Eine junge Dame entsteigt dem Auto.

8 „Den Tod wird sich’s holen, das Kind!“ schreit der Herr Hofrat empört.

9 „Es ist nicht das Kind, das Sie meinen“, sagt die junge Dame freundlich. „Es ist die Schwester.“

1 Resi öffnet die Korridortür. Draußen steht der japsende (прерывисто дышащий, запыхавшийся) Peperl mit einem Kind.

2 „Grüß Gott, Resi!“ ruft das Kind und stürzt mit dem Hund ins Kinderzimmer.

3 Die Haushälterin schaut entgeistert (в полной растерянности) hinterdrein (вслед за ней) und schlägt ein Kreuz (крестится).

4 Dann ächzt der alte Hofrat die Stufen empor (поднимается, кряхтя, вверх по ступенькам). Er kommt mit einer bildhübschen Frau, die einen Reisekoffer trägt.

5 „Wie geht’s Lottchen?“ fragt die junge Frau hastig.

6 „Etwas besser, glaub ich“, meint die Resi. „Darf ich Ihnen den Weg zeigen (позвольте показать вам дорогу, проводить вас)?“

7 „Danke, ich weiß Bescheid (я знаю, я в курсе)!“ Und schon ist die Fremde im Kinderzimmer verschwunden.

8 „Wenn S’ wieder einigermaßen zu sich gekommen sein werden (когда немного придете в себя)“, sagt der Hofrat amüsiert, „helfen S’ mir vielleicht aus dem Mantel (возможно, поможете мне снять пальто). Aber lassen S’ sich nur Zeit (но не торопитесь)!“

9 Resi zuckt zusammen. „Bitte tausendmal um Vergebung (тысячу извинений)“, stammelt sie.

10 „’s hat ja heute keine solche Eile (нет никакой спешки) mit meiner Visite“, erklärt er geduldig (терпеливо = спокойно /так как не торопится/).

11 „Mutti!“ flüstert Lotte. Ihre Augen hängen groß und glänzend an der Mutter (смотрят, не отрываясь), wie an einem Bild aus Traum und Zauber (как на картину из сна /мечты/ и волшебства: der Traum; der Zauber). Die junge Frau streichelt wortlos die heiße Kinderhand. Sie kniet am Bett nieder und nimmt das zitternde Geschöpf (дрожащее существо) sanft in die Arme.

12 Luise schaut blitzschnell zum Vater hinüber (бросает молниеносный взгляд на отца; der Blitz – молния), der am Fenster steht. Dann macht sie sich an Lottchens Kissen zu schaffen (принимается за подушки: das Kissen), klopft sie (взбивает), wendet sie um, zupft (одергивает: zupfen – дергать, теребить) ordnend (приводя в порядок, выправляя) am Bett-Tuch. Jetzt ist sie das Hausmütterchen. Sie hat’s ja inzwischen gelernt!

1 Resi öffnet die Korridortür. Draußen steht der japsende Peperl mit einem Kind.

2 „Grüß Gott, Resi!“ ruft das Kind und stürzt mit dem Hund ins Kinderzimmer.

3 Die Haushälterin schaut entgeistert hinterdrein und schlägt ein Kreuz.

4 Dann ächzt der alte Hofrat die Stufen empor. Er kommt mit einer bildhübschen Frau, die einen Reisekoffer trägt.

5 „Wie geht’s Lottchen?“ fragt die junge Frau hastig.

6 „Etwas besser, glaub ich“, meint die Resi. „Darf ich Ihnen den Weg zeigen?“

7 „Danke, ich weiß Bescheid!“ Und schon ist die Fremde im Kinderzimmer verschwunden.

8 „Wenn S’ wieder einigermaßen zu sich gekommen sein werden“, sagt der Hofrat amüsiert, „helfen S’ mir vielleicht aus dem Mantel. Aber lassen S’ sich nur Zeit!“

9 Resi zuckt zusammen. „Bitte tausendmal um Vergebung“, stammelt sie.

10 „’s hat ja heute keine solche Eile mit meiner Visite“, erklärt er geduldig.

11 „Mutti!“ flüstert Lotte. Ihre Augen hängen groß und glänzend an der Mutter, wie an einem Bild aus Traum und Zauber. Die junge Frau streichelt wortlos die heiße Kinderhand. Sie kniet am Bett nieder und nimmt das zitternde Geschöpf sanft in die Arme.

12 Luise schaut blitzschnell zum Vater hinüber, der am Fenster steht. Dann macht sie sich an Lottchens Kissen zu schaffen, klopft sie, wendet sie um, zupft ordnend am Bett-Tuch. Jetzt ist sie das Hausmütterchen. Sie hat’s ja inzwischen gelernt!

1 Der Herr Kapellmeister mustert (наблюдает: «осматривает») die drei mit einem verstohlenen Seitenblick (украдкой, искоса: «боковым взглядом, украдкой»). Die Mutter mit ihren Kindern. Seine Kinder sind es ja natürlich auch! Und die junge Mutter war vor Jahren (несколько лет тому назад) sogar einmal seine junge Frau! Versunkene Tage (ушедшие: «закатившиеся» дни; versinken – погружаться, тонуть, утопать), vergessene Stunden tauchen vor ihm auf. Lang, lang ist’s her (давно это было) ...

