Staat und Gesellschaft

Der berühmte Satz „der Staat bin ich“ hat Ludwig XIV. gesagt, angeblich am 13. April 1655 vor dem französischen Parlament. Im absolutistischen Staat des 17. und 18. Jahrhunderts ist es in der Tat der Monarch allein gewesen, der die Herrschaft über jeden im Land hatte.

In Deutschland blieb es dabei sogar noch im 19. Jahrhundert. Man nannte das konstitutionelle Monarchie, was bedeutete, dass es zwar eine Verfassung gab und ein Parlament, aber beides - nach einigem Druck – nur als Gefälligkeit und Großzügigkeit des Monarchen, der damit seine Rechte ein wenig beschränkte.

Das Wort “Gesellschaft“ ist uralt, eine Erfindung des Aristoteles. Er sprach von koinonia politike. Die Römer sagten societas civilis. Heute übersetzt man es meistens als bürgerliche Gesellschaft, was schief ist, denn für Aristoteles – und bis zum 18. Jahrhundert – war diese Gesellschaft identisch mit dem Staat. Die richtige Übersetzung ist also

Staatsgemeinschaft. Erst mit dem Ende des Absolutismus zerfiel diese Identität, zum Beispiel mit der Erklärung der Menschenrechte in der amerikanischen Verfassung und nach der Französischen Revolution. Nun gab es freie und gleiche Bürger mit eigenen Rechten gegenüber dem Staat. Nun war es eine bürgerliche Gesellschaft, nicht mehr eine Staatsgemeinschaft.

In Deutschland erwies sich der Absolutismus als besonders widerstandsfähig, lebte im 19. Jahrhundert weiter als konstitutionelle Monarchie, und deshalb war hier der Gegensatz von monarchischer Regierung und Gemeinschaft der Bürger besonders deutlich. Wirtschaftlich waren sie selbständig und erfolgreich, eine bürgerliche Gesellschaft, aber politisch noch immer entmündigt. Seitdem gibt es bei uns diese Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Staat. Gesellschaft, das sind wir.

Antworten Sie auf folgende Fragen:

Was bedeutet die konstitutionelle Monarchie?

Wann zerfiel die Identität der Gesellschaft mit dem Staat?

Wie war der Absolutismus in Deutschland?

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Karte Nr. 4

Lesen Sie und übersetzen Sie den Text mit dem Wörterbuch:

Wie entstand der Staat

Der Staat ist die Herrschaft der Herrschenden in Regierung, Parlament und Justiz. Meistens definiert man ihn nach der Drei- Elemente- Lehre: Ein Staat setzt voraus ein Staatsgebiet, ein Staatsvolk und eine Staatsgewalt.

Der Staat ist uralt, viel älter als die Staatsgemeinschaft des Aristoteles.

Durch den Nebel der Frühgeschichte steigt er auf, im Nahen Osten seit dem 4. Jahrtausend vor Christus, seit dem 3. Jahrtausend im Industan und in China am Gelben Fluß, in Mittelamerika seit dem ersten Jahrtausend vor Christus, überall auf der Grunde egalitärer (равных) Stammesgesellschaften, in denen die politische Ordnung nur aus der Verwandtschaftsordnung bestand. Das waren die Gesellschaften ohne Staat, ohne Häuptlinge oder Gerichte. Es gab die große Zahl der Verwandtschaftsgruppen, die durch vielfältige Heiratsbeziehungen miteinander verbunden gewesen sind.

Einige Jahrtausende haben sie so überstanden, bis sich die

Verwandtschaftsstruktur radikalisierte und Herrschaft von Mensch über Mensch entstand, der Staat.

Das Wort Staat als abstrakten Begriff für eine Herrschaftsordnung gibt es erst seit dem 17. Jahrhundert. Kein Zufall. Damals entstand der absolutistische Staat, für viele Staatsrechtler auch heute noch der Prototyp eines richtigen Staates. Es ist ein Lehnwort aus dem Lateinischen. Status bedeutete ursprünglich nur Stand, Zustand, Stellung. Seit dem 14.

Jahrhundert findet es sich im Sinne einer Stellung am Hof des Fürsten oder des Hofes selbst.

Erst im 17. Jahrhundert erscheint das Wort als Bezeichnung für die Herrschaft eines Fürsten, aber oft mit negativem Klang.

Antworten Sie auf folgende Fragen:

Wie definiert man den Staat?

Nennen Sie geographische Gebiete, wo die Staaten entstanden.

Aus welcher Sprache stammt das Wort „Staat“ und was bedeutete es ursprünglich ?

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Karte Nr. 5

Lesen Sie und übersetzen Sie den Text:

Verfassungen

Staatsrecht ist Verfassungsrecht. Die Verfassung ist die rechtliche Ordnung eines Staates, ähnlich wie das Bürgerliche Gesetzbuch das Fundament der Gesellschaft. 1776 und 1791 sind in den Vereinigten Staaten und in Frankreich die ersten modernen Verfassungen entstanden. Man nennt sie modern, weil sie seitdem einen bestimmten Inhalt haben müssen, nämlich den Grundsatz der Volkssouveränität, der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, der Gewaltenteilung und die Anerkennung von Menschenrechten, in erster Linie von Freiheit und Gleichheit. Das ist ein sogenannter „materieller“ Verfassungsbegriff.

Über die Verfassung entsteht der moderne Staat nicht durch einen Gesellschaftsvertrag, wie ihn die Menschen früher schließen, mit einem Monarchen, der die Ordnung garantieren soll. Es ist nämlich niemand da, mit dem das Volk einen solchen Vertrag schließen kann. Es handelt ganz allein. Wenn alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, gibt sich das Volk eine Ordnung und bleibt selbst souverän. Mindestens theoretisch. Diese Ordnung gibt es sich, indem es eine verfassungsgebende Versammlung wählt, die Verfassung beschließt und ihm wieder zur Bestätigung vorlegt. Entscheidend ist also auch, dass die Verfassung schriftlich ausgearbeitet wird, dass es eine Verfassungsurkunde gibt. So ist es heute in fast allen Ländern der Welt. Überall hat sich dieser westliche Verfassungstyp durchgesetzt.

Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Umgekehrt verhält es sich in England. Dort wird die Verfassung tatsächlich eingehalten, ist aber nicht schriftlich niedergelegt. Ähnlich ist es in Israel.

Der moderne Verfassungstyp unterscheidet sich allerdings oft vom englischen Modell. Dort kann das Parlament bei der Gesetzgebung noch uneingeschränkt handeln, wie ein absolutistischer Fürst des 18. Jahrhunderts.

Das Gesetz als Befehl, ohne jede inhaltliche Beschränkung. Der Gesetzgeber kann tun und lassen, was er will. Von Amerikanern und Franzosen kommt dagegen die Idee, dass nicht nur die Regierung, sondern auch das Parlament an Verfassung und Menschenrechte gebunden ist. Auch Gesetze dürfen nicht gegen die Verfassung verstoßen.

Die Verfassung, das ist das Grundgesetz. Wie es zu verstehen ist, sagt endgültig das Bundesverfassungsgericht.

Antworten Sie auf folgende Fragen:

1. Wo entstanden die ersten modernen Verfassungen?

2. Sind die Verfassungen in allen Ländern schriftlich niedergelegt?

3. Was ist für die amerikanische und französische Verfassung charakteristisch?

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