Der absolute und relative Gebrauch der Zeitformen
Der Indikativ Aktiv hat 6 Zeitformen: zwei synthetische (das Präsens und das Präteritum) und vier analytische (das Perfekt, das Plusquamperfekt, das Futur I, das Futur II). Eine synthetische Zeitform besteht nur aus einem Wort, z. B.: er kommt, und eine analytische aus mehreren, z. B.: er ist gekommen. Als Gegenwartsform gilt das Präsens, zur Bezeichnung der Vergangenheit dienen das Perfekt, das Präteritum und das Plusquamperfekt, das Futur I und II dient zum Ausdruck der Zukunft. Das sind die Hauptbedeutungen dieser Zeitformen.
Die Zeitform hat eine absolute und eine relative zeitliche Bedeutung. Beim absoluten Gebrauch bezieht sich der Vorgang oder Zustand auf eine der Zeitstufen: die Gegenwart, die Vergangenheit, die Zukunft. Absolut werden die Zeitformen meist im selbständigen Satz und im Hauptsatz eines Satzgefüges gebraucht. Wenn man zwei Handlungen in zeitlichen Bezug zueinander setzt, so spricht man vom relativen Zeitgebrauch, und zwar von der Gleichzeitigkeit, wenn sich beide Handlungen auf die gleiche Zeitstufe beziehen, d.h. sich gleichzeitig in der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft abspielen, und der Vorzeitigkeit, wenn sich einer der Vorgänge früher als der andere vollzieht.
Der relative Gebrauch der Zeitformen steht immer in Verbindung mit dem absoluten: die Zeitformen bezeichnen eine Handlung als vergangen, gegenwärtig oder zukünftig (absolute Bedeutung) und zugleich als gleichzeitig oder nicht gleichzeitig (relative Bedeutung). Man kann also von der Gleich- oder Vorzeitigkeit in der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft sprechen.
DieGleichzeitigkeitwird meist durch dieselbe Zeitform ausgedrückt. Zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit in der Gegenwart gebraucht man das Präsens – das Präsens, z.B.: Ich will nur sagen, dass wir ja überhaupt nichts von Ihnen wissen, wo Sie wohnen und überhaupt... Zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit in der Vergangenheit gebraucht man in einer Erzählung das Präteritum – das Präteritum z.B.: Alles Wehren und Strampeln nützte gar nichts, er war bärenstark. und in einem Dialog das Perfekt – das Perfekt, z. B.: „Dieter hat mich fast umgebracht, und du hast mich vom ersten Moment an mit Margot betrogen.“ Zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit in der Zukunft gebraucht man das Futurum I – das Futurum I, z.B.: Wenn er Zeit haben wird, wird er Ski laufen.
Die Vorzeitigkeitwird durch verschiedene Zeitformen angegeben: die Vorzeitigkeit in der Gegenwart wird mittels des Perfekts in Verbindung mit dem Präsens ausgedrückt; z.B.: „Vielleicht ist Ihnen entgangen, dass ich Apothekerin bin“, sagte ich mit aller Arroganz. Die Vorzeitigkeit in der Vergangenheit wird mittels des Plusquamperfekts in Verbindung mit dem Präteritum ausgedrückt, z. B.: Ich musste zugeben, dass gerade seine aufregende Vergangenheit mich angezogen hatte. Die Vorzeitigkeit in der Zukunft (die relative Zukunft) wird mittels des Perfekts (seltener des Futurs II) in Verbindung mit dem Futurum I (oder dem Präsens) ausgedrückt, z.B.: Nachdem der Sohn die Universität absolviert hat (absolviert haben wird), wird er bei unserer Firma arbeiten (arbeitet er bei unserer Firma).
Fragen zur Selbstkontrolle: 1. Wie viele und welche Zeitformen hat der Indikativ Aktiv? Welche von ihnen sind synthetisch und welche analytisch? 2. Was versteht man unter den Begriffen „absoluter Gebrauch der Zeitformen“ und „relativer Gebrauch der Zeitformen“? 3. Wie können die Handlungen im Haupt- und Nebensatz geschehen? 4. Welche Zeitformen gebraucht man zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit in der Gegenwart, (der Gleichzeitigkeit in der Vergangenheit, der Vorzeitigkeit in der Gegenwart, der Vorzeitigkeit in der Vergangenheit, der relativen Zukunft)?