Die Zeichensetzung (Interpunktion)

§ 391.Die Satzzeichen erfüllen in der Schriftsprache eine wichtige Funktion: sie gliedern das Geschriebene und geben somit die Möglichkeit, den grammatischen Aufbau eines Satzganzen zu erkennen; außerdem geben sie dem Leser gewisse Hinweise für die Stimmführung (Heben und Senken der Stimme). Die Satzzeichen sind dementsprechend Pausen-, Ton- und Gliederungszeichen.

§ 392. Der Punkt steht:

1. am Schluß eines einfachen bzw. zusammengesetzten Aussagesatzes;

Der Mann beugte sich über die Maschine. (H. Mann)

Seine Müdigkeit war vergangen, und er war völlig wach geworden. (B. Kellermann)

Martha öffnete die Tür, da sie die Klingel auf dem Korridor gehört hatte. (B. Kellermann)

Anmerkung. Kein Punkt steht nach Buch- und Zeitungstiteln (selbst wenn sie die Form eines Aussagesatzes haben), nach Anschriften, Unterschriften, selbständigen Datumsangaben in Briefen:

HANS FALLADA Jeder stirbt für sich allein

Sparkasse

Freitag, den 15. September 1957

Ihr ergebener H. Fischer

2. am Schluß eines Ausrufesatzes, der ohne Nachdruck ausgesprochen wird;

Ach, sie schläft ruhig und denkt nicht, daß sie mich nie wiedersehen wird. (J. W. Goethe)

Ach, tut das Laufen gut. (W. Bredel)

3. nach einer Ordinalzahl;

„Der 9. November“ von B. Kellermann In der ersten Morgenstunde des 22. Juli erreichten sie das Stadttor von Paris. (W. Bredel)

4. nach einer Abkürzung, die im vollen Wortlaut gesprochen wird: z. B. (gesprochen: zum Beispiel), vgl. (gesprochen: vergleiche), usw. (gesprochen: und so weiter) u. a. m.

Anmerkung. Kein Punkt steht nach einer Abkürzung, die ein Längenmaß, eine Gewichtseinheit, eine Banknote u. a. bezeichnet: m (Meter), kg (Kilogramm), g (Gramm), M (Mark) u. a. m.

§ 393. Das Fragezeichen steht nach einem Fragesatz und weist auf die Stimmhebung hin.

Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; anderseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter Märkte. (K. Marx/F. Engels)

Wie geht es Mama? Hast du gute Nachrichten von Tom? (Th. Mann)

...legte der Bauer mit der Miene eines Triumphators einen goldenen Louisdor auf den Tisch... „Woher?“ fragte die Bäuerin kurz in einem scharfen Ton... (W. Bredel)

Anmerkung. Nach den indirekten Fragesätzen steht kein Fragezeichen.

Hermann fragte an diesem Abend schon zum drittenmal seine Marie, ob denn Franz nichts bestellt habe. (A. Seghers)

Walter hatte gefragt, was die „Prawda“ zur internationalen Lage schreibe. (W. Bredel)

§ 394. Das Ausrufezeichen steht:

1. nach einem Aufforderungs- und Ausrufesatz sowie nach satzbildenden Interjektionen;

„Laß mich, sag' ich dir!“ (J. R. Becher)

Die Genossen antworteten mit Gelächter. „Großartig! So ist das richtig!“ (W. Bredel)

Wenn sie nur hätte mitfahren können! (A. Seghers)

Es klopfte... Aber niemand rief: „Herein!“ (J. R. Becher)

„Pst! Pst!“ machte der Diener, als er Foullons ansichtig wurde. (W. Bredel)

2. nach einer mit Nachdruck ausgesprochenen Anrede.

„Minna!“ rief Frau Pagel entsetzt. „Was Sie bloß denken!“ (H. Fallada)

„Guten Tag, Wolfgang!“ sagt sie. (H. Fallada)

§ 395. Das Komma (Beistrich) steht sowohl in einem einfachen als auch in einem zusammengesetzten Satz:

1. zur Abtrennung der Anrede;

„Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?“ „Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?“ (J. W. Goethe)

2. zur Abtrennung der abgesonderten Satzglieder;

Marie hatte ruhig ihren Bericht begonnen, fast trocken und nicht einmal scheu... (A. Seghers)

Diese Worte kamen aus der gefühlvollen Brust meines Zimmergenossen, des jungen Kaufmanns. (H. Heine)