2 Peperl liegt wie vom Donner gerührt (как пораженный: «тронутый громом»: der Donner) am Fußende des Bettes und blickt immer wieder von dem einen kleinen Mädchen zum anderen. Sogar die kleine schwarze gelackte Nasenspitze ruckt (резко двигается, мечется; der Ruck – резкое движение, рывок) unschlüssig (растерянно) zwischen den beiden hin und her, als schwanke sie zweifelnd (как будто в сомнении колеблется: schwanken – качаться; колебаться; быть в сомнении /что выбрать из двух равноценных предметов/), was zu tun sei (что надо бы сделать).

3 Einen netten, kinderlieben Hund in solche Verlegenheit zu bringen (вогнать в такое смущение, в такое неловкое положение)! - Da klopft es.

4 Die vier Menschen im Zimmer erwachen (пробуждаются) wie aus einem seltsamen Wachschlaf (как от странного «сна-бодрствования» = от оцепенения). Der Herr Hofrat tritt ein. Jovial (жизнерадостный: joviál) und ein bisschen laut wie immer. Am Bett macht er halt (останавливается). „Wie geht’s dem Patienten?"

5 „Guut“, sagt Lottchen und lächelt ermattet (ослабленно, изнуренно).

6 „Haben wir heute endlich Appetit?“ brummt er.

7 „Wenn Mutti kocht!“ flüstert Lottchen.

8 Mutti nickt und geht ans Fenster. „Entschuldige, Ludwig, dass ich dir erst jetzt guten Tag sage!“

9 Der Kapellmeister drückt ihr die Hand. „Ich dank dir vielmals (большое спасибо: «многократно благодарю»), dass du gekommen bist (что ты приехала).“

10 „Aber ich bitte dich (да что ты: «прошу тебя» = это же само собой разумеется)! Das war doch selbstverständlich! Das Kind ...“

11 „Freilich (конечно), das Kind“, erwidert er. „Trotzdem (и все же)!“

12 „Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nicht geschlafen“, meint sie zögernd.

13 „Ich werd’s nachholen (наверстаю). Ich hatte Angst um ... um das Kind!“

14 „Es wird bald wieder gesund sein“, sagt die junge Frau zuversichtlich (уверенно). „Ich fühl’s.“

15 Am Bett wird gewispert (шепчутся). Luise beugt sich dicht an Lottchens Ohr. „Mutti weiß nichts von Fräulein Gerlach. Wir dürfen’s ihr auch nie sagen!“

16 Lottchen nickt ängstlich.

17 Der Herr Hofrat kann es nicht gehört haben, weil er das Fieberthermometer prüft (смотрит: «проверяет»). Obwohl er natürlich das Thermometer nicht gerade mit den Ohren inspiziert («инспектирует» = смотрит показания)! Sollte er aber doch etwas gehört haben (но если даже он что-то и слышал), so versteht er es jedenfalls vorbildlich (во всяком случае он прекрасно: «образцово» умеет; das Vorbild – образец /для подражания/), sich nicht das Mindeste anmerken zu lassen (не дать по себе ничего: «ни малейшего» заметить). „Die Temperatur ist fast normal“, sagt er. „Du bist übern Berg (выкарабкалась: «через гору»)! Herzlichen Glückwunsch (сердечные поздравления), Luiserl!“

18 „Dank schön, Herr Hofrat“, antwortet die richtige Luise kichernd.

19 „Oder meinen Sie mich? “ fragt Lottchen, vorsichtig lachend. Der Kopf tut dabei noch weh (голова при этом еще болит).

20 „Ihr seids mir ein paar Intriganten“, knurrt er, „ein paar ganz gefährliche! Sogar meinen Peperl habt ihr an der Nase herumgeführt!" Er streckt beide Hände aus und mit jeder seiner Pranken (каждой из своих лап: die Pranke – лапа /хищника/) fährt er zärtlich über einen Mädchenkopf.

21 Dann hustet er (кашляет) energisch, steht auf und sagt: „Komm, Peperl, reiß dich von den zwei trügerischen Weibsbildern los (вырвись, оторвись от двух лукавых женщин; trügen – вводить в заблуждение)!“

22 Peperl wedelt (машет хвостом; der Wedel – метелка из перьев /для смахивания пыли/; опахало) abschiednehmend mit dem Schwanz. Dann schmiegt er sich an die gewaltigen Hosenröhren (прижимается к широким: «мощным, огромным» штанинам: die Hose – брюки, штаны + das Rohr - труба) des Hofrats, der soeben dem Herrn Kapellmeister Palfy erklärt: „Eine Mutter, das ist eine Medizin (лекарство), die kann man nicht in der Apotheke holen!“ Er wendet sich an die junge Frau. „Werden S’ solang bleiben können, bis das Luiserl - ein’ Schmarrn (чушь, ерунда /южно-нем./; der Schmarren – сладкое мучное блюдо; исконное значение: «кашеобразная масса, жир»), - bis das Lottchen, mein ich, wieder völlig beisamm’ ist (полностью поправится; beisammen sein – быть в форме /о здоровье/)?“

23 „Ich werd wohl können, Herr Hofrat, und ich möcht schon!“

24 „Na also", meint der alte Herr. "Der Herr Exgemahl (бывший супруг; der Gemahl – супруг) wird sich halt drein fügen müssen (/ему/ придется с этим смириться: «в это приладиться»).“

25 Palfy öffnet den Mund.

26 „Lassen S’ nur (да ладно, оставьте, да бросьте)“, sagt der Hofrat spöttisch (насмешливо; der Spott – насмешка). „Das Künstlerherz wird Ihnen natürlich bluten (кровью обливаться; das Blut – кровь). So viel Leut’ in der Wohnung! Aber nur Geduld (терпение: die Geduld), - bald werden S’ wieder hübsch allein sein (останетесь совершенно один, один без всяких проблем; hübsch – красивый; чудненько).“

27 Er hat’s heute in sich (он сегодня в ударе), der Hofrat! Die Tür drückt er so rasch auf (распахивает так быстро; drücken – жать, нажимать), dass die Resi, die draußen horcht (снаружи подслушивает), am Kopf eine Beule kriegt (получает шишку). Sie hält sich den brummenden Schädel (хватается, держится за голову, которая трещит: «за гудящую голову»).

