Wortwitze (Doppelsinn und Wortspiel)

Der Doppelsinnist Einsetzen von mehrdeutigen Wörtern in einen Kontext [Ivleva: 37] Das ist ein Stilmittel, das seinen Ursprung der Mehrdeutigkeit des Wortes und der Homonymie verdankt. Das Substantiv Kohl z.B. ist einerseits Bezeichnung für ein Gemüse (Weißkohl, Rotkohl, Blumenkohl), andererseits aber existiert im deutschen Sprachgebrauch auch noch die übertragene Bedeutung von Kohl als Unsinn (Kohl reden). Mit dem Lautkomlex Kohl kann also sowohl die wörtliche als auch die übertragene Bedeutung gemeint sein. Dieselbe Erscheinung kommt auch in vielen Wortgruppen und stehenden Wortverbindungen vor: ein Hühnchen rupfen (direkt – ein Huhn vor dem Kochen von seinen Federn reinigen; übertragen – einen Streit mit jemand austragen). Ohne Kontext ist es schwer zu verstehen, worum es sich handelt. Im Zusammenhang der geschlossenen Rede verliert das Wort (ebeso Wortgruppe und stehende Wortverbindung) seine Mehrdeutigkeit.

Der Doppelsinn als stilistisches Mittel fordert, das Gesagte in zweifachem Sinn zu verstehen. Doppelsinn beruht auf dem lautlichen Zusammenfall von zwei Bedeutungen eines Wortes oder von zwei Homonymen, wenn der Kontext zwei Auslegungen zulässt. In einer Sammlung satirischer Epigramme wird erzählt, wie ein oppositioneller Reichstagsabgeordneter in seiner Rede betonte, er habe nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die deutsche Nation in der Produktion von Kohl hinter anderen Nationen zurückstehe. Der Sprecher tut, als ob er den Anwesenden freistelle, wie sie seine Worte auffasen sollen; dabei geht es aus Großzusammenhang klar hervor, dass Kohl hier im übertagenen umgangssprachlichen Sinn und nicht in der nominativen Grundbedeutung gemeint ist.

Auf Doppelsinn beruht die überwiegende Mehrzahl volkstümlicher Scherzfragen und Rätsel, wie z.B. „Warum sind die Zahnärzte die gründlichsten Leute der Welt?“ – „Weil sie alles be der Wurzel anfassen“. Wurzel ist mehrdeutig: Wurzel eines Baumes, Wurzel eines Zahns, Wurzel als Grundlage einer Erscheinung; phraseologische Fügung etwas bei der Wurzel anfassen, d.h. gründlich machen. Und weiter; „Aber die Zahnärzte sind auch die feigsten Leute der Welt, weil sie immer gleich ausreißen“ (ausreißen im wörtlichen Sinn hier: einen Zahn ziehen, im übertragenen Sinn: davonlaufen).

Der offizielle Stil in allen seinen Abarten, sowie der wissenschaftliche Stil, falls er nicht satirisch-polemisch gefärbt ist, lehnen den Doppelsinn als Stilmittel ab. Denn ihre funktionale Spezifik ist unvereinbar mit dem expressiven Ausdruckswert dieses Stilmittels.

Wortspiel ist ein Spiel mit gleich oder ähnlich klingenden, aber in der Bedeutung unterschiedlichen Wörtern. Wenn es sich beim Doppelsinn um ein- und denselben Lautkomplex handelt, der in zweifacher Bedeutung ausgelegt werden kann, so haben wir es hier mit phonetisch mehr oder weniger ähnlichen Sprachgebilden zu tun: Gib Opi nie viel Opium, denn Opium bringt Opi um.

