Text 4. Die Hauptverhandlung

Eine Hauptverhandlung vor dem Strafgericht findet grundsätzlich in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten statt. Die Verfahrensbeteiligten sind: ein, zwei oder drei Berufsrichterinnen und -richter. Wer die Verhandlung leitet, ist der „Vorsitzende Richter“ oder die „Vorsitzende Richterin“. Daneben können noch zwei Schöffinnen oder Schöffen mitwirken. Das sind Frauen und Männer, die das nicht beruflich machen. Sie sollen ihren Gerechtigkeitssinn und ihre unterschiedlichen Lebenserfahrungen benutzen, um zu beurteilen, was sie hören. Ihre Stimme hat bei der Entscheidung genauso viel Gewicht wie die der Berufsrichterinnen und -richter, neben denen noch eine Protokollführerin oder ein Protokollführer sitzt. Auf der anderen Seite neben dem Gericht sitzt die Staatsanwältin oder der Staatsanwalt, und gegenüber der Verteidiger mit dem oder der Angeklagten. Neben den bereits aufgezählten Personen können sich auch Dolmetscherinnen, Sachverständige und Wachtmeister im Gerichtssaal befinden. Hinten im Zuschauerraum sitzen meistens Zuhörerinnen und Zuhörer.

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache, das heißt: Alle Prozessbeteiligten – oder auch: Verfahrensbeteiligten – werden in den Gerichtssaal gebeten. Nachdem das Gericht festgestellt hat, ob alle geladenen Personen erschienen sind, werden die Zeuginnen und Zeugen gebeten, den Saal wieder zu verlassen und draußen zu warten, bis sie einzeln aufgerufen werden. Als erstes wird der oder die Angeklagte zu den eigenen persönlichen Verhältnissen wie Alter, Beruf, Familienstand, usw. befragt. Dann liest die Staatsanwältin oder der Staatsanwalt die Anklageschrift vor. Der oder die Angeklagte erhält Gelegenheit, etwas dazu zu sagen. Er oder sie kann aber auch schweigen oder sogar lügen. Denn nach dem deutschen Recht ist niemand verpflichtet, an der Beweisführung gegen ihn mitzuwirken oder gar seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muss Angeklagten die vorgeworfene Tat nachgewiesen werden, damit sie verurteilt werden können. Nachdem der oder die Angeklagte Gelegenheit hatte, auszusagen, werden die Zeuginnen und Zeugen nacheinander in den Saal gerufen und einzeln vernommen. Zeuginnen und Zeugen werden nur selten vereidigt. Wer jedoch vom Gericht vereidigt wird, muss die Hand heben und schwören, dass er oder sie die Wahrheit gesagt hat.

Die meisten Gerichtsverhandlungen finden öffentlich statt. Das heißt, es kann grundsätzlich jede interessierte Person in den Gerichtssaal gehen, sich auf die dafür vorgesehenen Plätze setzen und zuhören. Dadurch haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit zu sehen, wie ein Gericht arbeitet. Es ist aber nicht erlaubt, während der Verhandlung zu filmen oder etwas per Tonband aufzunehmen.

Wenn alle Zeuginnen und Zeugen vernommen worden sind und alle weiteren Beweise wie Sachverständigengutachten, Fotos oder andere Gegenstände, die bei der Tat eine Rolle gespielt haben, angesehen worden sind, beendet das Gericht die Beweisaufnahme. Es folgen die Schlussvorträge (Plädoyers) und die Anträge der Staatsanwältin und des Verteidigers.

Anschließend hat der oder die Angeklagte das „letzte Wort“. Jeder Angeklagte kann an dieser Stelle sagen, was er zu sagen hat, und darf nicht unterbrochen werden. Er oder sie darf aber auch niemanden beleidigen, kränken oder ausfallend werden.