3. nach ja, nein und doch (als Bejahung), die dem Satz vorausgehen;

Ja, die Sage ist wahr, die Ilse ist eine Prinzessin, die lachend und blühend den Berg hinabläuft. (H. Heine)

Hinrich Willmers sprang auf. „Was sagst du da? Steeven hätte Carl denunziert?“ — „Nein, nicht Carl, aber seinen Sohn Walter.“ (W. Bredel)

Füllgrabe antwortete: „Du hast dir vielleicht keine Zeitung angeguckt.“ — „Doch, da — „ (A. Seghers)

4. vor einer Erklärung, die durch „und zwar (u. z.)“, „nämlich“, „zum Beispiel (z. B.)“, „das heißt (d. h.)“ eingeleitet wird;

Im Traume kam ich wieder nach Göttingen zurück, und zwar nach der dortigen Bibliothek. (H. Heine)

Düsseldorf ist eine Stadt am Rhein, es leben da sechzehntausend Menschen, und viele hunderttausend Menschen liegen noch außerdem da begraben. Und darunter sind manche, von denen meine Mutter sagt, es wäre besser, sie lebten noch, z. B. mein Großvater und mein Oheim... (H. Heine)

5. nach gleichartigen Satzgliedern, die asyndetisch oder durch die Konjunktionen aber, sondern, doch, jedoch, bald, teils verbunden sind;

Die Stadt Göttingen,... enthält 999 Feuerstellen, diverse Kirchen, eine Entbindungsanstalt, eine Sternwarte, einen Karzer, eine Bibliothek und einen Ratskeller... (H. Heine)

Der Eintritt in das Brockenhaus erregte bei mir eine etwas ungewöhnliche, märchenhafte Empfindung. (H. Heine)

Hermine kehrte nicht mehr zu Brentens zurück, sondern zog zu ihren Eltern. (W. Bredel)

Die Operation war schwer gewesen, jedoch gut verlaufen. (W. Bredel)

6. zur Abtrennung der einzelnen Sätze in einem zusammengesetzten Satz (Satzverbindung und Satzgefüge);

Strahlendweiße Wolken segelten am blauen Himmel hin, aber die Sonne brach immer wieder hervor. (W. Bredel)

Paul merkte, daß Franz mit ihm sprechen wollte. (A. Seghers)

Minna Brenten, die ihr öffnete, prallte zurück, als sie ihre Schwägerin sah, und vor Staunen blieb ihr der Mund offen. (W. Bredel)

Anmerkung. Wenn aber zwei Nebensätze gleichen Grades durch und oder oder verbunden sind, so steht kein Komma dazwischen.

Doch an dem Abend, als man zum erstenmal die Häftlingsbaracke einheizte und das Kleinholz verbrannt war,... fühlten wir uns dem Leben näher als jemals später... (A. Seghers)

7. zur Abtrennung eines Schaltsatzes und des eingeschobenen bitte;

Alle bisherige Gesellschaft beruhte, wie wir gesehen haben, auf dem Gegensatz unterdrückender und unterdrückter Klassen. (K. Marx/F. Engels)

Der Kommissar sagte: „Bitte, erzählen Sie uns jetzt ganz genau, wie sich Bellonis Besuch bei Ihnen zugetragen hat.“ (A. Seghers)

8. zur Abtrennung einer Infinitivgruppe mit zu, um + zu, ohne + zu, (an)statt + zu;

Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. (K. Marx/F. Engels)

Rot und ohne jemand anzusehen, ging er weiter an seinen Platz. (H. Mann)

Er lief, statt den Schienen nachzugehen, ein Stück in die Anlage. (A. Seghers)

Er hatte schon gefürchtet, wieder einen Abend allein herumsitzen zu müssen. (E. M. Remarque)

Der Infinitiv mit zu (auch eine kurze Infinitivgruppe) wird nur dann durch ein Komma abgetrennt, wenn ein Korrelat darauf hinweist oder wenn Mißverständnisse möglich sind.

Es hatte keinen Zweck, zu grübeln. (E. M. Remarque)

Alle Kinder lieben es, Beifall zu klatschen. (Th. Mann)

Sie bestand darauf, nach Hause zu gehen. (H. Mann)

Er wagt es, nicht zu kommen. (J. W. Goethe)

Anmerkung. Die Infinitivgruppe wird durch kein Komma abgetrennt, wenn sie als Subjekt die erste Stelle im Satz einnimmt oder als ein Teil des zusammengesetzten verbalen Prädikats (mit den Verben: scheinen, glauben, wissen, brauchen, pflegen) auftritt.