Zwei verschiedene Wörter werden auf Grund von Lautähnlichkeit irgendwie zueinander in Beziehung gesetzt:

1. durch eine Änderung in der Wortbildung: Wirtschaft – verwirtschaften, Diener – Verdiener auf Kosten anderer;

2. durch phonetische Änderung: Und die Lautesten sind nicht immer die Lautersten. [Bredel] Auf den ersten Blick will es scheinen, als ob hier nur eine ganz geringfügige lautliche Änderung vor sich gegangen sei (Einschieben des «r»), in Wirklichkeit aber handelt es sich hier um zwei Wörter von völlig verschiedener Semantik: die Lautesten – von laut (d.h. die den meisten Lärm machen); die Lautersten – von lauter (d.h. die Ehrlichsten). Künstler, Kunsstudenten und Schulen bemalen die Bärenfiguren. Anschließend bringt man «Tiere» in die Berliner Stadtbezirke. Nach wenigen Wochen standen fast 300 Bären überall in «Bärlin», viele davon in der Einkaufsstraße Kurfürstendamm. [Juma, 1/02]

3. durch das Spiel mit den lexischen Elementen einer phraseologischen Fügung: „Was macht denn N.N.?“ – „Was er macht? Einen schlechetn Eindruck.“; „Wie geht es?“, fragt der Arzt den Kranken. – „Es geht überhaupt nicht mehr“, antwortet der letzte, „ich gehe“;

4. durch verschiedene Arten der Kontamination: ich saß neben ihm, und er behandelte mich ganz famillionär.[Heine 1] Hier haben wir eine bewusste Verschmelzung von zwie klangähnlichen Wörtern: familiär und Millionär. [näheres siehe Riesel: 209-215]

Unlogische Verbindungen

Unter «unlogischen Verbindungen» versteht man eine bestimmte Zusammenstellung und Verwendung von inhaltlich nicht zueinanderpassenden Wörtern, Wortgruppen und Sätzen. Solche Wortverbindung schafft Überraschungs- bzw. Verfremdungseffekt. Zu den Fügungen mit gewollter, scheinbarer Unlogik gehören vor allem Oxymoron, Zeugma und Falschkoppelung.

Das Oxymoron (griech.: scharfsinnig-dumm) – die scheinbar widersinnige Verbindung von Gegensätzen, deren Vereinigung dennoch wieder eine sinnvolle Ganzheit ergibt. Dieses Stilmittel ist dazu berufen, widersprüchliche Erscheinungen der Wirklichkeit expressiv und emotional widerzuspiegeln. Das Oxymoron wird sprachlich ausgedrückt:

1. durch eine kopulative Zusammensetzung: dummklug, Freunffeind;

2. durch ein attributivisches Verhältnis: hässliche Schönheit, bittere Freude.

Das Oxymoron kann individuelle Einmalbildung sein: Scherzernst – ein Gedicht, das in scherzhafter Form, aber mit ernst gemeintem Inhalt veröffentlicht wird [Holz]. Es ist kennzeichnend für den Individualstil mancher Schriftsteller. Bekannt ist Goethes Vorliebe für dieses Stilistikum: helldunkel, gelassenkühn, Wonnegraus, Opfersteuer. H. Mann bringt im «Untertan» einige widersprüchliche «kühne» Wortverbindungen, die den Charakter des Haupthelden beleuchten: wohliges Grausen, süßer Schauder. [näheres siehe Riesel, Schendels: 258-259]

Zahlreiche oxymoronische Verbindungen gehen in den allgemeinen Sprachgebrauch ein: verschlimmbessern, Verschlimmbesserung, betrogene Betrüger. Sobald ein Oxymoron in den Sprachusus einmündet, kann es den ursprünglichen Widersinn verlieren und einen neuen Grundbegriff bilden: ein weißer Rabe „große Seltenheit“, ein lebender Leichnam „völlig verfallener oder innerlich toter Mensch“, weiße Kohle „Wasserkraf“.

Das Zeugma (griech.: Zusammenjochung) – die bewusste Vereinigung begrifflich unvereinbarer Wörter, grammatisch durch gleichartige Satzglieder ausgedrückt. Diese Wörter können durch ein gemeinsames Verb oder Adjektiv verbunden sein, sie können aber auch unverbunden als bloße Aufzählung erscheinen. Die semantische Unverträglichkeit entsteht:

1. durch unpassende Verbindung zweier Substantive mit einem gemeinsamen Verb: Er brach das Siegel auf und das Gespräch nicht ab. [Chamisso]; Es bleibt mir nichts übrig, als meine Aktentasche und Abschied von dir zu nehmen. Das Verb steht mit einem Substantiv in wörtlicher, mit dem anderen in übertragener Bedeutung, deshalb ist diese Verbindung unpassend;