28 „Mit einem sauberen Messer drücken (прижать чистым ножом = приложить чистый нож: das Messer)!“ empfiehlt er (рекомендует, советует: empfehlen), jeder Zoll ein Arzt (каждый дюйм, каждым дюймом – врач = врач до мозга костей). „Ist schon gut (ладно уж). Der wertvolle Ratschlag kostet nix (ценный совет ничего не стоит = это бесплатно)!"

1 Der Herr Kapellmeister mustert die drei mit einem verstohlenen Seitenblick. Die Mutter mit ihren Kindern. Seine Kinder sind es ja natürlich auch! Und die junge Mutter war vor Jahren sogar einmal seine junge Frau! Versunkene Tage, vergessene Stunden tauchen vor ihm auf. Lang, lang ist’s her ...

2 Peperl liegt wie vom Donner gerührt am Fußende des Bettes und blickt immer wieder von dem einen kleinen Mädchen zum anderen. Sogar die kleine schwarze gelackte Nasenspitze ruckt unschlüssig zwischen den beiden hin und her, als schwanke sie zweifelnd, was zu tun sei.

3 Einen netten, kinderlieben Hund in solche Verlegenheit zu bringen! - Da klopft es.

4 Die vier Menschen im Zimmer erwachen wie aus einem seltsamen Wachschlaf. Der Herr Hofrat tritt ein. Jovial und ein bisschen laut wie immer. Am Bett macht er halt. „Wie geht’s dem Patienten?“

5 „Guut“, sagt Lottchen und lächelt ermattet.

6 „Haben wir heute endlich Appetit?“ brummt er.

7 „Wenn Mutti kocht!“ flüstert Lottchen.

8 Mutti nickt und geht ans Fenster. „Entschuldige, Ludwig, dass ich dir erst jetzt guten Tag sage!“

9 Der Kapellmeister drückt ihr die Hand. „Ich dank dir vielmals, dass du gekommen bist.“

10 „Aber ich bitte dich! Das war doch selbstverständlich! Das Kind ...“

11 „Freilich, das Kind“, erwidert er. „Trotzdem!“

12 „Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nicht geschlafen“, meint sie zögernd.

13 „Ich werd’s nachholen. Ich hatte Angst um ... um das Kind!“

14 „Es wird bald wieder gesund sein“, sagt die junge Frau zuversichtlich. „Ich fühl’s.“

15 Am Bett wird gewispert. Luise beugt sich dicht an Lottchens Ohr. „Mutti weiß nichts von Fräulein Gerlach. Wir dürfen’s ihr auch nie sagen!“

16 Lottchen nickt ängstlich.

17 Der Herr Hofrat kann es nicht gehört haben, weil er das Fieberthermometer prüft. Obwohl er natürlich das Thermometer nicht gerade mit den Ohren inspiziert! Sollte er aber doch etwas gehört haben, so versteht er es jedenfalls vorbildlich, sich nicht das Mindeste anmerken zu lassen. „Die Temperatur ist fast normal“, sagt er. „Du bist übern Berg! Herzlichen Glückwunsch, Luiserl!“

18 „Dank schön, Herr Hofrat“, antwortet die richtige Luise kichernd.

19 „Oder meinen Sie mich?“ fragt Lottchen, vorsichtig lachend. Der Kopf tut dabei noch weh.

20 „Ihr seids mir ein paar Intriganten“, knurrt er, „ein paar ganz gefährliche! Sogar meinen Peperl habt ihr an der Nase herumgeführt!“ Er streckt beide Hände aus und mit jeder seiner Pranken fährt er zärtlich über einen Mädchenkopf.

21 Dann hustet er energisch, steht auf und sagt: „Komm, Peperl, reiß dich von den zwei trügerischen Weibsbildern los!“

22 Peperl wedelt abschiednehmend mit dem Schwanz. Dann schmiegt er sich an die gewaltigen Hosenröhren des Hofrats, der soeben dem Herrn Kapellmeister Palfy erklärt: „Eine Mutter, das ist eine Medizin, die kann man nicht in der Apotheke holen!“ Er wendet sich an die junge Frau. „Werden S’ solang bleiben können, bis das Luiserl - ein’ Schmarrn, - bis das Lottchen, mein ich, wieder völlig beisamm’ ist?“

23 „Ich werd wohl können, Herr Hofrat, und ich möcht schon!“

24 „Na also“, meint der alte Herr. „Der Herr Exgemahl wird sich halt drein fügen müssen.“

25 Palfy öffnet den Mund.

26 „Lassen S’ nur“, sagt der Hofrat spöttisch. „Das Künstlerherz wird Ihnen natürlich bluten. So viel Leut’ in der Wohnung! Aber nur Geduld, - bald werden S’ wieder hübsch allein sein.“

27 Er hat’s heute in sich, der Hofrat! Die Tür drückt er so rasch auf, dass die Resi, die draußen horcht, am Kopf eine Beule kriegt. Sie hält sich den brummenden Schädel.