Die Tür abzuschließen war verboten. (J. R. Becher) Johann Buddenbrook schien dieses neue Wesen ehrlich und bitterlich gehaßt zu haben... (Th. Mann)

9. vor und nach einer Partizipialgruppe und dem accusativus absolutus;

...vor mir schwebte die schöne Sonne, immer neue Schönheiten beleuchtend. (H. Heine)

...er schritt... einher, in der einen Hand einen dünnen Stock, in der anderen einen hohen dunklen Bürgerhut. (W. Bredel)

10. zur Abtrennung der direkten Rede vom Ankündigungssatz, wenn dieser in die direkte Rede eingeschoben ist oder ihr folgt. Das erste Wort des Ankündigungssatzes wird klein geschrieben.

„Benimm dich mal etwas vernünftig“, erwiderte Frieda. (W. Bredel)

„Es hat keinen Zweck, Pagel“, sagt Zecke dann eilig und leise, „daß du schreist.“ (H. Fallada)

Anmerkung. Zum Unterschied vom Russischen wird vor Adverbialbestimmungen des Vergleichs, die durch wie und als (im Russischen как und чем) eingeleitet sind, kein Komma gesetzt. Vgl.:

Das Linoleum auf dem Boden war glatt wie ein Spiegel. (E. M. Remarque)

Der Frühling war gekommen, später, aber auch rascher und freudiger als gewöhnlich. (J. W. Goethe)

Покойно, как лодка, скользит по каменной глади мобиль. (К. Федин).

Пустынник наш скорей, чем Мишенька, устал (И. Крылов)

§ 396. Das Semikolon (Strichpunkt) trennt Sätze stärker als das Komma, aber nicht so stark wie der Punkt. Sein Gebrauch ist nicht nur durch die Regeln des Satzbaus bestimmt, er wird auch durch stilistische Erwägungen mitbedingt, so daß dem Schreibenden ein gewisser Spielraum bleibt. Das Semikolon steht überwiegend:

1. zwischen den Sätzen einer Satzverbindung; namentlich vor den Konjunktionen denn, aber, doch, jedoch, daher, deshalb, darum, jedoch;

Oskar widersprach nicht; doch blieb sein Gesicht nach wie vor ungläubig. (L. Feuchtwanger)

Nach diesem Geschäfte ging ich noch auf dem Brokken spazieren; denn ganz dunkel wird es dort nie. (H. Heine)

2. innerhalb einer Satzperiode.

Herr Klöterjahn verweilte nicht lange in „Einfried“. Er hatte seine Gattin hierher geleitet; nach Verlauf einer Woche aber, als er sie wohl aufgehoben und in guten Händen wußte, war seines Bleibens nicht länger. Pflichten von gleicher Wichtigkeit, sein blühendes Kind, sein ebenfalls blühendes Geschäft riefen ihn in die Heimat zurück; sie zwangen ihn, abzureisen und seine Frau im Genüsse der besten Pflege zurückzulassen. (Th. Mann)

§ 397. Das Kolon(Doppelpunkt) kündigt an. Es steht:

1. vor der direkten Rede nach dem Ankündigungssatz (die direkte Rede beginnt mit einem großen Anfangsbuchstaben);

...und Ackermanns Stimme fragte: „Was gibt es?“ (B. Kellermann)

2. vor einer Aufzählung, die angekündigt ist;

Seine Zuhörer waren: das Hausmädchen, das kleine dickzöpfige Hilfsmädchen, die Köchin, der Mann der Köchin... (A. Seghers)

3. vor einer Zusammenfassung oder Erläuterung des Vorausgegangenen.

Wir haben also gesehen: Die Produktions- und Verkehrsmittel, auf deren Grundlage sich die Bourgeoisie heranbildete, wurden in der feudalen Gesellschaf t erzeugt. (K. Marx/F. Engels)

Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat. (K. Marx/F. Engels)

§ 398. Der Gedankenstrich kündigt irgendeinen Wechsel an. Er dient:

1. als Hinweis auf den Wechsel der Sprechenden;

Füllgrabe sagte: „Weißt du, wo ich grad hinfahren wollte?“ — „Na?“ — „Mainzer Landstraße!“ — „Warum?“ sagte Georg. (A. Seghers)