2. durch unpassende Verbindung zweier Substantive mit einem Adjektiv: Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität [Heine];

3. durch Verbindung mit Adverbialien: … sie erkannte rasch, dass dieser großer Herr ihr tiefer verfallen war als der Admiral und vielleicht sogar tiefer als ihr in Gott und der See ruhender Mann, der Leutnant [Feuchtwanger];

4. durch das Fehlen des Verbindungswortes, d.h. das Zeugma wird durch unpassende Zusammenstellung von Wörtern gebildet, die logisch nichts miteinander zu tun haben: Diese Stadt hatte 40 000 Einwohner, ein Rathaus, 21 Kaffeehäuser, eine Synagoge, ein Zuchthaus, ein Krankenhaus, ein ebenso gutes Theater und eine Galgen für Diebe, die unter 1 000 000 Taler stehlen [Heine3];

5. durch unpassende Schlusszusammenfassung: beständig, klang es mir noch in den Ohren, wie „Tribonian, Justinian, Hermogenian und Dummerjahn“ [Heine].

Die Falschkoppelung ist die unlogische Koppelung von Satzgliedern, aber nicht von gleichartigen wie beim Zeugma. So werden, z.B. Attribute oder Partizipien zu Substantiven gestellt, zu denen sie logisch nicht passen:

ein möblierter Herr „ein Herr, der ein möbliertes Zimmer sucht“ – eine Formulierung, die an Haustoren angebracht, die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden auf sich lenken sollte;

kalte Mamsell „eine Angestellte, die am Buffet kalte Speisen ausgibt“;

gebildete Umgangssprache „Umgangssprache der Gebildeten“.

„Ist der Herr(die Dame) motorisiert?“, lautet eine schon übliche Frage bei Ankunft eines Gastes im Empfangsbüro eines Hotels. Folgends Beispiel illustriert auch die Falschkoppelung: Verkaufverbot gegen die Schweine. Hier bleiben nur die Möglichkeiten: Verbot des Schweineverkaufs, Verbot des Verkaufs von Schweinen [näheres siehe Riesel: 218-221].

Häufig treten Falschkoppelungen im Stil des öffentlichen Verkehrs auf, allerdings niemals im Dienst von Humor und Satire: Ich bitte das Versehen höflichst entschuldigen zu wollen – heißt es in der geschraubten, überhölichen Formulierung älterer Geschäftsbriefe. Hier steht das Adverb höflichst nicht am richtigen Platz. Es muss heißen: Ich bitte höflichst, das Versehen zu entschuldigen.

Verblasste Falschkoppelungen, also lexisch-syntaktische Fügungen, die nicht mehr als unlogisch und witzig empfunden werden, haben wir in folgenden Beispielen: Der Baum hängt voll Obst. Natürlich hängt nicht der Baum selbst, sondern das Obst auf dem Baum. Das Verb ist nicht mit einem richtigen Substantiv gekoppelt. Ebenso: Die Fenster hingen voll Menschen. Der Hügel wimmelt von Ameisen. Vgl. auch: der Wasserhahn läuft (anstatt: das Wasser läuft aus dem Hahn); der Becher schäumt (anstatt: der Champagner im Becher schäumt); schwindelnde Höhen (nicht die Höhen schwindeln, sondern dem Menschen schwindelt der Kopf). Derartige verblasste Falschkoppelungen werden oft zu festen Formeln: stauend billige Preise (nicht der Preis staunt, sondern der Käufer); in baldiger Erwartung Ihres Schreibens (anstatt: In Erwartung Ihres baldigen Schreibens).

Als unlogische Verbindung kann auch der sog. Schlagsatzgelten. Unter einem Schlagsatz versteht man eine erweiterte Schlusszusammenfassung (Schlusspointe), eine Satzgruppe oder einen Satz, die durch ihren Inhalt dem Vorangehenden widersprechen und es null und nichtig machen: Die Stadt [Göttingen] selbst ist schön und gefällt einem, wenn man sie mit dem Rücken ansieht [Heine].

Stilistische Paradoxe

Zu dieser Gruppe gehören ständige Stilmittel im Dienst von Humor und Satire, die zwar hauptsächlich auf Lexik und Phraseologie zurückgehen, dennoch aber nur im Satz- und Großzusammenhang zur Geltung kommen können.