28 „Mit einem sauberen Messer drücken!“ empfiehlt er, jeder Zoll ein Arzt. „Ist schon gut. Der wertvolle Ratschlag kostet nix!“

1 Der Abend hat sich auf die Erde herabgesenkt. In Wien wie anderswo auch (как и в других местах). Im Kinderzimmer ist es still. Luise schläft. Lotte schläft. Sie schlummert der Gesundung entgegen (дремлет на пути к выздоровлению: «навстречу выздоровлению»).

2 Frau Körner und der Kapellmeister haben bis vor wenigen Minuten im Nebenzimmer gesessen. Sie haben manches besprochen (кое о чем поговорили, кое-что обсудили), und sie haben noch mehr beschwiegen (еще о большем помолчали, обошли молчанием: beschweigen /образовано здесь по аналогии с besprechen/).

3 Dann ist er aufgestanden und hat gesagt: „So! Nun muss ich gehen (теперь мне нужно идти)!“ Dabei ist er sich - übrigens mit Recht (что, кстати, и справедливо; das Recht - право) - etwas komisch erschienen (показался сам себе несколько смешным: erscheinen). Wenn man bedenkt (если принять во внимание, учесть), dass im Nebenzimmer zwei neunjährige Mädchen schlafen, die man von der hübschen Frau hat, die vor einem steht, - und man selber muss wie ein abgeblitzter Tanzstundenherr (как отвергнутый учитель танцев; abblitzen – встретить отпор, получить отказ; /исконно/ вспыхнуть вхолостую /о порохе/) davonschleichen (тихонько удалиться; schleichen – красться)! Aus der eigenen Wohnung! Wenn es noch, wie in den guten alten Zeiten, unsichtbare Hausgeister gäbe (если бы имелись невидимые домашние духи), - wie müssten die jetzt kichern! Sie bringt ihn bis zur Korridortür.

4 Er zögert. „Falls es wieder schlimmer werden sollte (если вдруг опять станет хуже), - ich bin drüben im Atelier.“

5 „Mach dir keine Sorgen (не волнуйся)!“ sagt sie zuversichtlich. „Vergiss lieber nicht, dass du viel Schlaf nachzuholen hast (что тебе нужно как следует выспаться: «наверстать много сна»: der Schlaf).“

6 Er nickt. „Gute Nacht.“

7 „Gute Nacht.“

8 Während er langsam die Treppe hinabsteigt, ruft sie leise: „Ludwig!“ Er dreht sich fragend um.

9 „Kommst du morgen zum Frühstück?“

10 „Ich komme!“

11 Als sie die Tür verschlossen und die Kette vorgehängt hat (и навесила цепочку = закрыла на цепочку), bleibt sie noch eine Weile sinnend (погруженная в себя, в раздумья) stehen. Er ist wirklich älter geworden. Fast sieht er schon wie ein richtiger Mann aus (выглядит уже почти как настоящий мужчина), ihr ehemaliger Mann (ее бывший муж)!

12 Dann wirft sie den Kopf zurück (вскидывает голову) und geht, den Schlaf ihrer und seiner Kinder mütterlich zu bewachen (по-матерински стеречь, охранять).

1 Der Abend hat sich auf die Erde herabgesenkt. In Wien wie anderswo auch. Im Kinderzimmer ist es still. Luise schläft. Lotte schläft. Sie schlummert der Gesundung entgegen.

2 Frau Körner und der Kapellmeister haben bis vor wenigen Minuten im Nebenzimmer gesessen. Sie haben manches besprochen, und sie haben noch mehr beschwiegen.

3 Dann ist er aufgestanden und hat gesagt: „So! Nun muss ich gehen!“ Dabei ist er sich - übrigens mit Recht - etwas komisch erschienen. Wenn man bedenkt, dass im Nebenzimmer zwei neunjährige Mädchen schlafen, die man von der hübschen Frau hat, die vor einem steht, - und man selber muss wie ein abgeblitzter Tanzstundenherr davonschleichen! Aus der eigenen Wohnung! Wenn es noch, wie in den guten alten Zeiten, unsichtbare Hausgeister gäbe, - wie müssten die jetzt kichern! Sie bringt ihn bis zur Korridortür.

4 Er zögert. „Falls es wieder schlimmer werden sollte, - ich bin drüben im Atelier.“

5 „Mach dir keine Sorgen!“ sagt sie zuversichtlich. „Vergiss lieber nicht, dass du viel Schlaf nachzuholen hast.“

6 Er nickt. „Gute Nacht.“

7 „Gute Nacht.“

8 Während er langsam die Treppe hinabsteigt, ruft sie leise: „Ludwig!“ Er dreht sich fragend um.

9 „Kommst du morgen zum Frühstück?“

10 „Ich komme!“

11 Als sie die Tür verschlossen und die Kette vorgehängt hat, bleibt sie noch eine Weile sinnend stehen. Er ist wirklich älter geworden. Fast sieht er schon wie ein richtiger Mann aus, ihr ehemaliger Mann!

12 Dann wirft sie den Kopf zurück und geht, den Schlaf ihrer und seiner Kinder mütterlich zu bewachen.

1 Eine Stunde später steigt, vor einem Haus am Kärntner Ring, eine junge, elegante Dame aus einem Auto und verhandelt mit dem mürrischen Portier (ведет переговоры с ворчливым портье).

