimmer Not?” (2163)
Von König Etzels Recken wär es fast geschehn,
Dass sie die Helden ließen vor den Pallas gehn.
Als das Kriemhild hörte, es war ihr grimmig leid;
Da war den Heimatlosen mit Nichten Friede bereit. (2164)
“Nicht doch, ziere Recken, worauf euch sinnt der Mut,
Ich will euch treulich raten, dass ihr das nimmer tut,
Dass ihr die Mordgiergen lasst vor den Saal;
Sonst müssen eure Freunde vor ihnen sterben zumal. (2165)
Und lebten nur alleine die Utens Söhne sind,
Und kämen meine edeln Brüder an den Wind,
Dass sie die Panzer kühlten, ihr alle wärt verloren:
Es wurden kühnre Degen noch nie auf Erden geboren.” (2166)
Da sprach der junge Geiselher: “Viel schöne Schwester mein,
Wie mocht ich mich versehn, dass du mich überrhein
Hieher geladen hättest zu so großer Not?
Wodurch wohl verdient' ich hier bei den Heunen den Tod? (2167)
Getreu war ich dir immer, tat Leid dir nimmermehr:
Ich ritt auch in dem Wahne zu diesem Hofe her,
Du wärest mir gewogen, viel liebe Schwester mein.
Nun schenk uns deine Gnade: Es kann doch anders nicht sein.” (2168)
“Ich schenk euch keine Gnade, Ungnad ich selbst gewann:
Mir hat von Tronje Hagen so großes Leid getan
Daheim, und hier zu lande erschlug er mir mein Kind:
Sie sollens all entgelten, die mit euch hergekommen sind. (2169)
Wollt ihr mir aber Hagen allein zum Geisel geben,
So will ichs nicht versagen, dass ich euch lasse leben,
Denn eure Schwester bin ich, der gleichen Mutter Kind:
So red ich um die Sühne mit den Helden, die hier sind.” (2170)
“Verhüt es Gott vom Himmel,” sprach da Gernot,
“Und wären unser tausend, wir wollten alle tot
Vor deinen Freunden liegen eh wir den einen Mann
Dir als Geisel gäben: Das wird nimmer getan.” (2171)
“Wir müssen doch ersterben,” sprach da Geiselher,
“So soll uns niemand scheiden von ritterlicher Wehr.
Wer gerne mit uns föchte, wir sind noch immer hie:
Verriet ich meine Treue an einem Freunde doch nie.” (2172)
Da sprach der kühne Dankwart: “Wie ziemte Schweigen mir?
Es steht mein Bruder Hagen noch nicht alleine hier.
Die uns Frieden weigern, mögens noch beklagen:
Ihr sollt es inne werden: Das will ich wahrlich euch sagen.” (2173)
Da sprach die Königstochter: “Ihr Helden allbereit,
Nun geht der Stiege näher und rächet unser Leid,
Das will ich euch vergelten wie ich billig soll:
Den Übermut Hagens, den benehm ich ihm wohl. (2174)
“Lässt keinen aus dem Hause der Degen allzumal.
So lass ich an vier Enden zünden an den Saal:
So wird noch wohl gerochen all mein Herzeleid.”
König Etzels Recken sah man bald dazu bereit. (2175)
Dir noch draußen standen trieb man in den Saal
Mit Schlägen und mit Schüssen; da gab es lauten Schall
Doch wollten sich nicht scheiden die Fürsten und ihr Heer:
Sie ließen von der Treue zueinander nun nicht mehr. (2176)
Den Saal in Brand zu stecken gebot da Etzels Weib.
Da quälte man den Helden mit Feuersglut den Leib.
Das Haus vom Wind ergriffen geriet in hohen Brand:
Solcher Schrecken wurde wohl niemals Helden bekannt. (2177)
Darinnen riefen viele: “O weh dieser Not!
Da möchten wir ja lieber im Sturme liegen tot.
Das möge Gott erbarmen; wie verlieren wir den Leib!
Wie grimmig rächt ihr Zürnen an uns des Königes Weib!” (2178)
Da sprach darinnen einer: “Wir finden hier den Tod.
Was hat der Gruß geholfen, den uns der König bot?
Mir tut vor starker Hitze der Durst so grimmig weh,
Ich fürchte, mein Leben in diesen Nöten zergeh!” (2179)
Da begann von Tronje Hagen, der Ritter gut:
“Wen der Durst bezwingen will, der trinke hier das Blut,
Das ist in solcher Hitze besser noch als Wein;
Zu essen und zu trinken kann hier nichts anderes sein.” (2180)
Hinging der Recken einer, wo er einen Toten fand,
Er kniet' ihm zu der Wunde, den Helm er nieder band;
Da hub er an zu trinken das fließende Blut:
So wenig ers gewohnt war, er fand es köstlich und gut. (2181)
“Nun lohn euch Gott, Herr Hagen,” sprach der müde Mann,
“Dass ich durch eure Lehre so guten Trunk gewann:
Man schenkte mir noch selten einen bessern Wein.