Danach beraten die Richterinnen und Richter – gemeinsam mit den Schöffen, falls welche mitwirken – in einem anderen Raum über das Urteil. Die Beratung ist immer geheim. In ihr wird ohne die anderen Verfahrensbeteiligten alles besprochen und über Schuld oder Unschuld des oder der Angeklagten entschieden. Falls er oder sie schuldig ist, wird in der Beratung auch die Art und Höhe der Strafe festgelegt. Nachdem alle Fragen geklärt sind, werden die anderen Verfahrensbeteiligten zur Urteilsverkündung wieder in den Gerichtssaal

gerufen.

Das Gericht verkündet nun das Urteil. Das beginnt mit dem bekannten Satz: „Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil.“ Dabei müssen alle Anwesenden im Gerichtssaal aufstehen. Das Urteil kann auf Freispruch lauten oder bei erwachsenen Angeklagten Verurteilung zu einer Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe (Gefängnisstrafe) bedeuten, die in bestimmten Fällen zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Richterinnen und Richter müssen von der Schuld eines oder einer Angeklagten überzeugt sein. Deshalb müssen sie ihn oder sie freisprechen, wenn sie Zweifel an seiner oder ihrer Schuld haben. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass ein Mensch, der tatsächlich unschuldig ist, dennoch verurteilt wird. Es gilt: „Im Zweifel für den Angeklagten“.

Wenn sie mit dem Urteil nicht einverstanden sind, können Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft innerhalb einer Woche dagegen vorgehen. Dagegen vorzugehen heißt: Rechtsmittel einlegen. Ein Rechtsmittel ist eine gesetzlich vorgeschriebene Form von Beschwerde, die zu einem anderen Ergebnis als dem vom Gericht gesprochenen Urteil führen soll.

Es gibt zwei Arten von Rechtsmitteln. Sie heißen: Berufung und Revision. Wird das Urteil nicht innerhalb einer Woche angefochten, dann bleibt das Urteil so wie am Ende der Hauptverhandlung vom Gericht verkündet. Es heißt dann: Das Urteil wird rechtskräftig.

Aufgabe 10. Beantworten Sie folgende Fragen:

1. Wann hat der Angeklagte das letzte Wort? 2. Wann kann der Verurteilte gegen das Urteil Berufung einlegen? 3. Wann verkündet der Vorsitzende das Urteil?

Aufgabe 11. Suchen Sie nach Synonymen für:

1) verletzen; 2) Staatsanwalt; 3) Rechtsanwalt; 4) Verantwortlichkeit; 5) beschuldigen; 6) Prozess; 7) Rechtsprechung; 8) schützen; 9) Straftat.

vernehmen, Verfahren, Schuldige, Rechtsordnung, verstoßen, richten, Ankläger, Mandant, Verantwortung, Vollstreckung, Klage, anklagen, Anzeige, verdächtigen, Verteidiger, Verteidigung, Rechtspflege, verteidigen, Verbrechen, Freiheit, Pflicht, Recht.

Aufgabe 12. Suchen Sie nach Antonymen für:

1) Rechtsanwalt; 2) anklagen; 3) Gesetzlosigkeit; 4) Recht; 5) Befehl; 6) einhalten; 7) schuldlos.

Durchsuchung, Amt, Zuständigkeit, verteidigen, Verbot, Staatsangehörigkeit, wachen, verletzen, Beschlagnahme, schuldig, Schuld, Staatsanwalt, Richter, Briefgeheimnis, Pflicht, Beschwerde, Gesetzlichkeit, Freizügigkeit, unverletzlich, Angeklagte, Würde.

Aufgabe 13. Was bedeutet das Wort «der Schöffe»?

Text 4. Die Hauptverhandlung - student2.ru

Auf dieser Zeichnung sieht man, wer sich bei einer Hauptverhandlung, wenn diese vor dem Landgericht stattfindet, im Gerichtsaal befindet und wo die Personen sitzen.

a Vorsitzender Richter bBesitzende Richterinnen c

Schöffe/Schöffin dStaatsanwältin eProtokollführerfNebenklagevertreterin

gVerteidiger hAngeklagter iZeuge/Zeugin

jZuschauer/Zuschauerinnen

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