2 „Der Herr Kapellmeister?“ brummt er. „I woaß net (= ich weiß nicht), ob er droben ist (наверху ли = у себя ли он)!“

3 „Im Atelier ist Licht“, sagt sie. „Also ist er da! Hier!“

4 Sie drückt ihm Geld in die Hand und eilt, an ihm vorbei (мимо него), zur Stiege (к лестнице /южно-нем./; steigen – подниматься; die Stiege - /узкая, крутая/ лестница).

5 Er betrachtet den Geldschein (рассматривает купюру) und schlurft (плетется, шаркая) in seine Wohnung zurück.

6 „Du?“ fragt Ludwig Palfy oben an der Tür.

7 „Erraten (угадал)!“ bemerkt Irene Gerlach bissig (ехидно; beißen – кусать) und tritt ins Atelier. Sie setzt sich, zündet sich eine Zigarette an (зажигает: anzünden) und mustert den Mann abwartend.

8 Er sagt nichts.

9 „Warum lässt du dich am Telefon verleugnen (почему ты приказал говорить по телефону, что тебя нет дома; verleugnen – отрицать, отрекаться)?“ fragt sie. „Findest du das sehr geschmackvoll (со вкусом = остроумно; der Geschmack – вкус)?“

10 „Ich hab mich nicht verleugnen lassen.“

11 „Sondern (а /что же ты сделал/)?“

12 „Ich war nicht fähig (не в состоянии; fähig – способный /что-либо сделать/), mit dir zu sprechen. Mir war nicht danach zumute (не был к этому расположен, не до этого мне было). Das Kind war schwer krank.“

13 „Aber jetzt geht es ihm wohl besser. Sonst wärst du doch in der Rotenturmstraße.“

14 Er nickt. „Ja, es geht ihm besser. Außerdem ist meine Frau drüben.“

15 „Wer?“

16 „Meine Frau. Meine geschiedene Frau. Sie kam heute Morgen mit dem anderen Kind.“

17 „Mit dem anderen Kind?“ echot (повторила, как эхо; das Echo) die junge, elegante Frau.

18 „Ja, es sind Zwillinge. Erst war das Luiserl bei mir. Seit Ferienschluss dann das andere. Doch das hab ich gar nicht gemerkt. Ich weiß es erst seit gestern.“

19 Die Dame lacht böse. „Raffiniert eingefädelt von deiner Geschiedenen (утонченно проделанно твоей бывшей: «разведенной»; der Faden – нитка; einfädeln – вдевать нитку; затевать)!“ „Sie weiß es auch erst seit gestern“, meint er ungeduldig (нетерпеливо = раздраженно).

20 Irene Gerlach verzieht ironisch die schön gemalten Lippen. „Die Situation ist nicht unpikant, gelt (не правда ли)? In der einen Wohnung sitzt eine Frau, mit der du nicht mehr, und in der anderen eine, mit der du noch nicht verheiratet bist!“

21 Ihn packt der Ärger (охватывает гнев, раздражение: der Ärger). „Es gibt noch viel mehr Wohnungen, wo Frauen sitzen, mit denen ich noch nicht verheiratet bin!“

22 „Oh!“ Sie erhebt sich. „Witzig (остроумным) kannst du auch sein?“

23 „Entschuldige, Irene, ich bin nervös!“

24 „Entschuldige, Ludwig, ich auch!“

25 Bums! Die Tür ist zu (захлопнулась: «закрыта, захлопнута»), und Fräulein Gerlach ist gegangen!

26 Nachdem Herr Palfy einige Zeit auf die Tür gestarrt hat, wandert er zum Bösendorfer Flügel hinüber, blättert in den Noten zu seiner Kinderoper und setzt sich, ein Notenblatt herausgreifend (выхватив), vor die Tasten.

27 Eine Zeitlang (некоторое время) spielt er vom Blatt. Einen strengen, schlichten (простой, скромный, незатейливый) Kanon, in einer der alten Kirchentonarten. Dann moduliert er. Von Dorisch nach c-Moll. Von c-Moll nach Es-Dur. Und langsam, ganz langsam schält sich aus der Paraphrase (рождается: «вышелушивается»; die Schale – скорлупа, кожура, шелуха) eine neue Melodie heraus. Eine Melodie, so einfach und herzgewinnend (покоряющая, проникающая в сердце; gewinnen – побеждать; привлекать), als ob zwei kleine Mädchen mit ihren hellen, reinen Kinderstimmen sie sängen. Auf einer Sommerwiese. An einem kühlen Gebirgssee, in dem sich der blaue Himmel spiegelt. Jener Himmel, der höher ist als aller Verstand (чем всякий, любой разум), und dessen Sonne die Kreaturen (существа, твари: die Kreatúr) wärmt und bescheint, ohne zwischen den Guten, den Bösen und den Lauen einen Unterschied zu machen (не делая различия между добрыми, злыми и «чуть теплыми» = не особенно добрыми и не особенно злыми, безразличными).

1 Eine Stunde später steigt, vor einem Haus am Kärntner Ring, eine junge, elegante Dame aus einem Auto und verhandelt mit dem mürrischen Portier.

2 „Der Herr Kapellmeister?“ brummt er. „I woaß net, ob er droben ist!“

3 „Im Atelier ist Licht“, sagt sie. „Also ist er da! Hier!“

4 Sie drückt ihm Geld in die Hand und eilt, an ihm vorbei, zur Stiege.

5 Er betrachtet den Geldschein und schlurft in seine Wohnung zurück.

6 „Du?“ fragt Ludwig Palfy oben an der Tür.