Leb ich noch eine Weile, ich will euch stets gewogen sein.” (2182)
Als das die andern hörten, es dünkte ihn so gut,
Da kamen ihrer viele und tranken auch das Blut.
Davon gewann viel Kräfte der guten Helden Leib:
Das entgalt an lieben Freunden bald manches waidliche Weib. (2183)
Das Feuer fiel gewaltig auf sie in den Saal:
Sie wandten mit den Schilden es von sich ab im Fall.
Der Rauch und auch die Hitze schmerzten sie gar sehr:
Also großer Jammer geschieht wohl Helden nimmer mehr. (2184)
Da sprach von Tronje Hagen: “Stellt euch an die Wand;
Lasst nicht die Brände fallen auf eurer Helme Band,
Und tretet mit den Füßen sie tiefer in das Blut:
Eine üble Hochzeit ist es, zu der die Königin uns lud.” (2185)
Unter solchen Nöten zerronnen war die Nacht:
Noch hielt vor dem Hause der kühne Spielmann Wacht
Und Hagen sein Geselle, gelehnt auf Schildesrand,
Noch größern Leids gewärtig vor denen aus Etzels Land. (2186)
* Dass der Saal gewölbt war, half den Gästen sehr.
Dadurch bleiben ihrer am Leben desto mehr;
Nur dass sie an den Fenstern vom Feuer litten Not.
Da wehrten sich die Degen wie Mut und Ehre gebot. (2187)
Da sprach der Fiedelspieler: “Nun lasst uns in den Saal,
So wähnen wohl die Heunen, wir seien allzumal
Von der Qual erstorben, die sie uns angetan:
Dann kommen doch noch manche zum Streit mit ihnen heran.” (2188)
Da sprach von Burgonden Geiselher das Kind:
“Mich dünkt, es wolle tagen, sich hebt ein kühler Wind.
Nun lass uns Gott vom Himmel noch liebre Zeit erleben!
Eine arge Hochzeit hat uns meine Schwester Kriemhild gegeben.” (2189)
Da sprach wieder einer: “Ich fühle schon den Tag.
Wenn es denn uns Degen nicht besser werden mag,
So waffnet euch, ihr Recken, und wahret euern Leib:
Wohl naht uns ehstens wieder hier des König Etzel Weib.” (2190)
Der Wirt mochte wähnen, die Gäste wären tot
Von ihren Drangsalen und von des Feuers Not:
Da lebten drin so kühner noch sechshundert Mann,
Dass wohl nie ein König bessre Degen gewann. (2191)
Der Heimatlosen Hüter hatten wohl gesehn,
Dass noch die Gäste lebten, was ihnen auch geschehn
Zu Schaden war und Leibe, den Herrn und ihrem Lehn:
Man sah sie wohl geborgen im Saale auf und nieder gehn. (2192)
Man sagte Kriemhilden, noch viele lebten drin.
“Wie wäre das möglich,” sprach die Königin,
“Dass noch einer lebte nach solcher Feuersnot?
Lieber will ich glauben, sie starben alle den Tod.” (2193)
Noch wünschten zu entkommen die Fürsten und ihr Lehn,
Wenn noch jemand Gnade an ihnen ließ ergehn.
Die konnten sie nicht finden in der Heunen Land:
Da rächten sie ihr Sterben mit gar williger Hand. (2194)
Noch früh am selben Morgen man ihnen Grüße bot
Mit lautem Kriegsrufe: Wohl schuf das Helden Not.
Zu ihnen aufgeschossen ward mancher starke Speer:
Wie ritterlich sich wehrten diese Recken kühn und hehr! (2195)
Dem Heergesinde Etzels war erregt der Mut,
Dass sie verdienen wollten Frau Kriemhildens Gut
Und alles willig leisten was der Fürst gebot:
Da musste mancher balde von ihnen schauen den Tod. (2196)
Man mochte von Verheißen und Gaben Wunder sagen.
Sie ließ ihr Gold, das rote, auf Schilden vor sie tragen:
Sie gab es jedem willig, der es wollt empfahn.
Nie wurden wider Feinde so große Schätze vertan. (2197)
Da traten in den Waffen viel Recken vor die Tür.
Da sprach der kühne Volker: “Wir sind noch immer hier:
So gerne sah ich Helden zum Streite nimmer kommen
Als die das Gold des Königs und zu verderben genommen.” (2198)
Was soll ich weiter sagen? Wohl zwölfhundert Degen
Versuchtens hin und wieder mit starken Schwertesschlägen.
Da kühlten mit den Wunden die Gäste wohl den Mut.
Kein Friede war zu hoffen, drum sah man fließen das Blut (2199)
Aus tiefen Todeswunden, deren wurden viel geschlagen.
Nach seinen Freunden hörte man jeglichen klagen;
Die Kühnen starben alle dem reichen König hehr:
Da hatten liebe Freunde nach ihnen Leid und Beschwer. (2200)
Abenteuer