Der Stilbruch– die bewusste Kombinierung von Sprachgebilden verschiedener funktionaler und verschiedener semantisch-expressiver Stilfärbung, deren Zusammenstellung Dissonanz hervorruft. Es handelt sich um überraschende Abweichung von der üblichen Sprach- und Stilnorm. Der Stilbruch ist ein beliebtes Stilmittel literarischer und publizistischer Werke satirischen Inhalts: ... er hatte sich zu spät erinnert, dass es sich mit einem jungen Mädchen zwecks Austauschs von Zärtlichkeiten auf der Brücke verabredet hatte. Die Verwendung der offiziellen präpositionalen Fügung zwecks + Substantiv im Genitiv ruft im gegebenen Kontext komische Wirkung hervor (geläufig sind Wendungen: zwecks Austauschs von Waren, zwecks Verbesserung der Lebensbedingungen).

In der nächsten Illustration beruht der Stilbruch auf einer Zusammenstellung verschiedener semantisch-expressiver Stilfärbung: gehobene + alltägliche + familäre Lexik. H. Mann bringt im «Untertan» die satirische Apothese der Macht; die Darstellung («erlebte Rede») verläuft in übergewählter, geschraubter Stilfärbung: Auf dem Pferd dort, unter dem Tor der siegreichen Einmärsche, und mit Zügen steinern und blitzend, ritt die Macht! Die Macht , die über uns hingeht und deren Hufe wir küssen! Die über Hunger, Trotz und Hohn hingeht! Gegen die wir nichts können, weil wir alle sie lieben! Die wir im Blut haben, weil wir die Unterwerfung darin haben! Und plötzlich die beabsichtigte Dissonanz: Ein Atom sind wir von ihr, ein verschwindendes Molekül von etwas, das sie ausgespuckt hat! [Mann].

Nichtentsprechen von Form und Inhalt ist der bewusst angestrebte Widerspruch zwischen dem Gegenstand der Rede und der Darstellungsform. Zu dieser Gruppe gehören:

1. die Ironie als Periphrase mit Gegenteilswirkung: „Hast du recht, tu nurso weiter, du bist wirklich ein gutes Kind“, sagt die Mutter zu ihrem Sohn, nachdem der etwas Schlechtes angestellt hat. Bei diesem Stilistikum widerspricht die lexisch-phraseologische Ausformung dem realen Sachverhalt; der Schlüssel zum Verständnis liegt in der Satzintonation;

2. der Kontrast zwischen einem unbedeutenden Sachverhalt und ernstem, gewähltem Ton: … seine Miene … enthielt plötzlich den ganzen, stürmisch bewegten Ernst des Daseins [Mann] – es wird ein betrunkener Student beschrieben;

3. der Kontrast zwischen tiefem, wichtigerem Inhalt und der bewusst unangemessen Form der Darstellung: O meide, streng, weil abgedroschen, die ausgelatschten Sprachgaloschen! [Drews] Der wichtige Inhalt dieser Stelle (Kampf gegen eine sprachlichstilistische Unsitte) wird im Konversationsstil dargestellt (ausgelatscht, d.h. ausgetreten; Sprachgaloschen – einmaliger Neologismus in übertragener Bedeutung; als Element des Stilbruchs dient auch die gewählte Form der Ansprache o meide).

Die sprachlich-stilistische Parodie ist eines der parodisierenden Mittel, bei dem fremde Vorlagen zu humoristischen oder satirischen Zwecken karikiert werden. Im Volksmund entstehen – der Verfasser bleibt oft unbekannt – parodistische Umgestaltungen bekannter Lieder. So rief die Hungersnot nach dem estem Weltkrieg zahlreiche «gastronomische» Parodien hervor.

Wem Gott will rechte Gunst erweisen,

Den schenkt er in die weite Welt.

Dem will er seine Wunder weisen

In Berg und Wald und Strom und Feld.

Dieses bekannte Wanderlied wurde «zersungen» zu:

Wem Gott will rechte Gunst erweisen,

Den schickt er in die Wurstfabrik,

Dort lässt er 'n 'ne Knackwurst beißen

Und gibt ihm noch ein' Schinken mit. [näheres siehe Riesel: 226-227].

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