7 „Erraten!“ bemerkt Irene Gerlach bissig und tritt ins Atelier. Sie setzt sich, zündet sich eine Zigarette an und mustert den Mann abwartend.

Er sagt nichts.

9 „Warum lässt du dich am Telefon verleugnen?“ fragt sie. „Findest du das sehr geschmackvoll?“

10 „Ich hab mich nicht verleugnen lassen.“

11 „Sondern?“

12 „Ich war nicht fähig, mit dir zu sprechen. Mir war nicht danach zumute. Das Kind war schwer krank.“

13 „Aber jetzt geht es ihm wohl besser. Sonst wärst du doch in der Rotenturmstraße.“

14 Er nickt. „Ja, es geht ihm besser. Außerdem ist meine Frau drüben.“

15 „Wer?“

16 „Meine Frau. Meine geschiedene Frau. Sie kam heute Morgen mit dem anderen Kind.“

17 „Mit dem anderen Kind?“ echot die junge, elegante Frau.

18 „Ja, es sind Zwillinge. Erst war das Luiserl bei mir. Seit Ferienschluss dann das andere. Doch das hab ich gar nicht gemerkt. Ich weiß es erst seit gestern.“

19 Die Dame lacht böse. „Raffiniert eingefädelt von deiner Geschiedenen!“ „Sie weiß es auch erst seit gestern“, meint er ungeduldig.

20 Irene Gerlach verzieht ironisch die schön gemalten Lippen. „Die Situation ist nicht unpikant, gelt? In der einen Wohnung sitzt eine Frau, mit der du nicht mehr, und in der anderen eine, mit der du noch nicht verheiratet bist!“

21 Ihn packt der Ärger. „Es gibt noch viel mehr Wohnungen, wo Frauen sitzen, mit denen ich noch nicht verheiratet bin!“

22 „Oh!“ Sie erhebt sich. „Witzig kannst du auch sein?“

23 „Entschuldige, Irene, ich bin nervös!“

24 „Entschuldige, Ludwig, ich auch!“

25 Bums! Die Tür ist zu, und Fräulein Gerlach ist gegangen!

26 Nachdem Herr Palfy einige Zeit auf die Tür gestarrt hat, wandert er zum Bösendorfer Flügel hinüber, blättert in den Noten zu seiner Kinderoper und setzt sich, ein Notenblatt herausgreifend, vor die Tasten.

27 Eine Zeitlang spielt er vom Blatt. Einen strengen, schlichten Kanon, in einer der alten Kirchentonarten. Dann moduliert er. Von Dorisch nach c-Moll. Von c-Moll nach Es-Dur. Und langsam, ganz langsam schält sich aus der Paraphrase eine neue Melodie heraus. Eine Melodie, so einfach und herzgewinnend, als ob zwei kleine Mädchen mit ihren hellen, reinen Kinderstimmen sie sängen. Auf einer Sommerwiese. An einem kühlen Gebirgssee, in dem sich der blaue Himmel spiegelt. Jener Himmel, der höher ist als aller Verstand, und dessen Sonne die Kreaturen wärmt und bescheint, ohne zwischen den Guten, den Bösen und den Lauen einen Unterschied zu machen.

Elftes Kapitel

Ein doppelter Geburtstag und ein einziger Geburtstagswunsch – Die Eltern ziehen sich zur Beratung zurück – Daumen halten! – Gedränge am Schlüsselloch – Missverständnisse und Einverständnis

1 Die Zeit, die, wie man weiß, Wunden heilt (исцеляет раны: die Wunde), heilt auch Krankheiten. Lottchen ist wieder gesund. Sie trägt auch wieder ihre Zöpfe und Zopfschleifen. Und Luise hat wie einst ihre Locken und schüttelt sie nach Herzenslust (сколько угодно: «по желанию сердца»: das Herz + die Lust).

2 Sie helfen der Mutti und der Resi beim Einkaufen und in der Küche. Sie spielen gemeinsam im Kinderzimmer. Sie singen zusammen, während Lottchen oder gar Vati (даже папа) am Klavier sitzt. Sie besuchen Herrn Gabele in der Nachbarwohnung. Oder sie führen Peperl aus, wenn der Herr Hofrat Sprechstunde hat (прием /посетителей/). Der Hund hat sich mit dem zwiefachen Luiserl abgefunden (примирился с, привык к двойной Луизочке), indem (тем способом, что) er seine Fähigkeit (способность; zu etwas fähig sein – быть способным на что-либо), kleine Mädchen gern zu haben (любить маленьких девочек), zunächst verdoppelt (сначала удвоил) und dann diese Zuneigung halbiert hat (а потом эту склонность разделил надвое). Man muss sich zu helfen wissen (нужно же уметь помочь себе = находить выход из положения; каждый спасается, как может).

3 Und manchmal, ja, da schauen sich die Schwestern ängstlich in die Augen. Was wird werden (что же будет, что же /нас всех/ ждет)?

1 Die Zeit, die, wie man weiß, Wunden heilt, heilt auch Krankheiten. Lottchen ist wieder gesund. Sie trägt auch wieder ihre Zöpfe und Zopfschleifen. Und Luise hat wie einst ihre Locken und schüttelt sie nach Herzenslust.

