Gleichmäßig verteilte Sterne
Gravitation lässt sich nicht abschirmen
Raum und Zeit sind in ihr keine feste Bühne des Naturgeschehens. Stattdessen ändern sich Längen- und Zeitmaßstäbe in der Nähe massiver Himmelskörper. Erst das Gravitationsfeld bestimme „die metrischen Eigenschaften des vierdimensionalen Messraums“, sagt Einstein. Da die Gravitation auf sämtliche Materie gleichermaßen wirkt und – anders als elektrische oder magnetische Kräfte – in keiner Weise abgeschirmt werden kann, kann man sie allgemein als Krümmung von Raum und Zeit interpretieren. Einstein verglich diese gekrümmte Raumzeit mit einem gespannten Tuch, in dem jeder Himmelskörper ein Mulde erzeugt, die sich mit ihm mitbewegt, während er in den Einflussbereich anderer Mulden hineingerät.
Sein völlig neues Verständnis der Gravitation hat wesentlichen Anteil am Aufschwung der modernen Kosmologie. Die großen Fragen der Physik, über die an Stammtischen ähnlich passioniert gesprochen wird wie auf Fachtagungen, sind untrennbar damit verbunden: Was geschieht im Einzugsbereich schwarzer Löcher? Wie entstand das Universum? Woher rührt die dunkle Energie, die Galaxien immer schneller auseinandertreibt? Woraus besteht die dunkle Materie, die zwar unsichtbar ist, sich aber allenthalben im Weltall durch ihre Schwerewirkung bemerkbar macht?
Schon bald dreht Einstein seine Theorie wieder durch die Mangel
Einstein ahnte nichts von dunkler Materie, dunkler Energie oder schwarzen Löchern. Als er sein epochales Werk zum Abschluss brachte und der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin am 25. November 1915 vorlegte, wusste er nicht einmal von der Existenz anderer Galaxien jenseits unserer Milchstraße, geschweige denn von einer Expansion des Universums. Die großen astronomischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts standen noch aus. Umso erstaunlicher, wie er der Kosmologie, ausgehend von wenigen, eher intuitiven physikalischen Annahmen, völlig neue Perspektiven eröffnete.
Die allgemeine Relativitätstheorie war gerade ein Jahr alt, da drehte er selbst sie schon wieder durch die Mangel. Auch auf die Gefahr hin, „in einem Tollhaus interniert zu werden“, versuchte Einstein nun, das Universum als Ganzes zu beschreiben. Dazu modifizierte er seine Theorie noch einmal und fügte ein zusätzliches Glied in die Feldgleichungen ein, die „kosmologische Konstante“. Sie sollte sicherstellen, dass sich das Universum weder ausdehnt noch kollabiert.
Gleichmäßig verteilte Sterne
Einsteins Vorstellungen vom Aufbau des Kosmos lag ein einfacher Gedanke zugrunde: dass das Universum in jeder Himmelsrichtung gleich aussieht und dass dies auch für jeden anderen Beobachter im Weltall so sein muss. Ein für ihn typischer relativistischer Standpunkt. Zu den Erfahrungen der Sterngucker passte er nur bedingt. Denn wer in einer klaren Nacht zum Himmel schaut, der sieht hier vereinzelte Sterne, dort ganze Sternhaufen, vor allem aber das leuchtende Band der Milchstraße. Man kann den Eindruck gewinnen, als wären alle Sterne in der Milchstraße konzentriert und darüber hinaus nichts als leerer Raum.
Einstein zog dies durchaus in Erwägung. Seiner Ansicht nach verlangte Newtons Theorie der Schwerkraft geradezu, dass die Welt eine Mitte hat, wo sich die Sterne tummeln, während die Sternendichte nach außen hin abnimmt und einer unendlichen Leere Platz macht. Doch dies hätte dem leeren Raum eine Bedeutung verliehen, die Einsteins eigener Theorie widersprach.
Außerdem wäre eine solche Ordnung nicht von Dauer. Die Sterne würden die Insel nach und nach verlassen und im Unendlichen verschwinden, ohne je wiederzukehren. Ein Stern nach dem anderen würde im gravitativen Spiel der Himmelskörper aus dem Zentrum hinausgeschleudert. Die Welteninsel würde systematisch verarmen.