2. zur Bezeichnung einer stockend und abgerissen vorgebrachten Rede oder zum Zeichen, daß ein Satz nicht zu Ende geführt ist;

„Wie kannst du mir so eine Person ins Haus bringen?“ — „Wieso — wieso — Person?“ entgegnet er stotternd und erregt. „Du — du — kennst — sie ja noch gar nicht!“ (W. Bredel)

Um acht Uhr kam Pohlmann heraus. „Ich wollte nachsehen, ob Sie zu essen haben. Ein Stück Brot kann ich erübrigen — „ — „Danke. Wir hatten genug.“ (E. M. Remarque)

Anmerkung. Wenn ein Gedanke nicht zu Ende geführt wird, so stellt man auch den dreifachen Punkt (im Russischen nur so).

„Die Hauptstadt von Salzburg ist Salzburg...“ Ich schaltete eine Pause ein. „Weiter“, forderte mich der Lehrer auf und wirbelte seine Kneiferschnur durch die Luft. (E. E. Kisch)

3. zur Abtrennung eines Schaltsatzes oder eines eingeschalteten Wortes (einer Wortgruppe).

Eines Nachts, als Onkel Semi sehr spät nach Hause ging — er ging immer sehr spät nach Hause —, bemerkte er vom Flur aus einen Lichtschein im Rummeischen Laden. (E. E. Kisch)

§ 399. Die Anführungszeichen (Anführungsstriche, Gänsefüßchen) werden gesetzt:

1. bei der direkten Rede;

„Und was tust du?“ fragte Zecke. „Ich meine, wovon lebst du?“ (H. Fallada)

2. bei Anführung von Buchtiteln, Titeln von Zeitungen, Opern, Namen von Schiffen, Hotels usw.;

Einer von ihnen war Jaroslav Hasek, später Autor... des Romans „Der brave Soldat Schwejk“. (E. E. Kisch)

Über alle diese großen Themen berichtete die Zeitung „Zeitung“ kein Wort. (E. E. Kisch)

In der „Krone“ zu Klaustal hielt ich Mittag. (H. Heine)

3. bei Anführung von Zitaten und von Wendungen mit ironischer Bedeutung.

Der Sohn der Alpen hatte es gewiß nicht böse gemeint, „es war ein dicker Mann, folglich ein guter Mann“, sagt Cervantes. (H. Heine)

...beständig klang es mir noch in den Ohren wie „Tribonian, Justinian, Hermogenian und Dummerjahn“... (H. Heine)

Wenn inmitten eines in Anführungszeichen eingeschlossenen Satzes wiederum Anführungszeichen gesetzt werden sollen, so setzt man halbe Anführungszeichen.

„Er sagt immerfort „Federfuchser“, was ist das?“ fragte ein tschechischer Kollege. (E. E. Kisch)

§ 400. Der Apostroph (Auslassungszeichen) wird gesetzt:

1. für ausgelassene Buchstaben (in der Versdichtung des Rhythmus wegen, im Zwiegespräch zur Wiedergabe der für die Umgangssprache kennzeichnenden Flüchtigkeit);

Sah ein Knab' ein Röslein stehn... (J. W. Goethe)

„Hast du 'ne Stellung, die dir was einbringt?“ (H. Fallada)

„'n Tag, Tante Frieda!“ (W. Bredel)

„Johann, ich mach' dir eine Tasse warme Milch!“ (W. Bredel)

2. beim Genitiv von Eigennamen (Zunamen), die auf -s, -ß, -x, -z, -tz ausgehen (s. § 41).

Marx' Werke, Rubens' Gemälde

Das feste rote Gesicht Castricius' verzog sich wieder in zahllose Fältchen... (A. Seghers)

§ 401. Die Klammern schließen Erläuterungen ein; auch Schaltsätze (oder eingeschaltete Wortgruppen) können in Klammern eingeschlossen werden.

Silbergroschen (alte Münze, 12 Pfennig) „Wann sind sie denn weggegangen?“ fragt der Herr wieder.— „Vor einer halben Stunde. Nein, schon vor einer Stünde!“ sagt sie hastig. „Und sie haben mir gesagt, sie kommen heute nicht wieder.“ (Er darf nicht zur Thumann hinauf! Nur nicht!) (H. Fallada)

„Darf ich einmal fragen, gnädige Frau (aber es ist wohl naseweis), wie Sie heißen, wie eigentlich Ihr Name ist?“ (Th. Mann)

ANHANG

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