2 Sie helfen der Mutti und der Resi beim Einkaufen und in der Küche. Sie spielen gemeinsam im Kinderzimmer. Sie singen zusammen, während Lottchen oder gar Vati am Klavier sitzt. Sie besuchen Herrn Gabele in der Nachbarwohnung. Oder sie führen Peperl aus, wenn der Herr Hofrat Sprechstunde hat. Der Hund hat sich mit dem zwiefachen Luiserl abgefunden, indem er seine Fähigkeit, kleine Mädchen gern zu haben, zunächst verdoppelt und dann diese Zuneigung halbiert hat. Man muss sich zu helfen wissen.

3 Und manchmal, ja, da schauen sich die Schwestern ängstlich in die Augen. Was wird werden?

1 Am 14. Oktober haben die beiden Mädchen Geburtstag. Sie sitzen mit den Eltern im Kinderzimmer. Zwei Kerzenbäume brennen (зажжены: «горят» две елки; die Kerze – свеча), jeder mit zehn Lichtern. Selbstgebackenes (выпечка: «самоиспеченное», испеченное своими руками; backen – печь, выпекать) und dampfende Schokolade hat’s gegeben.

2 Vati hat einen wunderschönen “Geburtstagsmarsch für Zwillinge” gespielt. Nun dreht er sich auf dem Klavierschemel herum und fragt: „Warum haben wir euch eigentlich nichts schenken dürfen?“

3 Lottchen holt tief Atem und sagt: „Weil wir uns etwas wünschen wollen, was man nicht kaufen kann!“

4 „Was wünscht ihr euch denn (что же вы желаете, хотите)?“ fragt die Mutti.

5 Nun ist Luise an der Reihe (на очереди = теперь ее очередь), tief Luft zu holen. Dann erklärt sie, zapplig (непоседливая, суетливая = крутящаяся; zappeln – барахтаться; биться, трепетать; сучить ногами, размахивать, двигать руками) vor Aufregung (от волнения; sich aufregen – разволноваться): „Lotte und ich wünschen uns von euch zum Geburtstag, dass wir von jetzt ab (начиная с этого момента) immer zusammenbleiben dürfen!“ Endlich ist es heraus!

6 Die Eltern schweigen.

7 Lotte sagt ganz leise: „Dann braucht ihr uns auch nie im Leben wieder etwas zu schenken! Zu keinem Geburtstag mehr. Und zu keinem Weihnachtsfest (на Рождество: das Weihnachten – Рождество + das Fest – праздник; weihen - освящать) auf der ganzen Welt!“

8 Die Eltern schweigen noch immer.

9 „Ihr könnt es doch wenigstens versuchen (хотя бы попробовать)!“ Luise hat Tränen in den Augen. „Wir werden bestimmt gut folgen (слушаться: «следовать»). Noch viel mehr als jetzt. Und es wird überhaupt alles viel, viel schöner werden!“

10 Lotte nickt. „Das versprechen wir euch (обещаем)!“

11 „Mit großem Ehrenwort und allem («с большим честным словом и тому подобным»; die Ehre - честь)“, fügt Luise hastig hinzu (торопливо добавляет).

12 Der Vater steht vom Klaviersessel auf. „Ist es dir recht (тебе будет удобно, как насчет того), Luiselotte, wenn wir nebenan (возле = в соседней комнате) ein paar Worte miteinander sprechen?“

13 „Ja, Ludwig“, erwidert seine geschiedene Frau. Und nun gehen die zwei ins Nebenzimmer. Die Tür schließt sich hinter ihnen.

14 „Daumen halten (держать большой палец /на счастье/ = ни пуха ни пера)!“ flüstert Luise aufgeregt. Vier kleine Daumen werden von vier kleinen Händen umklammert (обхватываются) und gedrückt (сжимаются). Lotte bewegt tonlos die Lippen (шевелит: «двигает» беззвучно губами).

15 „Betest du (молишься)?“ fragt Luise.

16 Lotte nickt.

17 Da fängt auch Luise an, die Lippen zu bewegen. „Komm, Herr Jesus, sei unser Gast (будь нашим гостем), und segne (благослови), was du uns bescheret hast (то, что ты нам подарил, чем нас наделил /молитва перед едой/)!“ murmelt sie, halblaut (вполголоса).

18 Lotte schüttelt unwillig (недовольно) die Zöpfe.

19 „Es passt nicht (/это/ не подходит)“, flüstert Luise entmutigt (обескураженно). „Aber mir fällt nichts anderes ein (но мне не приходит ничего другого в голову: einfallen). -Komm, Herr Jesus, sei unser Gast, und segne ...“

20 „Wenn wir einmal von uns beiden gänzlich absehen (если вовсе не говорить о нас, если исключить нас /из данных соображений/)“, sagt gerade Herr Palfy nebenan und schaut unentwegt (неуклонно = неотрывно, упорно) auf den Fußboden, „so wäre es zweifellos das Beste (было бы, несомненно, самым лучшим; der Zweifel – сомнение; zweifeln - сомневаться), die Kinder würden nicht wieder getrennt (если бы дети не были снова разделены, разлучены).“

21 „Bestimmt“, meint die junge Frau. „Wir hätten sie nie auseinanderreißen sollen (мы вовсе: «никогда» не должны были отрывать их друг от друга).“

22 Er schaut noch immer auf den Fußboden. „Wir haben vieles gutzumachen (нам нужно /еще/ многое загладить).“ Er räuspert sich (откашливается). „Ich bin also damit einverstanden (итак, поэтому я согласен с тем), dass du - dass du beide Kinder zu dir nach München nimmst.“

23 Sie greift sich ans Herz (хватается за сердце).

24 „Vielleicht“, fährt er fort (продолжает), „erlaubst du (разрешишь, позволишь), dass sie mich im Jahr vier Wochen besuchen?“ Als sie nichts erwidert, meint er: „Oder drei Wochen? Oder vierzehn Tage wenigstens? Denn, obwohl du es am Ende nicht glauben wirst, ich hab die beiden sehr lieb (очень люблю).“

25 „Warum soll ich dir das denn nicht glauben?“ hört er sie erwidern.

26 Er zuckt die Achseln. „Ich hab es zu wenig bewiesen (слишком мало доказал, доказывал: beweisen)!“

27 „Doch (да нет же, напротив)! An Lottchens Krankenbett!“ sagt sie. „Und woher willst du wissen (и почему ты так уверен), dass die beiden so glücklich würden, wie wir’s ihnen wünschen, wenn sie ohne Vater aufwachsen (вырастут)?“

28 „Ohne dich ginge es doch erst recht nicht (уж точно бы не вышло, не получилось)!“

29 „Ach, Ludwig, hast du wirklich nicht gemerkt (действительно не заметил), wonach sich die Kinder sehnen (к чему стремятся, чего страстно желают; sich nach etwas sehnen – тосковать по чему-либо, страстно желать чего-либо), und was sie nur nicht auszusprechen gewagt haben (и что они только высказать не решились, не осмелились)?“

30 „Natürlich hab ich’s gemerkt!“ Er tritt ans Fenster. „Natürlich weiß ich, was sie wollen!“ Ungeduldig zerrt er an dem Fensterwirbel (дергает оконную ручку; der Fensterwirbel = der Fenstergriff). „Sie wollen, dass auch du und ich zusammenbleiben!“

31 „Vater und Mutter wollen sie haben, unsere Kinder! Ist das unbescheiden (нескромно = нескромное желание, хотят слишко многого)?“ fragt die junge Frau forschend (испытующе; forschen – исследовать).

32 „Nein! Aber es gibt auch bescheidene Wünsche, die nicht erfüllbar sind (неисполнимы; erfüllen – исполнять; füllen – наполнять)!“

33 Er steht am Fenster wie ein Junge, der in die Ecke gestellt wurde (который был поставлен в угол = которого поставили в угол) und der aus Trotz (из упрямства: der Trotz) nicht wieder hervorkommen will (не хочет выйти /вперед/).

34 „Warum nicht erfüllbar?“

35 Überrascht wendet er sich um (удивленно оборачивается; überraschen – захватить врасплох, сделать сюрприз)! „Das fragst du mich? Nach allem, was war?“

36 Sie schaut ihn ernst an und nickt, kaum merklich (едва заметно). Dann sagt sie: „Ja! Nach allem, was gewesen ist!“

37 Luise steht an der Tür und presst ein Auge ans Schlüsselloch (прижимает глаз к замочной скважине: der Schlüssel – ключ + das Loch - дырка). Lotte steht daneben und hält beide kleinen Fäuste (кулачки: die Faust), die Daumen kneifend (крепко зажав большие пальцы: kneifen – щипать; поджимать; врезываться), weit von sich (далеко от себя /разведя руки/).

38 „Oh, oh, oh!“ murmelt Luise. „Vati gibt Mutti einen Kuss!“

39 Lottchen schiebt, ganz gegen ihre Gewohnheit (совершенно вопреки своему обыкновению), die Schwester unsanft beiseite (отталкивает бесцеремонно в сторону; sanft – нежно, тихо) und starrt (смотрит, уставившись, неподвижно) nun ihrerseits (теперь в свою очередь: «со своей стороны») durchs Schlüsselloch.

40 „Nun (ну /и как/)?“ fragt Luise. „Noch immer (все еще)?“

41 „Nein“, flüstert Lottchen und richtet sich strahlend hoch (выпрямляется, сияя: sich hochrichten; der Strahl - луч). „Jetzt gibt Mutti Vati einen Kuss!“

42 Da fallen sich die Zwillinge jauchzend in die Arme (бросаются, ликуя, обрадованно крича, в объятия)!

1 Am 14. Oktober haben die beiden Mädchen Geburtstag. Sie sitzen mit den Eltern im Kinderzimmer. Zwei Kerzenbäume brennen, jeder mit zehn Lichtern. Selbstgebackenes und dampfende Schokolade hat’s gegeben.

2 Vati hat einen wunderschönen “Geburtstagsmarsch für Zwillinge” gespielt. Nun dreht er sich auf dem Klavierschemel herum und fragt: „Warum haben wir euch eigentlich nichts schenken dürfen?“

3 Lottchen holt tief Atem und sagt: „Weil wir uns etwas wünschen wollen, was man nicht kaufen kann!“

4 „Was wünscht ihr euch denn?“ fragt die Mutti.

5 Nun ist Luise an der Reihe, tief Luft zu holen. Dann erklärt sie, zapplig vor Aufregung: „Lotte und ich wünschen uns von euch zum Geburtstag, dass wir von jetzt ab immer zusammenbleiben dürfen!“ Endlich ist es heraus!

Die Eltern schweigen.

7 Lotte sagt ganz leise: „Dann braucht ihr uns auch nie im Leben wieder etwas zu schenken! Zu keinem Geburtstag mehr. Und zu keinem Weihnachtsfest auf der ganzen Welt!“

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